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Leserfrage zum Arbeitsrecht
Muss ich mit 80 Prozent an fünf Tagen arbeiten?

Teilzeitpensum bei Reinigungskraft: Ein Betrieb darf die Arbeit nicht in jedem Fall beliebig auf verschiedene Wochentage verteilen. Entscheidend ist die vertragliche Regelung.

Ich arbeite als Putzfrau mit einem 80-Prozent-Pensum in einem grösseren Betrieb. Bei der Anstellung bin ich davon ausgegangen, nur an vier Wochentagen zu arbeiten. Meine Arbeitgeberin verlangt aber, dass ich die Arbeitszeit auf fünf Tage verteile. Manchmal habe ich den Eindruck, als müsste ich nun einfach die Arbeit eines Vollzeitpensums in weniger Stunden verrichten. Darf die Arbeitgeberin das verlangen? 

Die Arbeitgeberin darf sicher nicht verlangen, dass bei einer 80-Prozent-Anstellung die Arbeit eines Vollzeitpensums verrichtet wird. Es dürfte allerdings schwierig sein, dem Unternehmen nachzuweisen, dass Sie in kürzerer Zeit mehr leisten. Wenn Sie regelmässig Überstunden machen, so wäre dies ein Indiz dafür, dass von Ihnen in zu wenig Zeit zu viel Arbeit verlangt wird. In diesem Fall sollten Sie das Gespräch mit den Vorgesetzten suchen, um eine angemessene Lösung zu finden. 

Die Frage, ob ein 80-Prozent-Pensum gegen den Willen von Angestellten auf fünf Tage verteilt werden darf, ist aus arbeitsrechtlicher Sicht schwieriger zu beantworten. Erstens kommt es darauf an, wie die 80 Prozent im Arbeitsvertrag definiert werden. Zweitens stellt sich die Frage, ob es ein Personalreglement gibt und ob dieses näher erläutert, wie das Pensum umzusetzen ist. Wenn der Vertrag oder das Personalreglement es ausdrücklich vorsehen, dass ein Teilzeitpensum auf zusätzliche Arbeitstage verteilt werden darf, dann müssen Sie das so akzeptieren.  

Doch in Ihrem Fall enthalten weder Arbeitsvertrag noch Personalreglement solche Präzisierungen. So wird dies zu einer Auslegungsfrage mit grösserem juristischem Interpretationsspielraum. Roger Rudolph, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Zürich, sieht verschiedene Argumentationsmöglichkeiten, die sowohl eine Auslegung zugunsten der Angestellten wie auch eine zugunsten der Arbeitgeberin erlauben. Die Arbeitgeberin könnte sich auf ihr Weisungsrecht berufen. Denn was am Arbeitsplatz nicht geregelt ist, darf durch Weisungen von Vorgesetzten festgelegt werden.  

Die Arbeitnehmerin kann ihrerseits argumentieren, dass unter einem 80-Prozent-Pensum nach allgemeinem Verständnis eine Viertagewoche verstanden wird.  

Nach der «Unklarheitsregel» trägt diejenige Partei die Verantwortung, die eine Regelung nicht klar formuliert hat.

Nach Einschätzung von Arbeitsrechtsexperte Roger Rudolph dürfte in einem Gerichtsverfahren die Arbeitnehmerin eher recht bekommen. Er verweist auf die «Unklarheitsregel» im Vertragsrecht. Demnach trägt diejenige Partei die Verantwortung, die eine Regelung nicht klar formuliert hat. Im vorliegenden Fall wäre das die Arbeitgeberin, welche die Umsetzung des Teilzeitpensums nicht präzisiert hat und somit die für sie schlechtere Variante akzeptieren muss.

Kaum durchsetzen könnte die Arbeitgeberin schliesslich, wenn sie erst nach längerer Zeit verlangt, das 80-Prozent-Pensum von bisher vier auf neu fünf Tage zu verteilen. Die Angestellte dürfte so die bisher gelebte Praxis als stillschweigende Vereinbarung betrachten.