18-Millionen-ProjektKritik an millionenteurer Mobilitäts-App von Zürich, Bern und Basel
Reisende sollen ÖV-Tickets, Carsharing und Leihvelos über eine zentrale App buchen können. Nun regt sich Widerstand.
Auf dem Projekt ruhen grosse Hoffnungen. Die «urbane Verkehrswende» gelinge nur, wenn es den Menschen «so einfach wie möglich» gemacht werde, auf «nachhaltige» Verkehrsmittel umzusteigen, hat der Basler Regierungsrat diese Woche verlauten lassen.
Zusammen mit Bern und Zürich will Basel deshalb eine Mobilitätsplattform aufbauen. Über eine App sollen Reisende in den drei Städten künftig alle Mobilitätsangebote finden, buchen und bezahlen können – vom Leihvelo über Carsharing bis hin zu Tram, Bus und Zug.
Die Kosten sind mit 18,2 Millionen Franken budgetiert und werden nach Bevölkerungsgrösse der drei Städte aufgeschlüsselt. Darin enthalten sind unter anderem die Beschaffung der Software, die Lizenzkosten, das Marketing und der Betrieb für vier Jahre.
Die Basler Regierung beantragt dem Parlament nun, 5 Millionen Franken zu bewilligen. In Zürich und Bern stehen die Finanzierungsbeschlüsse noch aus.
Mehrkosten bei anderen Projekten
Die rot-grün dominierten Parlamente der drei Städte dürften die Anträge gutheissen. Kritik ist nur aus bürgerlichen Kreisen zu vernehmen. «Es ist nicht die Aufgabe einer Stadt, eine solche App zu entwickeln», sagt zum Beispiel die Berner FDP-Stadtparlamentarierin Ursula Stöckli. Die letzten grösseren Informatikprojekte der Stadt Bern hätten in einem finanziellen Desaster geendet.
Beispiel Citysoftnet: Die Software zur Fallführung in der Sozialhilfe – ebenfalls von Bern, Basel und Zürich gemeinsam gestartet – war ursprünglich mit rund 43 Millionen Franken budgetiert. Mittlerweile sind allein in der Stadt Bern die Kosten um mehr als 3,5 Millionen Franken gestiegen, und es drohen weitere Mehrausgaben.
«Ich glaube deshalb nicht mehr an solche Leuchtturm-Projekte», sagt Alexander Feuz, Fraktionspräsident der SVP im Stadtberner Parlament. Berns Kostenbeteiligung an der Mobilitätsapp lehne er ab. «Dies sollen interessierte Private übernehmen.»
In Basel und Zürich äussern sich bürgerliche Politiker teils ähnlich scharf zur geplanten Mobilitätsapp der drei Städte. Man werde, so der Tenor, die Kosten genau prüfen.
Uber kontert Kritik aus Basel
Bürgerliche Politiker sind vor allem deshalb kritisch, weil sich heute schon private Mobilitätsanbieter in diesem Markt bewegen. Die App des Fahrtendienstleisters Uber zum Beispiel ist bereits in verschiedenen grösseren Schweizer Städten verfügbar, nicht nur in Zürich, Bern und Basel.
Man kann auf der App etwa Taxis und E-Trottinette buchen, und sie zeigt Verbindungen des öffentlichen Verkehrs an. ÖV-Tickets kaufen kann man aber nicht – nicht wegen technischer Hindernisse, sondern wegen gesetzlicher Vorgaben.
Und doch setzen die drei Städte lieber auf eine eigene App. Die Städtezusammenarbeit stelle sicher, dass lokale Mobilitätsanbieter wie beispielsweise Leih-Elektrovelos berücksichtigt würden, sagt Sarah Schmid, Sprecherin des Bau- und Verkehrsdepartements von Basel-Stadt.
Uber nimmt für sich in Anspruch, ebenfalls eine gute Lösung anzubieten. «Nachhaltige Mobilität steht bei uns im Mittelpunkt», sagt Sprecherin Luisa Elster. Uber unterstütze den öffentlichen Verkehr, etwa in der Uber-App mit der Option zur optimalen Routenplanung.
Umstrittene Bilanz
Aufbauen will das Städte-Trio auf den Erfahrungen mit «Züri Mobil». Verspätet lanciert, doppelt so teuer, zu wenige Downloads: Die Geschichte der App war seit ihrem Start 2020 von Misstönen begleitet. Auch deshalb, weil man mit ihr direkt kein Verkehrsmittel buchen konnte.
Das 1,5 Millionen Franken teure Pilotprojekt endete im vergangenen Sommer. Die Stadt Zürich zog eine positive Bilanz. Die App habe sich, trotz schwieriger Bedingungen in der Pandemiezeit, etabliert. Insgesamt wurde sie über 36’000 Mal heruntergeladen, dazu kamen mehr als 82’000 Routenabfragen. Doch es hagelte Kritik. Die NZZ etwa bilanzierte, die App falle bei den Nutzerinnen und Nutzern durch. Andere Apps seien beliebter, etwa die App des Zürcher Verkehrsverbunds.
Wann nun die neue App von Zürich, Bern und Basel betriebsbereit sein wird, ist noch nicht klar. Die drei Städte denken aber bereits weiter. Sarah Schmid vom Basler Bau- und Verkehrsdepartement sagt: «Erwünscht ist, dass mittelfristig weitere Städte, aber auch Gemeinden und Transportunternehmen dazustossen.» Diese würden sich dann auch an den Kosten beteiligen.
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