Erfolg auf SpotifyMeghan Markle sorgt mit Podcast für Rekordquoten – und Wirbel
Mit «Archetypes» erreicht Markle riesige Aufmerksamkeit für ihr Anliegen, aber auch viel Kritik. In Episode 2 wird sie von Mariah Carey als Diva bezeichnet.
Endlich kann Meghan Markle sagen, was sie will. Seit vergangener Woche hat sie einen eigenen Podcast namens «Archetypes», den ihre Produktionsfirma exklusiv für Spotify produziert. 18 Millionen Dollar soll das dem Streamingdienst wert gewesen sein, fürs Erste sind zwölf Folgen geplant.
Im Podcast spricht die 41-Jährige jede Woche mit berühmten und erfolgreichen Frauen wie Tennisspielerin Serena Williams, Sängerin Mariah Carey oder Schauspielerin Mindy Kaling über Themen, die ihr am Herzen liegen – und über sich selber. Letzteres dürfte der Hauptgrund für die gigantischen Einschaltquoten und die vielen gehässigen Reaktionen sein.
Was Meghan mit dem Podcast will
Das offizielle Konzept von «Archetypes» ist klar: Meghan Markle möchte Dinge zur Sprache bringen, durch die Frauen ausgebremst werden. In jeder Folge spricht sie mit einem weiblichen Gast über einen bestimmten Schubladenbegriff wie «Ehrgeiz», «Diva» oder «Schlampe».
Dass sich ihr erster eigener Podcast um Feminismus dreht, ist wenig überraschend; das Thema soll ihr schon als Kind am Herzen gelegen haben. Immer wieder – auch in der ersten Episode von «Archetypes» – erzählt sie die Geschichte, wie sie als 11-jähriges Mädchen eine Werbung für Abwaschmittel sah. Dass es darin um den Kampf «der Frauen» gegen hartnäckige Verschmutzungen auf Pfannen und Töpfen ging, passte Klein Meghan überhaupt nicht. Sie beschwerte sich beim Sender, woraufhin der Werbespot-Text von «Frauen» zu «Leute» abgeändert wurde.
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In «Archetypes» geht es aber nicht nur um Feminismus, sondern auch um Meghan selber, und zwar so, wie sie selber sich sieht. Sie ist Moderatorin und ausführende Produzentin zugleich, hat also die volle Kontrolle darüber, wie sie dargestellt wird, und kostet das auch aus.
«Wenn die Medien deine Geschichte geprägt haben, ist es wirklich schön, sie selber erzählen zu können.»
Diese Kontrolle hatte sie ja ab dem Moment verloren, als sie Prinz Harry offiziell zu daten begann. «Wenn die Medien die Geschichte um dich herum geprägt haben, ist es wirklich schön, deine eigene Geschichte erzählen zu können», sagt sie in einem aktuellen Interview mit «The Cut». Dieses sorgt gerade für viel Wirbel, weil sie darin erneut gegen die Königsfamilie schiesst und unter anderem erzählt, sie sei mit Nelson Mandela verglichen worden.
Heftige Kritik nach der «Archetypes»-Premiere
Ähnlich viel Empörung löste die erste Folge von «Archetypes» aus. Zum Thema «Ehrgeiz» hatte sie vergangene Woche ihre enge Freundin Serena Williams in den Podcast eingeladen. «Anscheinend ist Ehrgeiz eine schreckliche, schreckliche Sache – bei Frauen», stellte Meghan Markle fest. Aber das habe sie erst so richtig zu spüren bekommen, als sie offiziell begonnen habe, mit ihren Ehemann, Prinz Harry, auszugehen.
Sofort hagelte es Kritik, vor allem in Grossbritannien. Die Londoner Zeitung «The Spectator» stoppte die Zeit, bis Serena Williams erstmals zu Wort kam – es waren elf Minuten. Ein «Times»-Journalist resümierte, man habe «bei all der klimpernden Musik und den faden Gesprächen das Gefühl, in den Entspannungsraum eines Wellness-Spa mit einer ungewöhnlich selbstverliebten Yogalehrerin eingesperrt zu sein». Andere Medien haben den beiden Frauen privilegiertes Gejammer vorgeworfen, nachdem sie sich darüber unterhalten hatten, wie schwierig es sei, die Familie und den Job zu vereinen.
Meghan will auf keinen Fall eine Diva sein
In der neuen Folge von «Archetypes» ist Meghans Jugendidol Mariah Carey zu Gast – eine der erfolgreichsten Sängerinnen der Gegenwart, die zuletzt allerdings aus dem Scheinwerferlicht verschwunden ist. Passend zum Thema «Diva» trug die Amerikanerin eine bodenlange Robe, wie Meghan Markle kichernd berichtete. Sie selber trage ein Mama-Outfit und sei von oben bis unten voll mit Hundehaaren.
«Du gibst uns manchmal Diva-Momente, Meghan. Tu nicht so, als ob du das nicht tätest.»
Überhaupt schien es der 41-Jährigen ein grosses Anliegen zu sein, sich vom Begriff «Diva» zu distanzieren, der einst positiv konnotiert war, bevor er zum Synonym für schwierige Frauen wurde. Als Mariah Carey gegen Ende der Episode sagte: «Du gibst uns manchmal Diva-Momente, Meghan. Tu nicht so, als ob du das nicht tätest», fühlte sie sich komplett unverstanden und war empört.
Erst als die Sängerin ihr versicherte, das sei positiv gemeint, war ihre Welt wieder in Ordnung, und sie fand es auf einmal «umwerfend», von ihrem Jugendidol als Diva bezeichnet zu werden. Das dürfte ihr erneut als Narzissmus ausgelegt werden, vor allem ausserhalb der USA, wo man es nicht gewohnt ist, über eigene Vorzüge zu reden.
Das Gefühl, nicht reinzupassen
Eigentlich sollte sich die neue Podcast-Folge um das Thema «Diva» drehen. Bald sprachen die beiden aber vor allem über das Gefühl, nirgends so richtig reinzupassen. Mariah Carey hat eine irische Mutter und einen afro-venezolanischen Vater; bei Meghan Markle ist die Mama dunkelhäutig und der Papa weiss.
Carey erzählte, sie habe sich weder zur schwarzen noch zur weissen Community so richtig zugehörig gefühlt. «Die Gesellschaft verlangt, dass du dich für eine Seite entscheidest.» Markle nutzte die Gelegenheit, das britische Königshaus ins Spiel zu bringen, dem sie im skandalträchtigen TV-Interview mit Oprah Winfrey Rassismus vorgeworfen hatte. Früher habe man sie immer als gemischtrassig betitelt. Erst seitdem sie mit Harry zusammen sei, gelte sie auf einmal als Schwarze.
Wie Meghan tönt
Beim Hören von «Archetypes» wird schnell klar: Das ist kein Laber-Podcast. Das ist eine Produktion mit klarem Fokus und wenig Platz für Improvisation. Zuweilen hat man den Eindruck, dem Vortrag einer perfekt vorbereiteten Studentin zu lauschen. Moderatorin Markle intoniert die hintergründigen Passagen, als stünde sie auf einer Theaterbühne. Im Gespräch mit ihren Gästen streut sie Oooohs und Aaaahs ein wie das Publikum am US Open.
Definitionen, etwa zum Begriff «Diva», liest sie von ihren Notizen ab. Sie spricht souverän und nahbar, lässt ihre Gäste reden. Und wenn das Gespräch entgleitet – in Episode 2 verheddert sie sich mit Mariah Carey im Thema «widerspenstige Haare» –, wird das Problem kurzerhand durch einen Schnitt gelöst. Dazu gibt es Hintergrundmusik und Expertinnenstimmen, es ist eine durch und durch professionelle Produktion. Unterstützung erhält Markle von der preisgekrönten New Yorker Podcast-Firma Gimlet Media.
Eine Traumquote – noch
«Archetypes» schoss innert 48 Stunden auf Platz 1 der Spotify-Charts. In den USA verdrängte Meghan Markle damit den bislang unangefochtenen Podcast-Rüpel Joe Rogan vom Thron. Auch in Grossbritannien, Kanada, Irland, Australien und Neuseeland schaffte sie es bis ganz nach vorn. «Beeindruckende Zahlen für eine Debüt-Episode», schrieb jemand auf Twitter. «Aber das wird nicht zu halten sein. Meine Vermutung: Ihre Zahlen werden so richtig krass absacken.»
Tatsächlich ist fraglich, wie lange sich Meghan Markle mit ihrem Podcast ganz oben halten kann. Ihre eigentliche Idee – die Hindernisse zu benennen, die Frauen in den Weg gelegt werden –, dürfte kaum ausreichen, um das Publikum jeweils 45 bis 60 Minuten pro Folge halten zu können. Dafür wirkt das Ganze noch zu konstruiert und zu oberflächlich.
Die Zuhörerinnen und Zuhörer dürfte vor allem eines interessieren: was Meghan Markle über das britische Königshaus ausplaudert und wie sie sich präsentiert. Ihre prominenten Gäste dürften ebenfalls für Quote sorgen. Die recht intimen Gespräche vermitteln einem das Gefühl, zwei VIPs zu lauschen, die im Café zufällig am Nebentisch Platz genommen haben und über Dinge reden, die eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt wären. Ob das reicht oder das Interesse an Markle mit der Zeit ausgereizt ist, werden die nächsten zehn Folgen von «Archetypes» zeigen.
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