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Manchester Citys nächstes Debakel
Star-Trainer Guardiola ratlos: «Ich bin nicht gut genug»

epa11779004 Manchester City's manager Pep Guardiola reacts during the English Premier League soccer match between Manchester City and Manchester United, in Manchester, Britain, 15 December 2024. EPA/PETER POWELL
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Das Spiel taumelt seinem Ende entgegen. Es hat nichts mit dem Glanz der Premier League zu tun, sondern erinnert mehr an Not gegen Elend, auch wenn hier die beiden milliardenschweren Kolosse aus Manchester aufeinandertreffen: auf der einen Seite City in der grössten Krise unter Pep Guardiola, auf der anderen die United, die seit elf Jahren und dem Abschied von Alex Ferguson ein permanentes Zeugnis des Versagens und der Verschwendung ablegt.

1:0 führen die Citizens bis kurz vor Schluss, 1:0 nach einem glückhaften Tor von Josko Gvardiol Ende erster Halbzeit. Sie haben zwar keine Chancen und mit Erling Haaland einen Hünen im Angriff, der nur 21-mal den Ball berührt. Trotzdem glauben sie, alles unter Kontrolle zu haben – und stürzen sich doch gleich selbst wieder ins Elend. Zwei Minuten genügen ihnen, die 88. und die 90., um zwei Tore zuzulassen, die das 1:2 besiegeln und bei ihnen für tiefe Schockstarre sorgen.

Es ist nicht einfach nur eine Niederlage in einem Derby, es ist mehr: die nächste Offenbarung, wie sehr Guardiola und seine Spieler jegliche Magie verloren haben. Ihr Zustand ist derart lamentabel, dass sie derzeit keiner mehr fürchten muss. Die Zahlen sagen alles: von den letzten elf Spielen nur eines gewonnen, aber gleich acht verloren, in Liga, Ligacup und Champions League. Acht Niederlagen innerhalb von eineinhalb Monaten – das ist schon eine mehr als in der gesamten Saison 2022/23, die nach 61 Einsätzen mit dem Triple endete.

Guardiola stammelt in die Kamera

«Ich bin nicht gut genug», stammelt Guardiola in die Kamera von BBC, als er die nächste Schadensmeldung begründen soll. Der 53-Jährige ist sichtlich gezeichnet, dafür braucht er nicht einmal die Kratzer im Gesicht, die er sich jüngst beim 3:3 gegen Feyenoord Rotterdam gleich selbst beibrachte, so verwirrt war er angesichts des Zusammenbruchs seines Teams nach einer 3:0-Führung.

Nicht gut genug? «Ich bin der Chef, der Trainer, ich muss Lösungen finden, und bis jetzt habe ich das nicht geschafft», sagt er. Und als müsste er das noch betonen: «Das ist die Wirklichkeit.»

Amad Diallo heisst der junge Mann, der ihm einen Stich ins Herz versetzt. Er ist ein 22-jähriger Ivorer, so klein und fein gewachsen wie flink und schnell als Dribbler, der einzige Spieler an diesem Sonntag, bei dem das Zuschauen noch Spass macht. Zweimal ist er schliesslich da, um von Aussetzern beim Meister zu profitieren. Zuerst kommt Matheus Nunes auf die Idee, einen schlampigen Rückpass zu Goalie Ederson zu spielen, und beim Versuch, den angerichteten Schaden zu reparieren, fällt ihm nichts Besseres ein, als Diallo im Sechzehner von den Beinen zu holen. Bruno Fernandes verwertet den Elfmeter zum Ausgleich.

MANCHESTER, ENGLAND - DECEMBER 15: Amad Diallo of Manchester United scores his team's second goal during the Premier League match between Manchester City FC and Manchester United FC at Etihad Stadium on December 15, 2024 in Manchester, England. (Photo by Carl Recine/Getty Images)

Wie verwundbar die City-Defensive ist, zeigt sich 115 Sekunden später ein zweites Mal. Ein langer Pass von Lisandro Martinez aus dem Mittelfeld heraus genügt schon, um sie zu übertölpeln. Mit dem ersten Kontakt hebt Diallo den Ball über Ederson, mit dem zweiten schiebt er ihn ins Tor. «In den letzten Minuten haben wir wie U-15-Junioren verteidigt», gibt Bernardo Silva zu Protokoll.

Guardiolas schlechter Schlaf

Seit er 2016 aus München kam, hat sich Guardiola in Manchester, zumindest im hellblauen Osten der Stadt, ein Königreich geschaffen. Er hat den Ruf gemehrt, ein grosser Innovator und vielleicht der beste Trainer der Geschichte zu sein. 18 Titel sind in dieser Zeit zusammengekommen, 6 allein in der Premier League und dazu vor eineinhalb Jahren die Champions League.

Wer auf Guardiola neidisch ist, erklärt seinen Erfolg mit den immensen Geldbeträgen, die ihm Scheich Mansour als Clubbesitzer aus Abu Dhabi für Transfers zur Verfügung gestellt hat. Und wer grundsätzlich mit City nichts anfangen kann, ist voller Hoffnung, dass der Club endlich für seine angeblichen Verstösse gegen die Finanzregeln der Premier League zur Rechenschaft gezogen wird. In 115 Fällen, gemäss Anklage auf die Jahre von 2009 bis 2023 zurückzuführen, wird seit drei Monaten gegen ihn verhandelt. Ein Urteil soll Anfang nächsten Jahres gesprochen werden. Bis zum Abstieg in die fünfthöchste Liga ist als Strafe alles möglich.

Wie sehr der Absturz Guardiola zusetzt, hat er jüngst vor dem Champions-League-Spiel in Turin bei Amazon verraten. Da berichtete er in einem Interview mit Luca Toni, einem Kollegen aus gemeinsamen Spielertagen in Brescia, von seinem schlechten Schlaf und der schlechten Verdauung. «Es wird eine Saison voller grosser Schwierigkeiten bleiben», sagte er auch.

Die Frage ist nun, ob dieser Guardiola die Energie aufbringt, die Mannschaft wieder auf Kurs zu bringen. Davonlaufen ist für ihn keine Option. Nicht umsonst hat er vor ein paar Tagen seinen Vertrag um ein Jahr bis 2026 verlängert – offenbar in der Absicht, dann geordnete Verhältnisse zu hinterlassen, so wie das Jürgen Klopp letzten Sommer in Liverpool beispielhaft vormachte.

Der Vergleich liegt deshalb nahe, weil Klopp ein Jahr gebraucht hatte, um den dringend nötigen Umbruch in einer ausgelaugten Mannschaft herbeizuführen. Bei Guardiola macht sich nun der Eindruck breit, er habe nach der Triple-Saison eine Blutauffrischung verpasst. Was dazu kommt: Zu viele seiner Transfers sind wirkungslos geblieben, angefangen beim 60 Millionen teuren Matheus Nunes, um jetzt die verletzungsbedingten Ausfälle unter anderem von Manuel Akanji zu kompensieren.

Keiner fehlt mehr als Rodri

Der «Daily Express» spekuliert, City werfe schon diesen Winter 225 Millionen Franken für neue Spieler auf den Markt, und nennt die Namen von Viktor Gyökeres (Sporting Lissabon), Martin Zubimendi (Real Sociedad) und Bruno Guimaraes (Newcastle). Geld ist nicht das Problem, erst recht nicht nach einem Jahr mit einem Umsatzrekord von 805 Millionen Franken und einem erneuten Gewinn von über 80 Millionen.

Guardiola will von solchen schnellen Investitionen in ein Kader mit vielen gealterten Spielern nichts wissen, er hat vorerst nur einen Wunsch: Er möchte einfach wieder all die Spieler zur Verfügung haben, mit denen er in die Saison gestartet ist und die – man kann es nach diesem Absturz leicht vergessen – in den ersten 14 Wettbewerbspartien unbesiegt geblieben sind. Keiner fehlt ihm inzwischen mehr als Rodri, der sich seit Ende September von einem Kreuzbandriss erholt. Zahlen sagen auch im Fall des Mittelfeldstrategen alles: Mit ihm hat City nur 2,5 Prozent der Spiele verloren, ohne ihn dagegen rund 36.

Im ganzen Frust dieses Sonntags will Guardiola dann doch noch eines zurechtrücken. Das 1:2 sei nicht die schlimmste Niederlage mit City gewesen, sagt er. Niederlagen in der Champions League haben ihn mehr getroffen, keine mehr als jene im Final von 2021 gegen Chelsea. Und eines bleibt zudem als erstaunliches Fazit: City hält sich in der Premier League auf dem 5. Rang.