Komplexe SchuldgeschäfteNeuer Ärger für die Credit Suisse
Die Bank schliesst mehrere Fonds, weil sie derzeit nicht weiss, wie sie deren Anlagen bewerten soll. Der Grund dafür könnten die Geschäfte eines umtriebigen Stahlmagnaten sein.
Eigentlich wollte Credit-Suisse-Chef Thomas Gottstein das Jahr 2021 mit einem «weissen Blatt» beginnen, also ohne teure Altlasten. Doch daraus droht nichts zu werden. Denn es gibt neuen Ärger in der Fondssparte der Grossbank.
Die Credit Suisse teilte mit, die Zeichnung und die Rücknahme von Fondsanteilen der «Supply Chain Funds» auszusetzen, in denen Investoren insgesamt 10 Milliarden Dollar investiert haben. Sprich, Anleger kommen derzeit hier nicht an ihr Geld. Zwar wurden diese Fonds nur an Profiinvestoren wie Pensionskassen, Vermögensverwalter oder Versicherungen verkauft. Der ungewöhnliche Schritt löste aber ein internationales Presseecho aus.
«Ein gewisser Teil der Vermögenswerte (…) unterliegt derzeit erheblichen Unsicherheiten in Bezug auf ihre genaue Bewertung.»
Als Grund für die Fondsschliessungen erklärte die Bank, dass «ein gewisser Teil der Vermögenswerte (…) derzeit erheblichen Unsicherheiten in Bezug auf ihre genaue Bewertung unterliegt». Im Klartext: Die Bank weiss nicht, wie sie die Investments der Fonds bewerten soll.
Bei den «Supply Chain Funds» arbeitet die Credit Suisse mit dem in Grossbritannien ansässigen Finanzdienstleister Greensill zusammen. Vereinfacht gesagt investieren diese Fonds in kurz laufende Schuldtitel, mit deren Hilfe Unternehmen ihre Lieferforderungen refinanzieren. Auf diese Weise bekommt ein Lieferant schneller sein Geld, der Käufer bekommt über diese Schuldtitel für eine Gebühr mehr Zeit, für die gekaufte Ware zu zahlen.
Greensill arbeitet hierbei als eine Art Vermittler. Das Unternehmen besorgt die Lieferantenforderungen und refinanziert diese über eine Zweckgesellschaft, die dafür kurz laufende Schuldtitel ausgibt. Diese Wertpapiere kaufen dann die CS-Fonds. «In den letzten Jahren hat sich das Unternehmen zum führenden Anbieter von (…) strukturierten Umlaufvermögenslösungen ausserhalb des Bankensektors entwickelt», bewirbt die Credit Suisse Greensill in einem Erklärpapier für einen der Fonds aus dem Jahr 2018.
Verbindungen zu Stahlkonglomerat
Was ist nun schiefgelaufen? Laut dem «Wall Street Journal» sorgt sich die Grossbank, dass ihr Partner Greensill zu stark bei nur einem Kunden engagiert ist, dem indischen Stahlmagnaten Sanjeev Gupta, der früher auch Aktionär von Greensill war. Der Finanzdienstleister soll demnach im grossen Stil Guptas Konglomerat GFG Alliance mit Schuldtiteln finanziert haben, das auf diese Weise in wenigen Jahren aus notleidenden Betrieben einen Stahlriesen geformt hat. Zuletzt wollte Gupta die Stahlsparte des deutschen Traditionskonzerns Thyssen-Krupp kaufen, was aber scheiterte. Die Credit Suisse machte keine Angaben dazu, welcher Teil der Fondsinvestments Probleme bereitet und ob dies im Kontext mit Stahlbaron Gupta steht.
Die Grossbank hätte indes gewarnt sein können: Bereits 2018 musste der Schweizer Fondsanbieter GAM einen Fonds liquidieren, weil dieser stark in illiquide Schuldtitel investiert hatte, die Greensill für Guptas Firmen arrangiert hatte.
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