Mamablog: Corona im AuslandLiebe Schweizer Expat-Familien, wie geht es euch?
Kopf hoch in der Krise: Drei ausgewanderte Mütter erzählen, wie sie das Corona-Jahr in Osaka, Maui und Portland erleben.
Susanna in Osaka, Japan, mit Kenji und Toma (8)
«Zuerst dachte ich, es geht schnell vorbei, wie Sars vor einigen Jahren. Aber irgendwann, wohl als die Situation in Italien prekär wurde, hatte ich plötzlich Visionen von Familienmitgliedern, die alleine im Spital sterben, und bekam furchtbare Angst. Wir gingen dann nur noch frühmorgens in den Park spazieren und sonst blieben wir zu Hause.
Für unseren Sohn war es am Anfang schwierig, dass er seine Freunde nicht mehr besuchen durfte. Dann gewöhnte er sich aber daran, und ich habe versucht, ihm die Lage zu erklären, ohne ihm Angst zu machen. Seit Juni geht er wieder normal zur Schule. Ich bezweifle allerdings, dass die Schutzmassnahmen da auch wirklich effizient eingehalten werden.
Uns geht es jetzt wieder relativ gut, ich fühle mich im Moment nicht so sehr von der Situation gestresst wie in der ersten Hälfte dieses Jahres. Mir tut es am meisten leid, dass ich dieses Jahr meine Eltern und meine schwangere Schwägerin nicht sehen kann. Leider mussten wir unsere Flüge für Weihnachten stornieren.
«Im Gegensatz zu Europäern haben Japaner sehr wenig körperlichen Kontakt.»
Japan hat im Moment auch wieder mehr Fälle, jedoch sind die Zahlen für ein so dicht bevölkertes Land ziemlich niedrig. Japaner zweifeln meiner Meinung nach die angeordneten Massnahmen viel weniger an und sind im Vergleich zur Bevölkerung in westlichen Ländern viel mehr zur Zusammenarbeit bereit. Ich habe in dieser Sache momentan mehr Vertrauen in die Japaner als in die Schweizer.
Durch die Nähe zu China haben wir schon früh angefangen, Masken zu tragen und uns vermehrt die Hände gewaschen. Im Gegensatz zu Europäern haben Japaner sehr wenig körperlichen Kontakt. Das macht es auch etwas einfacher, sich sozial zu distanzieren, ohne jemanden zu beleidigen.»
Yvonne in Maui, Hawaii (USA), mit Bill, Liam (10) und Marc (9)
«Mein Mann Bill ist zurzeit arbeitslos, hat aber einen Job in der Steuerberatung in Aussicht. Ich bin ebenfalls arbeitslos, da die Galerie, für die ich tätig war, schliessen musste. Mein eigenes Business, die Vermietung der Ferienwohnung, ist ebenfalls «am Boden». Langsam kommen aber wieder Anfragen rein.
Die Arbeitslosenrate ist hier auf 20 Prozent angestiegen. Vor Corona waren es zwei Prozent. Unsere Jungs (Liam, 5. Klasse, Marc, 3. Klasse) sind seit März nicht mehr in der Schule gewesen. Bis Ende Schuljahr war distance-learning angesagt. Dann wurde der Start des neuen Schuljahres immer wieder verschoben, und schliesslich konnten wir zwischen drei verschiedenen Schulmodellen wählen. Wir entschieden uns, die Jungs im Homeschooling-Modell zu Hause zu unterrichten.
Uns geht es gut. Wir haben ein Dach über dem Kopf und können es uns nach wie vor leisten, unser Essen im Laden einzukaufen. Wir müssen uns nicht auf SNAP (Supplemential Nutrition Assistance Program – früher Food Stamps genannt) oder die Essensausgaben der Food Bank verlassen, wie so viele hier.
«Wir haben als Familie so viel Zeit miteinander verbracht wie noch nie.»
Corona hat auf Maui sehr viel verändert. Wir hatten die Insel für ein paar Monate praktisch für uns. Leere Strände und Strassen, klares Wasser, viele Schildkröten und Seehunde, aber auch Geschäfte, die für immer schliessen mussten.
Auch wir haben viel Geld verloren und müssen mit einer grossen Unsicherheit leben. Aber wir haben als Familie so viel Zeit miteinander verbracht wie noch nie. Deshalb betrachten wir Corona aus einer positiven Perspektive. Auch die Gemeinschaft ist hier zusammengerückt. Man hilft einander und ganz viele neue Gärten wurden angepflanzt. Dadurch wurde noch mehr Obst und Gemüse getauscht als sonst. Wir schätzen uns als Paradise Hopper, die zwei so tolle Orte unser Daheim nennen dürfen, als sehr glücklich. Die Schweiz und Maui sind auf ganz unterschiedliche Weise absolut da bomb.»
Maika in Portland, Oregon (USA), mit Venne, Lucy (3,5) und Amy (7 Monate)
«Alles in allem geht es uns gut. Natürlich war dieses Jahr sehr anders und sehr besonders für uns. Mein Mann ist normalerweise jobbedingt 5 bis 15 Tage im Monat weg, und auf einmal war er ständig im Homeoffice. Das war eine Umstellung, aber wir haben es sehr genossen, denn im Juni kam auch unsere zweite Tochter zur Welt.
Eigentlich hätte mein Mann zu den Olympischen Spielen nach Tokio fliegen sollen, aber das fiel ebenfalls aus. Auch die geplanten Besuche seiner erstgeborenen Tochter mit ihrem Freund aus Deutschland sowie meiner Eltern haben nicht geklappt. Also waren wir vier auf uns alleine gestellt.
Wir haben die Zeit als Familie sehr genossen und den Sommer genutzt, Oregon noch besser kennenzulernen. Wir waren viel in der Natur unterwegs – wozu wir, seit wir hier leben, leider viel zu wenig Zeit hatten. Die letzten acht Monate haben uns zusammengeschweisst, und wir sind froh, dass wir uns haben. Denn neben Corona gibt es auch noch das Black Live Matters Movement und die US-Wahl, die dieses Jahr extrem geprägt haben – vor allem Portland.
Unsere Jobs in der Event- und Sport-/Tourismusbranche sind gefährdet, wenn sich nicht bald was ändert. Und natürlich haben wir manchmal Angst, dass wir krank werden und unsere Familie noch länger nicht sehen dürfen. Aber Angst ist ein schlechter Begleiter und deshalb versuchen wir, uns nicht zu viele Gedanken zu machen.
«Wir sagen oft, dass unsere Kinder auch Corona-Winner sind.»
Die Tatsache, dass Lucys Kindergarten durchgehend geöffnet hatte, hat ihr viel Stabilität und Routine gegeben. Da nun aber empfohlen wird, dass bereits zweijährige Kinder Maske tragen, realisiert sie schon, dass noch immer viele Menschen krank sind.
Unsere Mädels hatten dieses Jahr eigentlich eine gute Zeit, auch wenn sie merken, dass Dinge anders und auch angespannter sind. Aber ihr Alter hilft sicher noch. Sie geniessen es auf jeden Fall, dass Papa so viel zu Hause ist. Und wir sagen oft, dass unsere Kinder auch Corona-Winner sind.»
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