Geldpolitischer Entscheid der SNBNeuer Stress für Thomas Jordan und die SNB
Am Donnerstag wird die Schweizer Notenbank ihre Geldpolitik nicht neu ausrichten. Doch die Ruhe täuscht. Da der Euro sich zum Dollar stark aufgewertet hat, kommt die EZB unter Zugzwang. Und das hätte Folgen für die Schweiz.
Das Timing könnte für die Schweizerische Nationalbank (SNB) nicht besser sein. Denn in den vergangenen zwei Wochen haben bereits alle anderen wichtigen Notenbanken ihre Einschätzungen und Entscheide zur Geldpolitik kommuniziert. Die SNB ist nun am Donnerstag als letzte an der Reihe. Aus den Entscheiden der anderen lässt sich ableiten, dass die Nationalbank an ihrer Politik vorerst keine Änderung vornehmen wird. Das bedeutet aber keineswegs, dass sich ihr Direktorium mit Thomas Jordan an der Spitze zurücklehnen kann: Der Druck dürfte sogar zunehmen. Die fünf Gründe dafür.
Die SNB im Schlepptau von Fed und EZB
Die Politik der Schweizer Währungshüter ist stark abhängig vom Vorgehen des Fed in den USA und der Europäischen Zentralbank (EZB). Das liegt vor allem an den Währungsmärkten. Für die SNB hat der Aussenwert des Frankens gegenüber diesen beiden Währungsräumen grösste Bedeutung.
Seit Jahren ist es ihr wichtigstes Ziel, eine übermässige Aufwertung der Schweizer Währung zu verhindern. Je expansiver die anderen Notenbanken ihre Wirtschaft mit Geld versorgen, desto grösser das Risiko, dass der Franken sich gegenüber deren Währungen massiv aufwertet, da die Schweizer Währung dann im Vergleich an Attraktivität gewinnt.
In ihren Entscheiden der letzten zwei Wochen haben weder das Fed noch die EZB die Leitzinsen verändert oder ihre Geldspritzen über Anleihenkäufe erhöht. Das erklärt, weshalb die SNB zumindest am Donnerstag nicht zum Handeln gezwungen ist.
Der Dollar spielt vorübergehend die Hauptrolle
Im Vordergrund steht für die SNB derzeit nicht wie sonst das Währungsverhältnis zum Euro, sondern jenes zum Dollar. Die US-Währung hat seit dem Frühling deutlich an Wert verloren – auch gegenüber dem Schweizer Franken. Der Grund: Das Fed hat in einmaligem Tempo seinen Leitzinssatz auf noch knapp über null Prozent gesenkt und gleichzeitig ein historisches Kaufprogramm für Anleihen im Umfang von insgesamt 120 Milliarden Dollar pro Monat gestartet.
Damit hat der Dollar viel von seiner relativen Attraktivität gegenüber Währungen wie dem Euro oder dem Franken eingebüsst, deren Notenbanken ebenfalls eine überaus expansive Geldpolitik verfolgen. Die Verteuerung des Frankens zum Dollar war laut Fachleuten der Hauptgrund, weshalb die Nationalbank jüngst weiterhin an den Devisenmärkten interveniert hat, um den Franken zu schwächen. Der Kurs des Frankens zum Euro blieb dagegen relativ stabil und ist weit entfernt von seinen Tiefstständen im Mai.
Die Zinsen bleiben auf Jahre auf Extrem-Tiefstwerten
Grosse Bedeutung für die Zinsaussichten hat schliesslich eine radikale Neuerung in der künftigen Politik des Fed. Statt ein Inflationsziel punktgenau zu treffen, will die US-Notenbank neuerdings kurzfristige Abweichungen tolerieren und die angepeilte Teuerungsrate erst im Mehrjahresdurchschnitt erreichen. Konkret hat das zur Folge, dass die US-Notenbank ihren Leitzins noch für mindestens drei Jahre auf dem aktuellen Tiefstwert von knapp über null Prozent belassen wird.
Der Schweizerischen Nationalbank bleibt daher nicht viel anderes übrig, als dieser Vorgabe zu folgen, wenn sie keine weitere gefährliche Aufwertung der Schweizer Währung zum Dollar riskieren will. Würde sie die Zinsen anheben, drohte tatsächlich nicht nur eine Aufwertung zum Dollar, sondern auch zum Euro. Der nächste Punkt erklärt, warum.
Das Leiden der EZB am teuren Euro
Die Abwertung des Dollars setzt die Eurozone unter Druck. Zum einen, weil sie von der Corona-Krise härter getroffen ist, zum anderen, weil viele Mitgliedsländer – allen voran Deutschland – stark auf Exportüberschüsse angewiesen sind. Die Verteuerung des Euro gegenüber dem Dollar verschlechtert daher die Wirtschaftslage dieser Länder im denkbar schlechtesten Moment.
Der teure Euro bereitet deshalb der EZB Sorge. Ihr Auftrag verbietet ihr aber, die Geldpolitik am Wechselkurs zu orientieren. So kam es bei der Pressekonferenz von Christine Lagarde am 10. September zur bizarren Situation, dass die EZB-Chefin diese Einschränkung zwar mehrfach betonte, hingegen aber ebenfalls mehrfach auf die Problematik des hohen Euro-Aussenwerts hinwies. Diese Warnungen standen selbst in den vorab verfassten einleitenden Bemerkungen – und das ist einzigartig. Lagarde machte die Medien sogar extra darauf aufmerksam.
Die EZB wird daher nichts tun, was dem Euro weiteren Schub gibt – und eher alles tun, was den Euro wieder schwächt, auch wenn die EZB das nie so begründen würde. Eine erneute Aufwertung des Frankens zur Gemeinschaftswährung bleibt damit ein Risiko.
Die Amerikaner im Nacken
Das Hauptinstrument der SNB zur Verhinderung einer Frankenaufwertung werden weiterhin Devisenkäufe bleiben. Doch auch hier steht das Team um Thomas Jordan unter Druck – nicht nur wegen einer dadurch immer stärker aufgeblasenen Notenbankbilanz. Die US-Regierung sitzt ihr mit dem Verdacht im Nacken, ein unfairer Währungsmanipulator zu sein. Deswegen steht die SNB bei den Amerikanern unter Beobachtung. Sollten die Amerikaner zum Schluss kommen, dass sie SNB nun am Währungsmarkt interveniert, um den Franken zum Dollar zu schwächen, könnte es ungemütlich werden.
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