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Lisa Mazzone zur Energiepolitik
«Es bringt eben nichts, Fantasieprojekte zu pushen»

Lisa Mazzone, Staenderaetin Gruene Schweiz, spricht an einer Medienkonferenz des Komitees fuer die Demokratie-Initiative: Fuer ein Grundrecht auf Einbuergerung, am Dienstag, 23. Mai 2023 in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)

Frau Mazzone, Ihre Partei wird scharf angegriffen. Sie hätten sich selbst «ein Ei gelegt», kritisiert Jürg Grossen – weil die Walliser Grünen geholfen haben, die Abstimmung zum dortigen Solarexpress zu kippen. Hat der GLP-Präsident recht?

Es ist umgekehrt. Wir haben immer gesagt, dass wir in der Schweiz die Energiewende mit der Bevölkerung und der Natur hinkriegen müssen. Nun haben die Menschen Nein gesagt, weil diese Bedingung nicht erfüllt war. Es bringt eben nichts, Fantasieprojekte zu pushen, die nicht realistisch sind. Alpinsolaranlagen sollen einen Beitrag leisten, aber alle Interessen müssen Platz haben.

Ihre Klimaverbündeten sind dennoch sauer. Die Grünen «fantasieren über eine Zukunft, zu der sie nichts beitragen», wirft Ihnen Peter Bodenmann von der SP vor.

Es gibt in vielen Köpfen die Vorstellung, dass man für die Energiewende etwas opfern muss. Aber das stimmt nicht. Erstens gibt es auf Gebäudedächern ein riesiges Potenzial für Solar, und zweitens ist es auch in den Bergen – an den richtigen Standorten – gut möglich, Anlagen zu bauen.

Wenn alles so einfach ist: Wie erklären Sie sich die heftige Kritik an Ihrer Partei?

In der Energiepolitik haben wir das Volk auf unserer Seite. Und wir haben einen Plan. Das verursacht Kritik in einem Wahlkampf. Aber nochmals – wir schlagen Lösungen vor: Energieeffizienz, Solarenergie und Wasserreserve. Wir verschwenden zum Beispiel 30 bis 40 Prozent des Stroms.

Die Kritik bezieht sich auch auf die Solarinitiative, an der die Grünen arbeiten. Diese sei «übereilt», weil innert 15 Jahren Solaranlagen auf allen Dächern installiert sein müssten.

Die anderen Parteien haben vermutlich den Initiativtext noch gar nicht gelesen. Wir bauen eine Härtefallregelung ein: Wer sowieso ein paar Jahre später das Dach saniert, soll davon profitieren. Wir hatten auch Mitglieder, die sagten, es gehe nicht schnell genug.

«Es geht eben nicht nur darum, dass die Energieinvestoren viel Geld bekommen. Es geht auch um die Natur und unsere Berge.»

Einerseits fordern Sie mehr Tempo, andererseits bremsen Sie – zumindest im Wallis. Das geht nicht auf.

Wir müssen hier präzis sein: Im Wallis geht es vor allem ums korrekte Verfahren. Das kann man nicht einfach aushebeln. Sonst verliert man die Bevölkerung. Es geht eben nicht nur darum, dass die Energieinvestoren viel Geld bekommen. Es geht auch um die Natur und unsere Berge.

Aber solche Anlagen kann man schnell zurückbauen. Der Eingriff in die Natur hält sich in Grenzen.

Wir sind als Grüne überhaupt nicht gegen Solaranlagen in den Bergen. Man muss es einfach korrekt machen, wie in Bern und Graubünden, wo man sinnvolle Projekte priorisiert. Und nicht dort eine Anlage plant, wo es kein Netz und keine Infrastruktur gibt.

Und an den «richtigen Standorten» bieten Sie Hand für alpine Solarprojekte? Da wird kein Grüner dagegen sein?

(lacht) Eine Person, die für alle Mitglieder einer Partei sprechen könnte, wäre ein Diktator. Ernsthaft: Dass alpine Anlagen einen Beitrag leisten, steht in unseren Strategiepapieren. Das ist nicht neu.

Une vue de l'installation test des panneaux solaires pour le projet Grengiols Solar a une altitude de 2'500 metres le jeudi 20 juillet 2023 a Furggerschaeller dans le Saflischtal au-dessus de Grengiols. Le projet redimensionne prevoit l'installation de quelque 160'000 modules solaires, dans le parc naturel de la vallee de Binn. Le Valais votera le 10 septembre prochain sur les megaprojets solaires alpins. La population devra se prononcer sur le decret qui facilite et accelere la procedure d'autorisation pour construire de grandes installations photovoltaiques dans les Alpes. (KEYSTONE/Jean-Christophe Bott)

Eine neue ETH-Studie warnt, dass die Schweiz bis 2050 viel zu wenig Strom produziere, vor allem im Winter. Der Vorschlag: Atomkraftwerke (AKW) länger laufen lassen, 60 oder sogar 80 Jahre. Überzeugt?

Je länger ein AKW in Betrieb ist, desto pannenanfälliger wird es. Wir haben es in Frankreich letzten Winter erlebt. 

Die Betreiber sagen, sie würden viel Geld ausgeben, um die AKW zu warten.

Diese Nachrüstungen sind teuer. Das kostet Steuergeld, das dann den erneuerbaren Energien fehlt. Hinzu kommt das Abfallproblem sowie die Abhängigkeit vom Ausland beim Uran. 

Diese Abhängigkeit gibt es auch bei der Fotovoltaik: Viel Material kommt aus China.

Das stimmt. In Europa wächst aber gerade das Bewusstsein dafür, dass es wieder eine eigene Solarindustrie braucht. Auch der Bund sollte sich überlegen, wie Solarpanels vermehrt in der Schweiz produziert werden können. Der halbstaatliche Rüstungsbetrieb Ruag stellt für den Bund Waffen her. Wieso nicht ein Unternehmen, das Solarpanels herstellt? Die Atom-Opportunisten sind zwar lauter. Aber die Diskussion um neue AKW bringt nichts. Bis diese gebaut wären, vergingen viele Jahrzehnte. Atomenergie bringt auf absehbare Zeit keine einzige Kilowattstunde mehr.

«Atomenergie bringt auf absehbare Zeit keine einzige Kilowattstunde mehr.»

Das Parlament könnte nach dem Solarexpress auch einen Atomexpress beschliessen. Mit Notgesetzen lässt sich viel machen, wie die letzten Jahre gezeigt haben.

Vergessen wir nicht: Es gibt einen Volksentscheid. 2017 hat die Stimmbevölkerung entschieden, dass die Schweiz keine neuen Atomkraftwerke baut. Umfragen zeigen, dass die Meinung der Bevölkerung sich nicht geändert hat.

Die Grünen in Finnland stellen sich hinter neue AKW. Sie sagen: Wir sollten alle CO₂-armen Energiequellen nutzen, um von den fossilen Brennstoffen wegzukommen.

Mit der Energiestrategie 2050 kommen wir auch von den fossilen Energien weg. Dafür brauchen wir keine neuen AKW. 

Die Energiestrategie sieht aber den Bau von Gaskraftwerken vor. Mittlerweile gibt es bereits drei davon. Das ist das Gegenteil von Klimaschutz.

Wir Grüne sind nicht im Bundesrat, wir tragen nicht die Verantwortung für diesen Fehlentscheid. Wir sind gegen diese Kraftwerke – selbst wenn sie wie jetzt nur als Versicherung für den Fall einer Mangellage eingeplant sind. Es wäre sinnvoller, die Wasserkraftreserve im Winter zu erhöhen, statt eine überdimensionierte und teure fossile Infrastruktur zu bauen. 

Streitgespräch zum Medienrecht mit Lisa Mazzone (Grüne) und Thomas Hefti (FDP) geführt von Pascal Michel am 14.06.21

Befürchten Sie, dass diese Kraftwerke dereinst dauerhaft laufen werden, weil der Ausbau der Erneuerbaren nicht schnell genug vorankommt?

Ist eine Infrastruktur einmal gebaut, gibt es immer politischen Druck, diese auch möglichst zu nutzen. Umso wichtiger ist es, dass wir nicht nur von Energiepolitik reden. Es geht auch um Klimapolitik. Wir müssen beides zusammen denken. Diese Gaskraftwerke gefährden unsere Klimaziele.

Die EU spricht darüber. Und stuft Kernenergie als nachhaltige Energiequelle ein.

Auch hier ist die Atomlobby stark. So eine Entscheidung wäre bei uns ein unnötiger Rückschritt, Atom ist nicht nachhaltig.

Das behaupten Sie. Liegen denn alle falsch – nur die Grünen nicht? Selbst der Weltklimarat IPCC hält Kernkraft für eine Option im Kampf gegen den Klimawandel.

Nicht nur die Grünen wollen aus der Atomenergie aussteigen, das Stimmvolk hat das 2017 beschlossen und den Weg dafür gezeigt.

Seither ist viel passiert, zuletzt die Energiekrise. Die SVP sagt, die Energiestrategie habe uns die Versorgungsprobleme eingebrockt…

… gerade die Krise zeigt, dass wir die erneuerbaren Energien viel schneller hätten ausbauen müssen. Doch die bürgerlichen Kräfte im Parlament haben die Solarenergie lange Zeit nicht ernst genommen. Mittlerweile haben wir im Ständerat den Solarexpress erarbeitet. Aber leider immer noch kein Solarstandard auf Gebäuden.