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Er gilt als Zögling von Thomas Jordan
Martin Schlegel wird neuer Vize der SNB

Martin Schlegel, bisher stellvertretendes Mitglied des Direktoriums Schweizerische Nationalbank SNB, wird ins Direktorium befördert. 
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Martin Schlegel wird neues Mitglied im dreiköpfigen Direktorium der Schweizerischen Nationalbank, wie der Bundesrat mitteilte. Der 46-jährige Ökonom gilt als Zögling von Präsident Thomas Jordan und wurde daher als Geheimtipp für die Nachfolge von Vizepräsident Fritz Zurbrügg gesehen, die er gleichzeitig übernimmt.

Aktuell vertritt Schlegel Jordan als stellvertretendes Direktoriumsmitglied im I. Departement in Zürich, das neben dem Generalsekretariat die Bereiche Volkswirtschaft, Internationale Währungskooperation, Statistik, Recht, Compliance, Human Resources, Liegenschaften und Dienste umfasst.

Shooting Star

Nach seinem Einstieg in die SNB-Forschungsabteilung vor knapp zwei Jahrzehnten übernahm Schlegel bereits mit 33 Jahren die Leitung der Abteilung Devisen und Gold, was ihm den Ruf eines Shooting Stars eintrug. Als Leiter der SNB-Niederlassung in Singapur von 2016 bis 2018 sammelte er überdies Führungserfahrung in Asien.

«Einsätze für den Internationalen Währungsfonds (IWF) und ein Lehrauftrag an der Universität Basel runden ein vielversprechendes Profil ab», schrieb das Online-Branchenportal finews.ch Anfang Jahr und prophezeite, der Bankenplatz Schweiz werde von Martin Schlegel 2022 «wohl einiges hören».

Schlegel wird gemeinhin als für SNB-Verhältnisse untypisch offen und umgänglich bezeichnet. Das macht ihn innerhalb der Nationalbank beliebt und mag mit erklären, warum die Wahl auf ihn gefallen ist.

Der ersten Frau an der Nationalbank-Spitze vor die Nase gesetzt

Dennoch dürfte seine Berufung Debatten auslösen: Denn den Gepflogenheiten der SNB hätte es entsprochen, dass das dritte Direktoriumsmitglied auf den Vize-Posten nachrückt. Das wäre Andréa Maechler: Die 53-jährige Genfer Ökonomin ist seit sieben Jahren Mitglied der dreiköpfigen obersten Exekutivbehörde der Nationalbank. Nun wird Maechler der jüngere Schlegel vor die Nase gesetzt. Dieses Vorgehen ist zumindest in den letzten Jahrzehnten ein Novum für die SNB.

Und es ist umso brisanter, als es um die erste Frau im Direktorium und um die Vertreterin der Romandie geht. Damit könnten die vor rund zwei Jahren vom Onlinemagazin «Republik» erhobenen Vorwürfe, weibliche SNB-Angestellte litten unter Mobbing und Lohndiskriminierung, neue Nahrung erhalten. Zuletzt wies Bankratspräsidentin Barbara Janom-Steiner die bis heute anhaltende Kritik an der Generalversammlung von Ende April als unzutreffend zurück.

Die SNB steht von vielen Seiten in der Kritik, nicht nur wegen ihrer Politik der Negativzinsen: Auch an der Organisation und der Ausrichtung der SNB scheiden sich die Geister. So gibt es etwa Forderungen, dass die Nationalbank ihre milliardenschweren Devisen-Reserven nachhaltiger anlegen soll. Gerade vergangene Woche gab es Demonstrationen, die die Nationalbank dazu bringen sollten, ihre Anlagepolitik zu überdenken – was sie ablehnt.

Macht ist stark konzentriert

Ebenfalls Kritik gibt es an der Machtballung der SNB-Spitze. Denn das Direktorium besteht nur aus drei Personen. Seit 1907, also der Geburtsstunde der Nationalbank, führt dieses Dreiergremium im Wesentlichen die Geschicke der SNB. Doch das riesige Volumen der Devisen-Reserven macht die Anlage der Gelder zunehmend komplex. Daher gibt es Stimmen aus Politik und Wissenschaft, dass die Nationalbank grundsätzlich zu reformieren sei. 

Der Bundesrat, der die Wahl auf Antrag des Bankrats vorgenommen hat, reagiert nun auf diese Kritik: Gleichzeitig mit der Ernennung Schlegels genehmigte er eine Teilrevision des Organisationsreglements der Notenbank.

Demnach kann jedes Departement neu zwei Stellvertreter statt wie bisher einen haben. Neu wurden Petra Gerlach und Attilio Zanetti in das Leitungsgremium gewählt. Mit der Berufung einer weiteren Frau in den erweiterten Führungskreis soll offenbar auch der Debatte um die Geschlechter-Vertretung entgegengetreten werden.   

Nach der Wahl von Schlegel besteht das Direktorium aus Thomas Jordan als Präsident, Martin Schlegel als Vizepräsident und Andréa Maechler. Alle drei sind bis Ende 2026 gewählt. Schlegel wird im kommenden August von Zurbrügg die Leitung des II. Departements der Nationalbank in Bern übernehmen, das sich mit Fragen der Finanzstabilität, des Bargelds sowie mit Finanzen und Risiken befasst. 

Überraschender Rücktritt

Der scheidende Vizepräsident Fritz Zurbrügg ist das älteste Mitglied des SNB-Präsidiums. Der 62-Jährige hatte mit seiner Rücktrittsankündigung vergangenen Dezember für Überraschung auf weiter Flur gesorgt, nachdem der Bundesrat das dreiköpfige Leitungsgremium unter dem Vorsitz von Thomas Jordan erst im November 2020 für eine neue sechsjährige Amtsperiode wiedergewählt hatte.

Im Oktober 2021 musste sich Zurbrügg wie kurz zuvor schon Präsident Jordan einer Herzoperation unterziehen. Es wurde denn auch spekuliert, gesundheitliche Gründe könnten bei seinem Entscheid, vorzeitig zurückzutreten, eine Rolle gespielt haben.