Energiewende, hohe Preise, HitzeSchluss mit Heizöl und Gas – jetzt kommt der Run auf Wärme-Kühl-Geräte
Viele Schweizer Haushalte wollen rasch weg von fossilen Brennstoffen. Zum Beispiel mit Wärmepumpen, die mehr können, als nur heizen. Allerdings gibt es da ein paar Probleme.
Der Nutzen von Wärmepumpen ist offensichtlich: Im Winter kann man sein Haus damit wärmen, die benötigte Energie wird bis zu 75 Prozent aus natürlichen und damit kostenlosen Wärmequellen wie Erdreich, Grundwasser oder Luft gewonnen.
Doch die Wärmepumpe kann mehr: Auch im Hitzesommer steht sie zu Diensten. Die Kühlfunktion ist viel energieeffizienter als Ventilatoren oder Kühlanlagen, so das Versprechen der Anbieter. «Sie ist geräuschlos und frei von Zugluft», heisst es beim Gerätehersteller Stiebel Eltron. Mit Ökostrom betrieben, arbeiten die Systeme CO₂-neutral.
Wer ein ökologisch ganz reines Gewissen haben will, kombiniert die Wärmepumpe mit einer Solaranlage. Stephan Peterhans, Geschäftsführer der Fachvereinigung Wärmepumpen, ist überzeugt: «Die Anwendung ist äusserst interessant und sollte auch im Zusammenhang mit der E-Mobilität und Batterien beurteilt werden.»
Die Branche registriert daher nicht nur eine starke Zunahme bei der Nachfrage nach «normalen» Wärmepumpen, sondern auch nach solchen mit Kühlfunktion. Bei den Sole-Wasser-Wärmepumpen, die dem Erdreich Wärme durch eine strombetriebene Pumpe entziehen, liegt der Anteil mit Kühlfunktion bei rund 50 Prozent, wie es bei Stiebel Eltron heisst.
Laut Mark Appel, Sprecher des Geräteherstellers Hoval, sind mittlerweile 28 Prozent aller verkauften Wärmepumpen mit der Kühlfunktion verbunden, Tendenz steigend. Bei den Hoval-Wärmepumpen ist die Kühlfunktion vom Werk aus bereits bei allen Modellen integriert.
Der Kühleffekt hängt indessen von der Art der Wärmepumpe ab. Betreibt sie lediglich eine Fussbodenheizung, so kann die Raumtemperatur nur bis zu drei Grad gesenkt werden. «Die kalte Luft verbleibt am Boden, die Hitze hängt an der Decke», erklärt Hoval-Sprecher Appel. Werde das Kühlsystem in die Decke integriert, werde die Hitze schnell und effektiv abgeführt.
Was treibt Käuferschaft an? «Die aktuellen Ereignisse in der Ukraine mit der Aussicht auf Gasmangel haben sehr viele Hauseigentümerinnen und -eigentümer dazu bewogen, jetzt die Umstellung von Öl- und Gasheizungen an die Hand zu nehmen. Der Krieg hat sozusagen das berühmte Fass zum Überlaufen gebracht», erklärt Peterhans.
Die gute Nachricht: «Im Vergleich zu Öl- oder Gasheizungen überzeugt eine effiziente Wärmepumpe mit sehr niedrigen Betriebskosten, da sie ausser Strom zum Betrieb des Kompressors keine weitere Energie benötigt», betont Appel. Die Effizienz sei mit Wärmepumpen gegenüber fossilen Heizungen um 200 bis 400 Prozent höher, ergänzt Peterhans.
Die schlechte Nachricht: «Die anfänglichen Investitionskosten sind bei der Wärmepumpe höher als bei der klassischen fossilen Heizung», so Appel. Ja nach Art der Wärmepumpe bewegen sich die Preise zwischen 40’000 und über 60’000 Franken. Genauere Informationen dazu liefert das Bundesamt für Energie auf der Website.
Die öffentliche Hand unterstützt mit diversen Förderprogrammen die Umstellung auf Wärmepumpen. Mit den Fördergeldern soll der Zeitraum, in dem sich die teurere Wärmepumpe dank niedrigeren Betriebskosten amortisiert, deutlich verkürzt werden, was die Umstellung attraktiver machen soll. Laut Peterhans kann die Amortisationsdauer so auf 8 bis 12 Jahre gesenkt werden bei einer Lebensdauer des Heizungssystems von mindestens 20 Jahren.
Wer heute eine Wärmepumpe bestellt, erhält sie im nächsten Jahr
Ist die Geldfrage für den Hauseigentümer geklärt, kommt die Geduldsfrage: «Wer heute eine Wärmepumpe bestellt, erhält sie im nächsten Jahr», erklärt Appel. Zu den sattsam bekannten Störungen in der weltweiten Lieferkette gesellt sich nun die hohe Nachfrage nach Wärmepumpen dazu.
Und das nicht nur hierzulande: Ab Anfang 2024 soll nach dem Willen der deutschen Regierung in unserem Nachbarland jede neu installierte Heizungsanlage zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Neben Holzheizungen erfüllen nur Wärmepumpen diese Anforderung. Damit wird die Nachfrage nach der Technologie in den nächsten Jahren sprunghaft ansteigen. Jährlich sollen laut Wirtschaftsminister Robert Habeck 500’000 Wärmepumpen neu installiert werden.
Laut Peterhans sind derzeit alle bedeutenden Hersteller von Wärmepumpen daran, die Produktionskapazitäten zu verdoppeln.
«Wenn sich kein Personal zur Installation der Wärmepumpe findet, bringen auch finanzielle Förderungen herzlich wenig.»
Doch Engpässe gibt es nicht nur bei der Herstellung, auch bei den Installateuren der Anlagen stauen sich die Aufträge wegen der schieren Menge und wegen fehlenden Personals. Abhilfe, so Peterhans, könnte mit der Umschulung von Kaminfegern, Feuerungskontrolleuren und Öltankrevisoren geschaffen werden. Auch Elektrikern müsse eine Weiterbildung angeboten werden, damit sie Wärmepumpen installieren könnten.
Eine dezidierte Meinung hat Mark Appel von Hoval zu diesem Problem: «Will die Schweiz die Abkehr von der fossilen Heizung beschleunigen, wären staatliche Investitionen in die Fachkräfteausbildung wesentlich zielführender und erfolgversprechender als Fördergelder. Wenn sich kein Personal zur Installation der Wärmepumpe findet, bringen auch finanzielle Förderungen herzlich wenig.»
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