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Neues Menopause-Medikament
Hitzewallungen ohne Hormone bekämpfen – wie geht das?

Menopausal Mature Woman Having Hot Flush At Home Cooling Herself With Letters Or Documents
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Die Hitze überschwemmt den Körper, plötzlich, ohne Grund, mehrmals täglich und erst recht in der Nacht. Bis zu 80 Prozent der Frauen in der Menopause leiden an Hitzewallungen und das teilweise über viele Jahre. Die Hitzeschübe stören den Alltag und den Schlaf. Manche Frauen sind so stark betroffen, dass sie auf einem Handtuch schlafen oder mitten in der Nacht die Kleider wechseln. Es gibt zwar eine wirksame Behandlung für Hitzewallungen: die Hormonersatztherapie (HRT). Doch nicht alle Frauen wollen oder können Hormone einnehmen.

Nun kommt das erste Medikament auf den Markt, das Wallungen auf einem anderen Weg unterdrücken soll. Veoza heisst es und ist seit dieser Woche in der Schweiz erhältlich. Es kommt ohne Hormone aus und zeigte in der Zulassungsstudie positive Resultate.

500 Frauen zwischen 40 und 65 Jahren nahmen Veoza während eines Jahres, der Name des Wirkstoffs ist Fezolinetant. In der jetzt zugelassenen Dosis des Medikaments reduzierten sich ihre Hitzewallungen im Durchschnitt um rund 60 Prozent.

Wie das Mittel wirkt

Um zu verstehen, wie das neue Medikament wirkt, muss man wissen, was die Hitzewallungen auslöst. In unserem Gehirn sitzt im Hypothalamus der körpereigene Thermostat. Er regelt, ob wir frieren, schwitzen oder eine Temperatur als angenehm empfinden.

Gesteuert wird dieser Thermostat von Nervenzellen. Und diese Nervenzellen stehen unter dem Einfluss von körpereigenen Botenstoffen. Vor der Menopause spielt das Hormon Östrogen dabei eine wichtige Rolle, so wie es allgemein im Gehirn an vielen wichtigen Prozessen beteiligt ist.

Wenn die Östrogenspiegel mit der Menopause stark sinken, gerät die Regulierung des körpereigenen Thermostats aus dem Gleichgewicht. Plötzlich dominiert ein einziger Botenstoff, genannt Neurokinin B, das Geschehen. Weil sein Gegenspieler, das Östrogen fehlt, entstehen Schwankungen. Die betroffenen Frauen spüren das als Hitzewallungen, auch vasomotorische Beschwerden genannt. An diesem Punkt setzt das neue Medikament an. Es blockiert die Rezeptoren für den Botenstoff Neurokinin B.

Auch der Schlaf kann sich verbessern

«Theoretisch ist das Präparat für alle Frauen geeignet», sagt Professorin Petra Stute, Leiterin des Menopausen-Zentrums am Inselspital Bern, die den Hersteller Astellas bei der Datenauswertung der Zulassungsstudie unterstützt hat. Stute hat kürzlich einen Artikel zum Thema im Schweizer «Journal für Gynäkologische Endokrinologie» veröffentlicht.

In der Studie habe sich eine klare Verbesserung der Lebensqualität gezeigt. Auch eine Verbesserung des Schlafs liess sich in einer der Patientinnengruppen nachweisen. Hat eine Frau weniger Hitzewallungen, wacht sie nachts auch weniger wegen Schwitzens auf. (Lesen Sie unser Interview mit einer Hormonspezialistin: «Frauen haben 1000-mal mehr Testosteron als Östrogen»)

»Es ist ein interessanter Wirkstoff«, sagt die gynäkologische Endokrinologin Ursula Gobrecht-Keller, Leiterin des Bereichs Reproduktionsmedizin und Gynäkologische Endokrinologie am Universitätsspital Basel und Expertin für die Menopause. »Geeignet ist er aber vermutlich nur für eine kleinere Gruppe von Frauen.« Zu dieser Gruppe gehörten vor allem Frauen, die keine Hormone nehmen dürfen, zum Beispiel Frauen mit einer Brustkrebs-Erkrankung.

Veoza wirkt – im Gegensatz zur Hormonersatztherapie – nicht gegen andere Symptome, unter denen Frauen während der Menopause leiden. Nicht nur das unkontrollierte Schwitzen plagt sie, auch Schlafprobleme, Stimmungsschwankungen, Müdigkeit, fehlende Libido, urogenitale Probleme oder Gelenkschmerzen können zu den Symptomen gehören. Das fehlende Östrogen erhöht zudem das Risiko, eine Osteoporose oder Diabetes zu entwickeln.

Das Pro und Contra zur Hormonersatztherapie

Die Hormonersatztherapie hatte lange ein schlechtes Image. Grund war die grosse WHI-Studie aus dem Jahr 2002. Sie zeigte, dass die Hormone das Brustkrebsrisiko, die Thrombosegefahr und das Schlaganfallrisiko erhöhen. Seither gab es viel methodische Kritik an dieser Studie, sogar die Autorinnen selbst sahen Mängel.

Das Brustkrebsrisiko ist noch immer einer der Nachteile der HRT. Allerdings ist das Risiko statistisch gesehen nicht so hoch wie ursprünglich angenommen. Und es steigt erst nach einer Einnahme von mehr als fünf Jahren an. Auf 1000 Frauen kommt es zu drei zusätzlichen Brustkrebsfällen mit der HRT. Das Thrombose-Risiko lässt sich heute mit Präparaten, die über die Haut wirken, fast ganz vermeiden.

Noch nicht geklärt ist die Frage, ob die HRT einen gewissen Schutz vor Demenzerkrankungen bietet oder ob sie das Risiko erhöht, an ihnen zu erkranken. «Die meisten Studien finden entweder einen neutralen oder einen schützenden Effekt der HRT», sagt Stute. Entscheidend sei, dass man die Hormonbehandlung möglichst bald nach der letzten Monatsblutung beginne. So der momentane Stand des Wissens.

Die Langzeitrisiken des neuen Medikaments sind noch nicht bekannt. Ob es im Gehirn langfristig Folgen hat, wenn man die Neurokinin-B-Rezeptoren blockiert, weiss man nicht. Bisher kennt man nur die Folgen einer Behandlung über ein Jahr. Das allerdings ist bei jedem neuen Präparat so. Sogar bei der Antibabypille, die seit Jahrzehnten auf dem Markt ist, sind die Langzeitfolgen auf das Gehirn noch zu wenig erforscht.

Das neue Medikament müssen Frauen im Moment noch selbst zahlen. Es kostet um die 80 Franken pro Monat, den Preis legen die Apotheken fest. Der Hersteller Astellas bemüht sich, dass Veoza auf die Spezialitätenliste des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) aufgenommen wird. Dann könnten die Krankenkassen das Präparat bezahlen. Die Hormonersatztherapie wird von der Krankenkasse übernommen.

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