Kolumne «Dorfgeflüster»Mit dem Velo von Wädenswil nach Afrika
Mein altes Fahrrad steht vor einem Abenteuer ins Ungewisse. Ich reise in Gedanken mit an einen Sehnsuchtsort.
Gestern habe ich meinem alten Fahrrad Lebewohl gesagt. Ich habe ihm zum Abschied einen gelben Sticker auf den Sattel geklebt und bin – etwas sentimental gestimmt – mit der Hand über die Lenkstange gefahren. Im Rahmen der Abholaktion von Velafrica im Bezirk Horgen tritt es jetzt eine lange Reise ins Ungewisse an.
Es ist ein gutes, knallrotes Fahrrad. Velafrica bringt es wieder in Schuss, nachdem ich es jahrelang nicht mehr gefahren bin, und exportiert es nach Südafrika, Madagaskar oder Tansania. Ich hoffe, dass dereinst eine Frau damit ihre Besorgungen einfacher und schneller erledigen oder eine Plauschfahrt unternehmen kann, wie ich einst, als ich noch kein E-Bike gefahren bin.
Eigentlich wäre ich gerne dabei bei dieser Abenteuerreise. Würde gerne neue Wege befahren, Landschaften entdecken, Menschen kennen lernen und fremde Sprachen hören. Ich war noch nie in Südafrika, Madagaskar oder Tansania, wo Velafrica mit Partnerorganisationen zusammenarbeitet.
Und doch ist mir der Kontinent gerade wieder sehr nahe. Es liegt hierzulande nämlich wieder Saharastaub in der Luft, und ich atme Afrika praktisch ein. Mir scheint, der Feinstaub ist ein unterschätztes Päanomen. Die Sahara im Norden von Afrika produziert jährlich die unvorstellbar grosse Menge von 500 Millionen Tonnen Staub.
Dieser wird kilometerweit in die Höhe gewirbelt und durch die Winde auf andere Kontinente verfrachtet. Der grösste Teil erreicht Südamerika, doch auch zu uns gelangt eine beachtliche Staubmenge. Mitte März, als sich der Himmel gelb färbte, schwebten 60’000 Tonnen Staub über der Schweiz. Aktuell dürfte es zwar weniger sein. Doch wie es der Zufall will, legt sich gerade jetzt eine hauchdünne Schicht Saharastaub auf den Sattel meines neuen Velos nieder. Ich deute es als Zeichen, dass mein altes Velo in Afrika willkommen ist.
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