Widerstand gegen die MigrosStreit um grössten Hühnerschlachthof der Schweiz bringt Dorf ans Limit
Die Micarna will in Saint-Aubin im Kanton Freiburg jährlich 31 Millionen Poulets schlachten. Die Gegner haben die Gemeinde mit Einsprachen eingedeckt.
![Police officer is pictured as animal rights activists of the French association "269 Life Liberation Animale" demonstrate inside of the Micarna slaughterhouses, in Courtepin, Switzerland, Monday, July 1, 2024. Activists are currently blocking the Micarna slaughterhouse owned by Migros. (KEYSTONE/Laurent Gillieron)](https://cdn.unitycms.io/images/3rYsnhnfq7R9clukCDTM4C.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=VQR-mCdux18)
Schweizerinnen und Schweizer essen immer mehr Pouletfleisch. Dem will die Migros-Tochter Micarna Rechnung tragen. Sie plant im Freiburger Dorf Saint-Aubin die landesweit grösste Pouletfabrik. Künftig sollen dort 31 Millionen Tiere pro Jahr geschlachtet werden, das sind pro Woche gegen 600’000. Die neue Fabrik soll den 60 Jahre alten Schlachthof im nahe gelegen Courtepin ersetzen. Doch es gibt Widerstand gegen den neuen Micarna-Betrieb – und zwar massiven. Über 1800 Einsprachen sind auf der Gemeinde gegen das Projekt eingegangen. Greenpeace und die Kampagne MicarNo, hinter der Tierrechtsorganisationen stehen, mobilisierten in der ganzen Schweiz.
Laut Gemeindepräsident Michael Willimann musste Saint-Aubin im Sommer temporär Leute einstellen, um die Arbeiten rund um die Einsprachen zu erledigen. Insgesamt begehrten insgesamt 598 Personen und Gruppen gegen die Pläne auf. 60 davon stammen aus dem 2000-Seelen-Dorf.
Viele Einsprachen beziehen sich auf den befürchteten Mehrverkehr, Lärm, Gestank und die potenzielle Schädigung der Umwelt. Zudem wird angemahnt, dass der Wasserverbrauch in der landwirtschaftlich geprägten Gemeinde noch einmal steigen wird. «Wir sind hier nahe an einem bedeutenden Naturschutzgebiet, in der Region ist der Wasserverbrauch schon heute hoch, daneben hat dieser Schlachthof keinen Platz», sagt Alaric Kohler vom Bürgerverein Eco-Transition la Broye zu SRF. Andere Gegner argumentieren mit der Klimaerwärmung und finden, in der Schweiz müsse der Fleischkonsum nicht gefördert, sondern reduziert werden.
Die Migros glaubt hingegen, viele Einwände bei der Planung berücksichtigt zu haben. Laut einem Sprecher sei für den Betrieb eine neue Kläranlage geplant. Der Schlachthof produziere seinen Strom mit Fotovoltaikanlagen selber und verbrauche weniger Wasser. Die neue Pouletfabrik werde deshalb nachhaltiger und umweltfreundlicher als die alte in Courtepin. Zudem hätten viele Bauern in der Region Pouletmastbetriebe. Die Wege blieben deshalb kurz.
Welche Rolle spielt der Kanton?
Gemeindepräsident Willimann befürwortet das Projekt. In Saint-Aubin entstünden laut der Migros bis zu 500 Arbeitsplätze. Zudem würde das seit Jahren leer stehende Agrico-Gelände wieder belebt. Rundherum soll laut dem Kanton Freiburg ein Firmenpark mit den verschiedensten Unternehmen aus dem Ernährungssektor entstehen, der sogenannte Agrico-Campus mit insgesamt über 1500 Arbeitsplätzen. Der Kanton, der der Migros das 9,5 Hektaren grosse Grundstück für die Fabrik für rund 21 Millionen Franken verkauft hat, will dort innovative und nachhaltige Firmen ansiedeln. Die Gegner fragen sich derweil, was ein Pouletschlachtbetrieb mit Innovation zu tun haben soll.
Sie werden Saint-Aubin weiterhin auf Trab halten. Wie Gemeindepräsident Willimann gegenüber SRF sagte, vergehe kaum ein Tag, an dem er sich nicht um das Grossprojekt kümmere. Sollten die Einsprachen der Micarna-Gegner abgelehnt werden, will ein Teil von ihnen vor Gericht ziehen. Deshalb scheint klar: Der ursprünglich auf den kommenden Sommer terminierte Baustart der Micarna-Fabrik dürfte sich verzögern. Ursprünglich hätte der Pouletschlachthof den Betrieb 2028 aufnehmen sollen.
nlu
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