Nachruf auf Michael Gambon Der Schelm, der im fortgeschrittenen Alter noch zum Kinostar wurde
Michael Gambon wurde als Professor Dumbledore in den «Harry Potter»-Filmen berühmt. Jetzt ist der Schauspieler im Alter von 82 Jahren gestorben.
Einmal, da wäre Michael Gambon fast James Bond geworden. Ende der Sechzigerjahre war das, nachdem sein Schauspielkollege George Lazenby nach nur einem einzigen Auftritt als 007 («Im Geheimdienst Ihrer Majestät») sanft dem Grössenwahn verfiel und hinschmiss. Lazenby war der Meinung, dass Bond popkulturell überholt und als Figur schon halbtot sei, was sich fürs Jahr 1969 als etwas verfrühte Prognose herausstellen sollte. Gambon machte also Probeaufnahmen. Die Bond-Produzenten sollen auch durchaus angetan gewesen sein. Sie entschieden sich dann aber letztlich doch gegen den jungen Mann und holten lieber Sean Connery mit einem angeblich recht obszönen Geldbetrag aus der Bond-Rente zurück.
Dabei hätte Michael Gambon der Rolle durchaus Grandezza verleihen können. Der gebürtige Ire kam 1940 in Dublin zur Welt und lernte das Schauspielhandwerk beim grossen alten Meister des britischen Theaters: Laurence Olivier. Er machte Gambon zu einem Mitglied im sagenumwobenen Ensemble der National Theatre Company am legendären Londoner Old Vic Theatre. Viele Jahre war er ein gefeierter Bühnenstar, wusste aber schon damals: «Theaterschauspieler nehmen die Leute einfach so hin – wenn du berühmt sein willst, musst du in Filmen mitspielen.»
Jahrelang soll der Schelm Gambon ein signiertes Foto von Robert De Niro mit sich herumgetragen und den Leuten erzählt haben, er würde den berühmten US-Kollegen bestens kennen – was aber gar nicht stimmte. Ob wiederum diese Anekdote stimmt, ist aber auch nicht klar, weil Gambon freimütig zugab, in Interviews gerne zu lügen: Er sei nicht interessant genug, um Gespräche mit Journalisten ohne erfundene Geschichten bestreiten zu können.
Vor der Kamera jedenfalls war er zunächst vor allem im Fernsehen aktiv, unter anderem Anfang der Neunziger als Kommissar Maigret nach den Büchern von Georges Simenon. Die Rolle hatte er von Richard Harris übernommen, einem Kollegen von der Royal Shakespeare Company, der ebenfalls regelmässig Fernsehen machte. Gambon war also zunächst «nur» Harris' Nachfolger – und sollte es ein paar Jahre später noch mal werden.
Der späte Ruhm bescherte ihm noch diverse Rollen im Kino
Als Hollywood um die Jahrtausendwende mit den unvermeidlichen Verfilmungen der Harry-Potter-Bücher anfing, spielte zunächst Harris zwei Filme lang die Rolle des Professor Albus Dumbledore, Schulleiter des Zauberinternats Hogwarts. Als Harris 2002 an einer Krebserkrankung starb, übernahm Michael Gambon – und wurde so in fortgeschrittenem Alter noch ein Kinostar. Der späte Ruhm bescherte ihm diverse Gastrollen in anderen Filmen, zum Beispiel bei den Coen-Brüdern in «Hail, Caesar!» oder in der Komödie «Paddington 2» (einer der besten Filme der vergangenen Jahre überhaupt).
Kürzlich erkrankte Michael Gambon an einer Lungenentzündung. Jetzt ist er nach Angaben seiner Familie «friedlich im Spital eingeschlafen». Er wurde 82 Jahre alt.
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