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Meinung

Kommentar zu Boris Johnson
Lügner bleibt Lügner

 Ist Boris Johnson als Premierminister noch haltbar? Es ist ein Armutszeugnis, dass die Antwort auf diese Frage nun von kommunalen Wahlergebnissen abhängig ist.
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Wenn man von Boris Johnson und seinem Team etwas lernen kann, dann, wie Wahlkampf geht. Johnson ist ein Meister darin, Slogans durch Wiederholung in gefühlte Wahrheiten zu verwandeln, auch wenn sie inhaltlich erfunden sind. Unterstützt wird er dabei nicht nur von seinen loyalsten Ministern, sondern auch von auflagenstarken Zeitungen wie dem Daily Telegraph oder der Daily Mail, die fest in der narrativen Hand der Tories sind. Es drohe Johnsons Partei das «schlechteste Ergebnis seit Generationen», schrieb etwa der Telegraph Anfang dieser Woche, kurz vor den britischen Kommunalwahlen am Donnerstag: Mit einem Verlust von bis zu 550 Sitzen müssten die Konservativen rechnen.

Realistisch war das nie, viele der zur Wahl stehenden Council-Sitze – vergleichbar mit dem Gemeinderat – waren bereits seit Jahren fest in den Labour-Händen. Am Freitag nun, da feststeht, dass die Konservativen in England mindestens 131 Sitze verloren haben (die Auszählung war Freitagmittag noch nicht abgeschlossen), schrieb der Telegraph: «Nur bescheidene Gewinne für Labour». Alles gut für Boris Johnson also?

Die Lokalwahlen haben keine Auswirkung auf die Regierungsbildung, aber sie sind für die Parteien stets eine Art Zwischenbilanz. Ist Boris Johnson als Premierminister noch haltbar? Und ist Labour auf dem Weg, die Tories als Regierungspartei abzulösen? Das sind die beiden Fragen, um die es bei der Interpretation der diesjährigen Zwischenbilanz geht.

Der Schaden hätte grösser sein können. Bedenkt man aber, wie schlecht die Oppositionsparteien in den vergangenen Jahren abschnitten, dürfte selbst PR-Profi Johnson Mühe haben, die Wähler davon zu überzeugen, dass alles gut ist.

Die Konservativen haben unter anderem Wandsworth und Westminster an Labour verloren, zwei Bezirke, die seit Jahrzehnten von den Tories geführt wurden. Überhaupt hat Labour die meisten Bezirke in London gewonnen, womit die Hauptstadt, wie es der Umfrage-Experte John Curtice ausdrückte, «de facto zu einer Ein-Parteien-Stadt wird». Ausserhalb Londons haben vor allem die Liberaldemokraten und die Grünen mit ein paar bemerkenswerten Resultaten den Tories zugesetzt.

Labour-Chef Keir Starmer jubelt mit Anhängerinnen und Anhängern in Barnet, einen Stadtbezirk von London, wo seine Partei wie vielerorts in der britischen Metropole den Sieg errungen hat.

Der Schaden hätte grösser sein können. Bedenkt man aber, wie schlecht die Oppositionsparteien bei den Wahlen in den vergangenen Jahren abschnitten, dürfte selbst PR-Profi Johnson Mühe haben, die Wähler davon zu überzeugen, dass alles gut ist. Zumal bald noch das Ergebnis in Nordirland hinzukommt, wo Sinn Féin die Umfragen zuletzt klar anführte, die Partei also, die sich für eine Wiedervereinigung Irlands ausspricht. In Nordirland zweifelt niemand daran, dass Sinn Féins Erfolg auch mit Johnsons Ignoranz zu tun hat, wenn er fortwährend behauptet, der Brexit sei dank ihm erledigt, obwohl es jetzt eine De-facto-Grenze zwischen Nordirland und Grossbritannien gibt.

Dass die Frage, ob ein von der Polizei bestrafter und schamlos lügender britischer Premierminister im Amt bleiben kann, nun von ein paar Sitzen mehr oder weniger in lokalen Bezirken abhängt, ist für die Politik ein Armutszeugnis.

Mehrere enttäuschte Gemeinderäte der Konservativen sagten noch in der Nacht, Boris Johnson solle seine Position überdenken – für sie stand ausser Frage, dass sie ihre Sitze vor allem seinetwegen verloren. Dass Johnson seine Position freiwillig überdenkt, ist praktisch ausgeschlossen, vielmehr kommt es auf die Abgeordneten in Westminster an. Die wiederum sprechen seit Wochen mehrheitlich davon, man müsse erst die Lokalwahlen abwarten, ehe man sagen könne, ob die Wähler zu Johnson halten oder nicht.

Also alles gut? Dass die Frage, ob ein von der Polizei bestrafter und schamlos lügender britischer Premierminister im Amt bleiben kann, nun von ein paar Sitzen mehr oder weniger in lokalen Bezirken abhängt, das ist für die Politik in diesem Land ein Armutszeugnis.

Premier Boris Johnson mit seinem selbstgemalten Bild der Queen, das er beim Besuch einer Schule für 4- bis 7-Jährige in London fabriziert hat.