Wende im Fall des Mountainbikers Dopingjäger wehren sich gegen Flückigers Freispruch
Die Disziplinarkammer des Schweizer Sports hat Mathias Flückiger entlastet. Swiss Sport Integrity erachten den Entscheid als falsch.
«Dieser Fall ist ganz und gar aussergewöhnlich.» Das sagt Ernst König, Direktor von Swiss Sport Integrity (SSI), gestern Abend an einer kurzfristig einberufenen Medienkonferenz. Die Rede ist vom Fall des Mountainbikers Mathias Flückiger, dem Fall, der wenige Stunden zuvor um ein Kapitel reicher geworden ist: In einem Communiqué macht die SSI publik, dass die Disziplinarkammer des Schweizer Sports (DK) Flückiger «von allen Vorwürfen der Verletzung von Anti-Doping-Bestimmungen» entlastet.
Aussergewöhnlich sei er, aufgrund der Ausgangslage, denn Zeranol – die verbotene Substanz, um die es geht – ist für die Schweizer Dopingjäger eine Premiere. Aussergewöhnlich aber auch wegen der Dauer, der Fall nahm am 5. Juni 2022 seinen Lauf. Die internationale Richtlinie für Dopingverfahren beträgt sechs Monate.
Das 3152 Seiten dicke Dossier
In der Mitteilung der SSI ist nachzulesen, dass die DK die damals entnommene Dopingprobe sowie das Analyseresultat als «nicht verwertbar» erklärt habe. Während sich weder der Sportler und seine Entourage noch die Disziplinarkammer selbst zum Entscheid äussern, lädt die SSI zur Medienkonferenz. Dort macht Direktor Ernst König deutlich: «Für uns ist dieser Entscheid nicht nachvollziehbar und falsch.»
Doch nicht nur das. Wie ein beigezogener Sportjurist betont, sei der Anspruch der Antidoping-Organisation auf rechtliches Gehör gleich mehrfach «auf eklatante Weise» verletzt worden. Beispielsweise weil ihr die DK bis zur letzten Anhörung am 22. Mai zu wenig Zeit eingeräumt habe, um das mit der Einladung verschickte 3152 Seiten starke Dossier zu studieren.
«Urinprobe juristisch einwandfrei»
Bei dieser Anhörung vor der DK sei ausschliesslich «die Verwertbarkeit der Urinprobe vom 5. Juni 2022 sowie des entsprechenden Analyseresultats» behandelt worden – nicht aber, wie die verbotene Substanz Zeranol in diese Probe gelangt sei. Und so betonte König, ausserdem sekundiert von einem wissenschaftlichen Experten: «Die infrage stehende Urinprobe war aus juristischer Sicht wie auch aus naturwissenschaftlicher Sicht einwandfrei.» Ihre Integrität sei in keiner Art und Weise verletzt worden.
Was hingegen Flückiger laut anwesendem Sportanwalt bestreite. «Er hat jeden einzelnen Punkt des Kontrollablaufs in Frage gestellt», sagt er. «Wir gehen davon aus, dass eines seiner Argumente die Disziplinarkammer dazu bewogen haben wird, die Probe als nicht verwertbar zu deklarieren und das Verfahren einzustellen.»
Flückiger will sich vor Weltcup nicht äussern
Die schriftliche Begründung des Entscheids der Disziplinarkammer steht noch aus. Diese will Swiss Sport Integrity nun abwarten. Sie behält sich vor, den Fall an den internationalen Sportgerichtshof weiterzuziehen.
Laut Christian Rocha, Sprecher des Mountainbikers vom Team Thömus Maxon, hat auch er den Beschluss am Freitagnachmittag erhalten. Äussern will sich der Sportler vor den Weltcup-Rennen am Wochenende in Nove Mesto jedoch nicht. Nur so viel: «Höchst erfreut, aber vor allem erleichtert», habe er das Urteil der Disziplinarkammer von Swiss Olympic zur Kenntnis genommen. Für Flückiger steht viel auf dem Spiel, denn am Sonntag will Swiss Olympic entscheiden, welche zwei Mountainbiker die Schweiz an den Olympischen Spielen in Paris vertreten werden.
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