Steigende Zahlen auf tiefem NiveauNeue Corona-Variante breitet sich aus – was über Eris bekannt ist
Eine neue Untervariante der Omikron-Version sorgt derzeit an einigen Orten für einen Anstieg der Corona-Zahlen. Die Sorgen darüber halten sich aber in Grenzen – auch in der Schweiz.
Warum ist Eris von Interesse?
Seit vergangener Woche ist EG.5 – oder genauer: EG.5.1 –, auch Eris genannt, die dominante Corona-Variante in den USA. Auch in China und Europa nimmt die Verbreitung stark zu. Die WHO stuft sie als «Variante von Interesse» hoch. Sie wurde bereits 7000-mal in 51 Ländern nachgewiesen. Erstmals entdeckt wurde Eris im Februar in Indonesien.
EG.5 stammt von der Omikron-Variante XBB.1.9.2 ab und zeichnet sich durch eine Mutation aus, die Antikörper der früheren Varianten und der Impfungen umgehen kann. Dieser «Vorteil» hilft EG.5 dabei, sich derzeit relativ schnell auszubreiten.
Die WHO teilt mit: «Natürlich weisen alle entdeckten Varianten, die eine Untervariante von Omikron sind, eine erhöhte Wachstumsrate auf.» Dies deute darauf hin, dass das Virus weiter zirkuliere und sich weiter verändere.
Ist EG.5 gefährlicher als bisherige Varianten?
Eher nicht. Dies sagt zumindest Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien am Biozentrum der Universität Basel, gegenüber dem deutschen Newsportal «Focus.de»: «Meiner Einschätzung nach geht von EG.5 keine besondere Gefahr aus», meint er. Sie könne zwar offenbar dem Immunsystem etwas leichter entgehen, aber dies sei auch schon bei älteren Varianten so gewesen.
Auch britische Forscher kamen zu diesem Schluss. So sagt etwa Christina Pagel vom University College in London, dass es wahrscheinlich zu einer Welle von mehr Fällen kommen werde. «Aber es gibt im Moment keinen Grund zu der Annahme, dass es schlimmer sein wird als frühere Wellen in diesem Jahr», sagt Pagel zum «Guardian».
Auch die WHO stuft die Lage so ein. «Basierend auf den momentanen Informationen, ist die weltweite Bedrohung durch EG.5 als gering einzustufen», heisst es in einem Statement. Das Risiko sei in etwa gleich wie bei den anderen derzeit kursierenden Varianten von Covid-19.
Weiter schreibt die Weltgesundheitsorganisation: «EG.5 hat zwar eine erhöhte Prävalenz, einen Wachstumsvorteil und die Fähigkeit, dem Immunsystem zu entkommen, gezeigt, doch wurden bisher keine Veränderungen der Schwere der Krankheit gemeldet.»
Was ist dennoch beunruhigend an der neuen Variante?
Obwohl die Krankheitsverläufe bei EG.5 nicht stärker zu sein scheinen, gehen mit einem Anstieg der Fallzahlen auch die Fälle von Long Covid und anderen Nebenwirkungen einer Infektion mit einher. Dass in vielen Teilen der Welt nun die Sommerferien zu Ende gehen, dürfte die Verbreitung noch weiter beschleunigen.
Zudem macht einigen Forschern Sorgen, dass EG.5 offenbar sehr effektiv das menschliche Immunsystem umgeht. Der US-Epidemiologe Eric Feigl-Ding sieht einige grössere Fragezeichen, die der neuste Anstieg der EG.5-Fälle mit sich bringt. So sei noch unklar, wie sich die Hospitalisierungsrate entwickeln werde, weil die Datenlage noch zu vage sei.
Der mangelnde Schutz durch die früheren Impfungen könnte denn auch laut Forschern zu einem Problem für die Risikogruppen werden. Erst der neuste Impfstoff, der im Herbst erwartet wird, soll einen besseren Schutz gegen die neusten Varianten des Virus bieten. Allerdings ist diese Meinung umstritten. Die Mehrheit der Forscher geht davon aus, dass der momentane Impfschutz auch gegen die neue Variante ausreicht.
Eine weitere Befürchtung ist, dass andere, neu auftretende Varianten mit derselben Mutation zur Umgehung des Immunsystems wie EG.5, in Zukunft grösseren Schaden anrichten könnten. Obwohl solche «FLip»-Varianten derzeit nur einen kleinen Teil der Covid-Fälle ausmachen, könnten sie in den kommenden Monaten einen grösseren Anstieg der Infektionen auslösen, so die Befürchtung.
Gibt es Zahlen zu EG.5?
Wenige. Ein grosses Problem ist, dass nur noch wenige Länder überhaupt flächendeckend sequenzieren. Zudem hat die WHO vor drei Monaten den Gesundheitsnotstand aufgehoben, wodurch weniger Daten zur Verfügung stehen.
In Grossbritannien geht man davon aus, dass rund 15 Prozent der Fälle auf EG.5 zurückzuführen sind. In den USA 17 Prozent. Die Anzahl Hospitalisierungen ist steigend – allerdings auf sehr tiefen Niveau. Zudem gibt es Meldungen aus Spanien, wonach die Anzahl Covid-Fälle ansteigt.
Der grösste Teil der EG.5-Nachweise stammt aus China – 30,6 Prozent, 2247 Sequenzierungen. Andere Länder mit mindestens 100 Sequenzierungen sind die USA, Südkorea, Japan, Kanada, Australien, Singapur, Grossbritannien, Frankreich, Portugal und Spanien.
Das sagt das BAG
In der Schweiz sind es bisher 9 nachgewiesene Fälle, wie das BAG auf Anfrage schreibt. Man verfolge die Entwicklungen genau, sowohl bezüglich der Viruslast im Abwasser, der Entwicklung der Varianten und der Krankheitslast in den Spitälern.
Es gäbe derzeit keine Hinweise, dass EG.5 schwerere Krankheitsverläufe verursacht als bisherige Omikronvarianten. Der genaue Prozentsatz der Infektionen, die in den letzten 4 Wochen auf diese Variante zurückzuführen sind, sei aufgrund der Verzögerung der Sequenzierungsdaten, der derzeit geringen Anzahl von Hospitalisationen und der derzeit geringen Viruslast im Abwasser aber schwer zu bestimmen.
Warum der Name Eris?
Eris ist in der griechischen Mythologie die Göttin des Streits und der Zwietracht. Sie hatte, dem Mythos nach, mit dem «Apfel der Zwietracht» (Zankapfel) Streit an einer Götterhochzeit provoziert, weil sie bei dieser nicht eingeladen war.
Dass EG.5 einen Spitznamen erhalten hat, ist aber kein Hinweis darauf, dass die Variante besonders gefährlich ist. Er diene ausschliesslich der einfacheren Kommunikation.
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