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Kantone müssen eingreifen
Millionen­verluste und Streik­drohung: Drei-Seen-Schifffahrts­gesellschaft in Nöten

Blick auf die Boote ’Ville de Neuchatel’, ’Fribourg’, ’Neuchatel’ und ’Ville de Morat’ im Hafen von Neuchatel am 10. April 2025. Die Societe de navigation auf den Seen von Neuchatel und Morat fokussiert auf die Betriebsstabilisierung und Arbeitsbedingungen. Investitionsprojekte sind ausgesetzt.
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In Kürze:
  • Die Schifffahrtsgesellschaft LNM kämpft mit schweren finanziellen sowie personellen Problemen.
  • Nur drei von sieben Schiffen sind kurz vor der Ostersaison betriebsbereit.
  • Der Verwaltungsrat beschliesst Sofortmassnahmen mit drei zusätzlichen Personalstellen.
  • Die Eignerkantone setzen die Rückzahlung eines Millionendarlehens vorerst aus.

In der Wasseroberfläche des grössten ganz in der Schweiz liegenden Sees spiegelte sich in diesen Tagen der blaue Frühlingshimmel. Postkartenmaterial. Doch bei der Schifffahrtsgesellschaft Neuenburgersee Murtensee blinkten die Warnleuchten. 

Das Unternehmen mit dem klingenden Namen Société de Navigation sur les Lacs de Neuchâtel et Morat SA (LNM) ist unruhige Gewässer gewohnt, es sorgt seit Jahren für Schlagzeilen: notorisch schlechte Finanzen, eine schlecht unterhaltene Flotte. Die LNM gilt als Sorgenkind der Schweizer Seen. 

Die letzten Wochen standen die Zeichen gar auf Sturm. 

«Wir können nicht mehr», sagen die Angestellten

Die Lokalzeitung «Arcinfo» machte am 1. April publik, dass die chronisch überlasteten Angestellten der Gesellschaft mit Streik drohen. «Wir können nicht mehr», hiess es. Die Rede ist von einem «totalen Vertrauensverlust» zwischen der Direktion und der Belegschaft, die 24 Angestellte zählt. Unter anderem auch, weil die Personalprobleme seit über einem Jahr adressiert seien – passiert sei nichts.

Kaum besser geht es der Flotte. Nur gerade drei von sieben Schiffen sind derzeit einsatzbereit – kurz vor Saisonbeginn an Ostern. Dazu kommen 600’000 Franken Verlust für das Jahr 2024 – statt der prognostizierten 170’000 Franken.

Am letzten Wochenende musste die LNM dann auch noch den Winterfahrplan aussetzen. Grund: «betriebliche Gründe».

Erleidet die LNM gerade Schiffbruch?

Kantone sistieren bei der LNM zwei teure Grossprojekte

Der Verwaltungsrat zeigt sich alarmiert. Die Kantone Freiburg und Neuenburg besitzen je ein Viertel, die Waadt 19 Prozent der Gesellschaft – alle drei haben Vertreter im Gremium. In einer kurzfristig anberaumten Krisensitzung entscheidet man sich für Sofortmassnahmen. Und setzt durch, dass die LNM schnell drei zusätzliche Stellen erhält. Zwei Grossprojekte werden sistiert, um den Betrieb zu stabilisieren. 

Nicolas Gigandet, Präsident des Verwaltungsrats, und Peter Voets, Generaldirektor der LNM, posieren vor dem Schiff ’Ville de Neuchâtel’ im Hafen des Neuenburgersees.

Verwaltungsratspräsident Nicolas Gigandet und der neu eingesetzte Direktor Peter Voets geben sich gegenüber der Presse optimistisch, dass die Massnahmen das Personal neu motivieren werden. Ausserdem versichern sie, der Saisonstart sei gewährleistet.

Gewerkschaften bleiben skeptisch

Jean-Pierre Etique, zuständiger Sekretär bei der Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV, sagt: «Das ist das erste Zeichen, dass die Situation vom Unternehmen endlich ernst genommen wird – und deshalb positiv. Allerdings bleibt die Belegschaft skeptisch. Sie will jetzt Taten sehen.»

Grund für die Skepsis ist unter anderem, dass Präsident Gigandet unter anderem angekündigt hat, spätestens im Sommer seien wieder alle Schiffe im Wasser.

Gewerkschafter Etique sagt: «Das hat die Belegschaft erstaunt zur Kenntnis genommen. Ein solcher Effort kann nur unter Inkaufnahme von weiteren Belastungen für das Personal gestemmt werden.» 

Der Fahrplan ist ein politischer Kompromiss

Der Druck bleibt nicht nur vonseiten der Gewerkschaften hoch. Auch die Eignerkantone wollen Resultate sehen. Sie schiessen pro Jahr über 1,5 Millionen in den laufenden Betrieb ein. Sie beschlossen zudem, die Rückzahlung eines Darlehens über 7,2 Millionen Franken auszusetzen. Diese «erheblichen finanziellen Anstrengungen» müssen laut dem zuständigen Neuenburger Verkehrsminister Laurent Favre (FDP) nun endlich Folgen haben: «Wir erwarten von der LNM, die Schifffahrt so schnell wie möglich wieder aufzunehmen und das Vertrauen des Personals wiederherzustellen». Zudem sei es «unerlässlich», eine neue Planung der Instandhaltung in Angriff zu nehmen, um kurz- und mittelfristig eine unbesorgte Schifffahrt zu ermöglichen. Die Fribourg, das grösste Schiff der Flotte, muss bald komplett renoviert werden. Kostenpunkt: vier Millionen Franken.

Favre ist im Neuenburger Staatsrat nicht mehr lange für das Dossier zuständig, es übernimmt die neu gewählte ehemalige Ständerätin der Grünen, Céline Vara. Von ihr wird erwartet, dass sie den Druck auf das Unternehmen weiter erhöhen könnte – insbesondere in Bezug auf den Arbeitnehmerschutz. 

Eines kann allerdings auch Céline Vara nicht ändern: die Ausgangslage der LNM gilt unter Schifffahrtskennern als äusserst schwierig. Durch die drei Besitzerkantone ist der Fahrplan der Gesellschaft ein politischer Kompromiss – und basiert nicht in erster Linie auf Wirtschaftlichkeit. So gilt die Strecke Estavayer-Yverdon als chronisch schlecht ausgelastet. Doch die Waadt zahlt mit – also halten die Schiffe weiterhin in der zweitgrössten Stadt des Kantons.