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Englands Fussball im Geldrausch
Der Wochenlohn wird mal eben auf 270’000 Franken verdreifacht

LONDON, ENGLAND - AUGUST 11: Cole Palmer of Chelsea in actio during the pre-season friendly match between Chelsea and FC Internazionale at Stamford Bridge on August 11, 2024 in London, England. (Photo by Eddie Keogh/Getty Images)
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Chelsea: Und Boehly wütet weiter

Zwei Jahre ist Todd Boehly nun das Gesicht der US-Besitzer von Chelsea. Es sind zwei Jahre des Wahnsinns auf dem Transfermarkt, der unter seiner Führung im mondänen Londoner Südwesten produziert wird. Inzwischen sind die Ausgaben für Transfers auf 1,2 Milliarden Franken gestiegen.

In diesem Sommer, dem dritten unter Boehly, sind bislang neun Spieler für 180 Millionen gekommen, darunter als Aushängeschild Pedro Neto für 57 Millionen aus Wolverhampton und als Schnäppchen Renato Veiga für 13,3 Millionen vom FC Basel. Angesichts der Exzesse in den zwei Sommern zuvor mag das alles moderat erscheinen, reicht aber noch immer, um in der Liga der Club mit den höchsten Ausgaben zu sein.

Wie sehr der Club mit reicher Geschichte zum Spielzeug von Managern aus der Risikokapitalbranche geworden ist, verdeutlicht das Beispiel des 22-jährigen Nationalstürmers Cole Palmer. Vor zwölf Monaten kam er für 45 Millionen von Manchester City und erhielt einen Vertrag über acht Jahre. Kaum von der EM zurück, wurde der Vertrag gleich um zwei Jahre verlängert, bis 2033. Und weil der Club gerade bei guter Laune war, verdreifachte er Palmers Wochenlohn auf 270’000 Franken.

Auch in der Trainerwahl zeigt sich das wilde Wirrwarr der Boehlys von Chelsea. Auf Thomas Tuchel folgte Graham Potter, geholt für eine Ablöse von 23 Millionen und mit einem Fünfjahresvertrag. Nach sieben Monaten wurde er entlassen. Nach Frank Lampard kam Mauricio Pochettino, der einstige Hoffnungsträger ging diesen Sommer nach nur einem Jahr mit einer Abfindung von 12 Millionen.

Jetzt darf sich der Italiener Enzo Maresca als fünfter Trainer unter Boehly versuchen. Der Aufstieg mit Leicester City brachte ihm gleich einen Vertrag bis 2029 ein. Dass der 45-jährige Italiener noch nie auf höchster Stufe gearbeitet hat, ist Chelsea offensichtlich egal. Der erste Test steht am Sonntag zum Saisonstart an: Manchester City tritt an der Stamford Bridge auf.

Liverpool: Das Jahr eins nach Klopp

Am 18. Mai ging in Liverpool eine Ära zu Ende. Der Mann sagte bye-bye, den die Menschen hier nur «Jeerrgen» nennen, weil ihnen «Jürgen» offensichtlich bei der Aussprache Probleme bereitet.

An jenem Sonntag stand Jürgen Klopp letztmals für den LFC an der Seitenlinie, nach fast neun Jahren, 491 Spielen und diversen Triumphen, und zählte in seiner Dankesrede nach dem 2:0 gegen Wolverhampton auf, was der Club alles hat. Ein wunderbares Stadion, ein wunderbares Trainingsgelände und vor allem das in Richtung der 60’000 in Anfield: «Wir haben euch – die Superkraft des Weltfussballs. Ich bin jetzt einer von euch.» Weil er eben Klopp ist, dieser geniale Kommunikator, dachte er in diesem Moment auch an seinen Nachfolger und grölte ein Liedchen für ihn ins Mikrofon: «Arne Slot, na-na-na-na-na-na!» Das Stadion sang mit.

LIVERPOOL, ENGLAND - AUGUST 11: Liverpool manager Arne Slot during the Pre-Season Friendly between Liverpool and Sevilla, at Anfield on August 11, 2024 in Liverpool, England. (Photo by Barrington Coombs/Getty Images)

Klopp machte vor, wie sich Brücken bauen lassen, Brücken zwischen Vergangenheit und Zukunft, vom heiliggesprochenen Deutschen zum unbekannten Niederländer. Wenigstens hat der Neue einen Namen, der einfach zu merken ist. Für die Verantwortlichen machte es auch gar keinen Sinn, einen «Kloppo II» suchen zu wollen. Es gibt keinen mit seiner Strahlkraft, Autorität und Verbindung zum Kop, der legendären Fantribüne. «Ich trete in grosse Fussstapfen», weiss Slot selbst.

In seinem Rucksack sind eine Meisterschaft und ein Cupsieg mit Feyenoord. Und da ist auch seine Idee zu finden, den Liverpooler Spielstil anzupassen: weg vom Vollgasfussball zum Spiel mit mehr Ballbesitz. Darwin Nuñez soll dabei eine wichtige Rolle als Sturmspitze einnehmen.

Slot ist angetan von der Qualität der Spieler, die er angetroffen hat. Das heisst nicht, dass er davon überrascht ist. Immerhin ist Liverpool einer der grössten Clubs überhaupt. Trotzdem hätte Slot gerne den spanischen Europameister Martin Zubimendi für 57 Millionen Franken übernommen, um das defensive Mittelfeld zu stärken. Zubimendi aber zieht es vor, bei Real Sociedad zu bleiben. Darum muss Liverpools Anhang weiter auf ein neues Gesicht warten.

Manchester United: Mit den Milliarden von Ineos

Trotz der jüngsten Dominanz des Nachbarn aus dem Osten der Stadt und trotz Liverpool: Der grösste Club in England ist nach wie vor Manchester United, mit 146-jähriger Geschichte und 68 Titeln. Daran haben selbst all die Verschwendungen von Geld und Personal seit dem Rücktritt Alex Fergusons vor elf Jahren nichts geändert.

Nach der Gründung der Premier League 1992 war die United unter Ferguson 13-mal Meister und nie schlechter als Dritter. Mit Erik ten Hag folgte in der letzten Saison der Tiefpunkt mit Platz 8. Als dann alles damit rechnete, dass der spröde Niederländer seinen Posten räumen muss, gewann er den Final des FA-Cups gegen Manchester City. Darauf folgte die vorzeitige Verlängerung seines Vertrags um ein Jahr bis 2026.

MANCHESTER, ENGLAND - JANUARY 14: Sir Jim Ratcliffe of INEOS talks to Sir Alex Ferguson in the directors box ahead of the Premier League match between Manchester United and Tottenham Hotspur at Old Trafford on January 14, 2024 in Manchester, England. (Photo by Matthew Peters/Manchester United via Getty Images)

Hinter diesem erstaunlichen Entscheid steht in erster Linie Jim Ratcliffe. Der Gründer von Ineos hat seinen Einfluss wirken lassen, der ihm seit der Übernahme von 27,7 Prozent der Aktien für 1,4 Milliarden Franken und als neuem Verantwortlichem für den Sport zusteht. Er sei überzeugt von ihm, sagt Ratcliffe über ten Hag. Und hat ihm bislang vier Transfers für knapp 160 Millionen ermöglicht. Leny Yoro soll als 18-Jähriger von Lille das neue Juwel der Abwehr sein. Dazu kommen mit Joshua Zirkzee, Matthijs de Ligt und Noussair Mazraoui drei Spieler, die früher oder später bei Bayern München durchgefallen sind.

Die United schleppt langfristige Schulden von 850 Millionen mit sich. Ratcliffe, mit einem geschätzten Vermögen von 15 Milliarden einer der reichsten Briten überhaupt, plant trotzdem einen Stadionneubau für 2,2 Milliarden. Wenigstens gibt er sich sportlich bescheidener: In der neuen Saison reicht ihm schon ein Platz in der Champions League zu seinem Glück.

Die Favoriten: Das Duell der Spanier

Das grosse Geld wird weiterhin in der Premier League umgesetzt. 1,52 Milliarden Franken sind bislang in neue Spieler investiert worden. Die spanische La Liga, zum Vergleich, kommt auf knapp 400 Millionen.

Dass Geld allerdings nicht alles ist, verdeutlichen die diversen spanischen Nationalteams. Aktuell halten sie zehn Titel, angefangen bei den Männern mit der Europameisterschaft und Olympia bis hinunter zu den U-17-Juniorinnen mit der Weltmeisterschaft.

Der iberische Einfluss wirkt bis in die Premier League. Nach dem Abgang von Jürgen Klopp heissen die Platzhirsche Pep Guardiola und Mikel Arteta. Guardiola ist aus Katalonien und Arteta aus dem produktiven Baskenland, der Ecke, aus der auch Unai Emery (Aston Villa), Julen Lopetegui (West Ham) und Andoni Iraola (Bournemouth) stammen.

Guardiola mit Manchester City und Arteta mit Arsenal gehen als die grossen Favoriten in die Saison, City als Meister der vergangenen vier Saisons und Arsenal als zuletzt zweimal knapp gescheiterter Herausforderer. Der «Guardian» rückt die Hierarchie in seiner Prognose zurecht: Erster Favorit ist für ihn Arsenal.

LONDON, ENGLAND - AUGUST 11: Riccardo Calafiori of Arsenal shakes hands with Arsenal manager Mikel Arteta during the pre-season friendly match between Arsenal and Olympique Lyonnais at the Emirates Stadium on August 11, 2024 in London, England. (Photo by David Rogers/Getty Images)

Seit zwanzig Jahren und den Tagen der «Invincibles», der Unbesiegbaren von Arsène Wenger, warten sie im Norden Londons auf einen Titel. Letzte Saison fehlten ihnen zwei Punkte zur Erlösung. Arteta, ein vormaliger Lehrling bei Guardiola, bis er vor gut viereinhalb Jahren Arsenal übernahm, lässt nun nichts unversucht, um daran etwas zu ändern.

Zum einen ist da die Verpflichtung von Riccardo Calafiori für 46 Millionen Franken vom FC Bologna (Geld übrigens, von dem auch der FC Basel dank einer satten Transferbeteiligung profitiert). Der junge Italiener hat an der EM bewiesen, dass er den Mangel an Qualität auf der linken Abwehrseite beheben kann. Zum anderen hat Frühaufsteher Arteta Taschendiebe für einen Auftritt bei einem Mannschaftsessen engagiert – damit die Spieler lernen sollen, in jedem Moment aufmerksam zu sein. TV-Experte Roy Keane, einstiger Kopf der Serienmeister von Manchester United, mokiert sich: «Oh, jetzt werden sie auf jeden Fall Meister …»

320 Kilometer entfernt vom Emirates Stadium liegt das Etihad Stadium, und da regiert Guardiola seit acht Jahren mit Erfolg, wofür exemplarisch der Gewinn von sechs Meisterschaften und einer Champions League stehen. Er geht in sein letztes Vertragsjahr und tut das mit einer Mannschaft, in der viele Spieler, angefangen bei Kevin de Bruyne, schon 30 und älter sind. 

Bislang verzichtet Guardiola auf einen grossen Umbruch. Ein Spieler ging und einer kam, das ist die simple Rechnung in diesen Tagen. Julian Alvarez, Weltmeister und Südamerikameister mit Argentinien, hat trotz seiner Tore nie die gewünschte Beachtung bei Guardiola gefunden. Darum zieht es ihn für 70 Millionen zu Atletico Madrid. Dafür ist nun Savinho da, er ist ein 20-jähriger Brasilianer und Dribbler, der bei der Überraschungsmannschaft Girona Spuren hinterlassen hat. Girona ist einer der Clubs, die zum Netzwerk der City Football Group gehören. Manuel Akanji gehört unverändert zum Grundgerüst von City (als einer von zwei Schweizern, die sich in der Premier League behaupten können – der andere ist Newcastles Fabian Schär).

Bleibt eine Gefahr für diesen Club. Nächsten Monat sollen endlich die Verhandlungen beginnen, in denen geklärt wird, ob er seit 2009 in 115 Fällen gegen die Finanzreglemente der Liga verstossen hat. Der «Guardian» schreibt: «Eine Verurteilung würde die Leistungen von Guardiola und seiner Vorgänger in Zweifel ziehen.»