Auswertung zum MietmarktMietende bleiben in zu grossen Wohnungen, weil eine kleinere teurer wäre
Neue Zahlen der Zürcher Kantonalbank zeigen, dass viele kleine Wohnungen über- und grosse Wohnungen unterbelegt sind. Dies, weil sich die Mietenden keinen Umzug leisten können.

Im Frühling berichtete diese Redaktion über ältere Menschen, die nach dem Auszug ihrer Kinder oft zu viel Platz haben. So etwa über eine Rentnerin, die eine kleinere, altersgerechte Wohnung suchte. An jenem Ort, wo sie sich zu Hause fühlt. Und die bezahlbar ist. Die Suche gestaltete sich schwierig.
Das Problem: Viele Personen können ihre zu gross gewordenen Wohnungen gar nicht mehr hergeben, weil eine deutlich kleinere Wohnung deutlich teurer wäre.
Die Zürcher Kantonalbank hat nun ausgerechnet, wie gross dieser Effekt ist. So sparen Bestandsmieter im Kanton Zürich im Schnitt 16 Prozent gegenüber Neumietern, was jährlich rund 3000 Franken entspricht. In der Stadt Zürich liegt dieser «Verweilbonus», wie ihn die ZKB bezeichnet, bei 26 Prozent, also rund 5300 Franken. «Strikte Mietregulierungen erleichtern die Situation für Bestandsmieter, sie schaffen aber auch finanzielle Fehlanreize. Mieter bleiben in ihren Wohnungen, obwohl sie zu klein sind, zu gross sind oder aus sonstigen Gründen eigentlich nicht mehr passen», sagt Ursina Kubli, Leiterin Immobilienresearch bei der Zürcher Kantonalbank.
«Wer vor 25 Jahren im Kanton Zürich in eine 4-Zimmer-Wohnung gezogen ist, würde heute für den gleichen Mietpreis nur noch eine 2-Zimmer-Wohnung finden.»
Ihr Schluss: Bestandsmieter befänden sich zunehmend in einem goldenen Käfig. Denn durch einen Umzug in eine kleinere Wohnung würden wesentlich höhere Kosten entstehen. «Wer vor 25 Jahren im Kanton Zürich in eine 4-Zimmer-Wohnung gezogen ist, würde heute für den gleichen Mietpreis nur noch eine 2-Zimmer-Wohnung finden. Es verwundert also nicht, dass Mieter eher ein Zimmer leer stehen lassen, als sich nach einer kleineren – und teureren – Wohnung umzuschauen», sagt Kubli.

So wohne ein Mieter oder eine Mieterin in der Stadt Zürich im Durchschnitt bereits seit zehn Jahren in der gleichen Wohnung; bei 15 Prozent der Mieterinnen und Mieter sind es sogar zwanzig Jahre. Dies sorge laut der ZKB für Verteilungsprobleme: In der Stadt Zürich seien beispielsweise 7 Prozent aller kleinen Mietwohnungen überbelegt und 65 Prozent aller grossen Wohnungen unterbelegt.
Mieten dürften steigen
Die Kosten für viele Mietende werden weiter steigen. Auf bestehende Mieterinnen und Mieter können höhere Kosten zukommen, denn der Referenzzinssatz dürfte im Dezember ein zweites Mal in diesem Jahr angehoben werden. Daraus ergibt sich gemäss Mietrecht die Möglichkeit, den Mietzins auf 1. April 2024 um 3 Prozent zu erhöhen. Laut den Ökonomen von Raiffeisen zeichnen sich weitere Erhöhungen ab.
War vom ersten Referenzzinsanstieg schätzungsweise knapp die Hälfte aller Miethaushalte potenziell von Erhöhungen betroffen, dürfte nach dem zweiten Referenzzinsanstieg bei rund zwei Dritteln aller Mietverhältnisse die Möglichkeit einer Erhöhung bestehen, schätzt Raiffeisen.
Weil die meisten Vermieter die Erhöhung des Referenzzinssatzes nutzen, um einen Teil der aufgelaufenen Teuerung an die Mieter weiterzugeben und allgemeine Kostensteigerungen geltend zu machen, steigen die Mieten meist stärker als um 3 Prozent.
Noch stärker dürften aber die Neumieten steigen. Laut den Experten der Zürcher Kantonalbank im Kanton Zürich könnten die Angebotsmieten um 5,5 Prozent steigen und 2024 gleich nochmals um 4,5 Prozent. Im Schweizer Durchschnitt sind es immer noch 3,5 bis 4 Prozent im nächsten Jahr. Keine guten Aussichten für Menschen, die aus ihrer zu gross gewordenen Wohnung in eine kleinere Bleibe umziehen wollen.
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