Mamablog: Chaos im Familienalltag«Momsense» einer gestressten Mutter
Verpasste Arzttermine, kotzende Kinder, verlorene Handschuhe und ungeputzte Klos – ein Bericht aus einem unfreiwilligen Eltern-Bootcamp mitten im eisigen Unterland-Winter.
Diese Zeilen erreichen euch direkt aus einem Bootcamp für Eltern, für das ich mich nicht angemeldet habe, in dem ich aber trotzdem irgendwie gelandet bin. Als Zeitpunkt wurde der unbarmherzige Unterland-Winter gewählt und als Austragungsort eine kalte Altbauwohnung. Hier wird schlecht geschlafen und Texte werden zwei Stunden vor Abgabetermin geschrieben. Kinder täuschen Bauchweh vor, um mehr Me-time zu haben, wobei mit ME natürlich ICH gemeint bin und nicht das Kind selbst.
Es wird aber auch ehrlich gehustet, gefiebert und vor lauter Husten gekötzelt, es werden Löcher in Köpfe hinein- und Zähne rausgehauen und Steine in Ohren gesteckt. Arzttermine und Elterngespräche werden in rekordverdächtiger Häufigkeit vereinbart und dann verpasst, weil sie in dem übervollen Terminkalender nicht auffallen. Wir kommen zu spät, fahren zu schnell und verteilen im Vorbeiweg Velolichter, Mützen und Handschuhe über die ganze Stadt. Zum Glück wird auch gelacht, musiziert, gekuschelt und geliebt. Das reinste Chaos.
Gehirnakrobatik
Mein Gehirn ist entweder durch das sich abwechselnde Einfrieren und Auftauen kaputt gegangen oder hat in den Überlebensmodus gewechselt. Jedenfalls macht es genau jetzt lustige Sachen, wo ich richtig im Seich bin und die Tage hundert Stunden haben müssten. So nutze ich die paar Minuten, in denen ich ungestört Rechnungen bezahlen könnte, um den Zahn meines Sohnes unter dem Mikroskop zu betrachten. Ich schaue mir Airbnbs in Argentinien an, statt endlich das Klo zu putzen. Ich könnte das verschollene Buch aus der Bibliothek suchen. Stattdessen liste ich billige Spielsachen, welche sich Kinder gerne von ihrem knappen Sackgeld kaufen, und deren Lebensdauer auf.
Da wäre zum Beispiel das Furzkissen. Einmal draufplumpsen lassen und es hat einen Riss. Lebensdauer zwei Sekunden. Für den einen Furz lohnen sich die paar Franken alleweil. Die Plastikdinger mit dem Propeller, der losfliegt, wenn die Kordel rausgezogen wird. Fünf- bis sechsmal, dann ist sie ausgelottert. Vielleicht bleibt auch schon vorher der Propeller im Baum hängen. Luftmatratzen: Zwei Badibesuche. Schaumstoffbälle: 20 Minuten, bis ein Kind nicht widerstehen kann und abbeisst. Die Springfeder ist meist schon vor ihrem ersten Treppengang verwurstelt. Ewiges Leben haben leider nur Gumpibälle.
Der Frühling kommt bestimmt
Ich habe auch eine Liste gemacht mit Sachen, die es im Jahr 2024 leider immer noch gibt. Zum Beispiel Männer, die denken, ich fände es sexy, wenn sie mir aus dem offenen Autofenster zuzüngeln, Crocs oder Hausaufgaben. Was es im Jahr 2024 bei uns leider immer noch nicht gibt: die Möglichkeit, Gebührensäcke mit allen anderen Sachen im Laden zu kaufen. Die Möglichkeit, einen neuen Rucksack im Alltag zu testen, bevor man sich definitiv entscheidet. Ferngesteuerte Rennautos, deren Akkus schnell aufgeladen sind und lange durchhalten. Zu den Dingen, die ich auch noch im Jahr 2024 als einzige in der Familie nicht kann, gehören unter anderem ein Rad schlagen, eine Spinne selbständig loswerden und dieses Aufsteigen auf das Velo, bei dem man mit einem Fuss auf dem Pedal anfährt und dann das andere Bein elegant über den Sattel schwingt.
Dann habe ich noch darüber nachgedacht, dass, obwohl unsere Kinder intensiv über Mobbing aufgeklärt werden, keinem von ihnen auffällt, dass der arme Klösschen aus TKKG ununterbrochen von seiner eigenen Clique ausgelacht, gedemütigt und gebodyshamed wird und niemand etwas dagegen sagt.
Ein Vierjähriger hat mich mal gefragt: «Mama dörfemer nachli öpis luege bis dä Früehlig chunt?» Gar keine so schlechte Idee. Alles, was am Winter Spass macht, konzentriert sich hierzulande auf etwa drei Wochen im Jahr. Aber der Frühling kommt bestimmt und im Seich sind wir sowieso ständig, also lasst es uns mit Humor nehmen und noch mehr kuscheln.
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