Umstrittene HaftungFlaschenpost liefert Wein in Karton, der bei Feuchtigkeit reisst
Bei einer Kundin und einem Kunden richten zerborstene Weinflaschen im Treppenhaus Schaden an. Die Lieferantin Flaschenpost.ch spricht von Ausnahmefällen und bezahlt nicht.
Es ist nass vor der Tür, als der Lieferdienst den Karton mit den zwölf Flaschen Wein vor der Eingangstür deponiert. Margrit Fischer (Name geändert) kommt nicht weit: Der Boden des Kartons reisst. Alle Flaschen zersplittern auf den Stufen, neun Liter Wein verteilen sich über die Treppe.
Zusätzlich zum Ärger und zu dem Aufwand fürs Putzen entsteht ein doppelter Schaden: Erstens ist die bereits bezahlte Lieferung zerstört und zweitens hinterlässt der Wein in den Fugen Spuren, die sich mit herkömmlichen Mitteln nicht entfernen lassen. Für die notwendige Spezialreinigung erhält Margrit Fischer eine Rechnung von 556 Franken.
Fischer kontaktiert die Lieferantin Flaschenpost.ch. Ein Mitarbeiter bestätigt ihr per Mail: «Vielen Dank für Ihr Telefonat. Sie können mir auf dieses Mail die Rechnung zustellen.» Trotzdem wird die Rechnung nicht beglichen. Fischer wendet sich erneut an Flaschenpost.ch. Nach der zweiten Mahnung teilt ihr die Lieferantin mit, dass sie die Kosten doch nicht übernimmt. Immerhin storniert sie die Rechnung für den Wein.
Der Chauffeur bestätigt das Problem
Dieser Redaktion liegt ein zweiter, ähnlicher Fall vor. Der Chauffeur des Lieferdiensts bestätigt bei der Übergabe dem Kunden sogar, dass der Boden des Kartons wegen Nässe aufgeweicht sei. Auch dieser Kunde schafft es nur bis ins Treppenhaus, wo die Weinflaschen auf einem Travertinboden zerbersten. Erneut ist eine Spezialreinigung notwendig. Auf Rückfragen habe Flaschenpost.ch zwar mit netten Floskeln reagiert, aber letztlich jede Kostenübernahme abgelehnt, berichtet der Kunde.
Flaschenpost.ch gehört gemäss eigenen Angaben neben Coop zu den Marktführern bei Hauslieferungen von Wein. Co-Gründer Renzo Schweri und Kundendienstleiter Tim Ardelt nehmen sowohl schriftlich als auch mündlich Stellung zu den Vorwürfen. Sie betonen, dass es bei den erwähnten Fällen um absolute Ausnahmen gehe. So sei kein einziger weiterer vergleichbarer Fall bekannt.
Die Kartons seien sehr robust gebaut, sagen Schweri und Ardelt: Die Kundschaft beklage sich – wenn überhaupt – über zu grosse Verpackungen. Eine andere Verpackung wie beispielsweise aus Holz oder Kunststoff sei aus Kostengründen nicht umsetzbar.
Versicherung übernimmt den Schaden
Das Unternehmen verweist auf die in anderen Fällen grosszügige Kulanz. Für die Spezialreinigung könne Flaschenpost.ch rechtlich aber nicht zur Verantwortung gezogen werden.
In dieser Frage erhielten die beiden Betroffenen von ihrer Rechtsschutzversicherung eine andere Auskunft: Nach deren Einschätzung wäre Flaschenpost.ch durchaus haftbar. Doch aufgrund der relativ kleinen Schadenssumme hat die Versicherung der beiden Betroffenen auf ein Verfahren verzichtet und die Kosten selber übernommen, wie diese berichten.
Fehler gefunden?Jetzt melden.