Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Papablog: Buchtipp
Lernen Sie diese geschlechtsoffene Familie kennen!

Kindheit ohne einschränkende Geschlechtervorstellungen: Kyl Myers und Brent Courtney mit Zoomer.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Es gibt Eltern, die erziehen ihr Kind «geschlechtsneutral» – ein umstrittener Begriff. Wer es tut, redet eher von «geschlechtsoffener Erziehung» oder auf Englisch «Gender Creative Parenting». Worum geht es? Die Eltern weisen dem Kind soweit möglich kein Geschlecht zu und schaffen ein Umfeld, in dem es sich frei von Geschlechterstereotypen entfalten kann. Auch wir erziehen unsere beiden Kinder geschlechtsoffen.

Das bekannteste geschlechtsoffen erzogene Kind heisst aber nicht Beebers oder Brecht, sondern Zoomer. Über ihren Blog raisingzoomer.com und den dazugehörigen Instagram-Account haben die Eltern Kyl Myers und Brent Courtney viel zur Bekanntheit des Konzepts beigetragen. Mit einer Geduld, die ich bewundere. Selbst hasserfüllte Kommentare beantworten sie ruhig und freundlich.

Dieses Buch hilft gegen Vorurteile

Nun hat Kyl ein Buch veröffentlicht. In «Raising Them – Our Adventure in Gender Creative Parenting» erzählt sie die ganze Geschichte: von ihren Kindheitserfahrungen mit dem Thema Geschlecht über ihr Studium der Soziologie bis zum Doktortitel, den Entscheid zur geschlechtsoffenen Erziehung und die Umsetzung nach der Geburt. Sie berichtet von Gesprächen mit Fremden, ärgert sich, dass Dreijährige beim 50-Meter-Sprint nach Geschlecht getrennt werden und freut sich darüber, eine passende Kita gefunden zu haben.

Kyl Myers: Raising Them – Our Adventure in Gender Creative Parenting. Topple Books & Little A, 2020. 229 S. Mehr Informationen

Nach einem Zeitungsinterview ging die Geschichte der Familie Courtney-Myers ungewollt um die Welt – mit erfreulichen wie belastenden Folgen. Insgesamt aber geniessen die drei Unterstützung aus ihrem Umfeld, und Zoomer durchlebt nun seit fast fünf Jahren eine unbeschwerte Kindheit.

Unabhängig vom Geschlechtsaspekt ist «Raising Them» eine interessante und angenehm zu lesende Biographie. Ich mag es, mit solchen Büchern detaillierte Einblicke in andere Familien zu erhalten. Und man muss sie einfach mögen, die Courtney-Myers.

Dr. Kyl Myers ist Soziologin und wurde mit dem Blog rasingzoomer.com sowie dem Instagram-Account @raisingzoomer halb gewollt, halb ungewollt zur informellen Sprecherin der geschlechtsoffen erziehenden Eltern.

Geschlechtsoffene Erziehung – das praktizieren in der Schweiz nur wenige Familien. Warum also stelle ich hier ein Buch zu diesem Thema vor?

Weil eben doch alle schon einmal von «diesen geschlechtsneutralen Kindern» gehört haben und einige Vorurteile dazu mit sich rumtragen. Wie immer, wenn es ums Geschlecht geht, werden Diskussionen rasch emotional. Man wirft sich gegenseitig Ideologie und Widernatürlichkeit vor. Die Meinungen sind gemacht, oft ohne persönliche Erfahrung zum Thema.

Die Chance: Erfahrungen aus erster Hand

«Raising Them» bietet die Chance auf eine informierte Diskussion. Natürlich ist das Buch lesenswert für Menschen, die bereits eine geschlechtsoffene Erziehung praktizieren. Es eignet sich aber auch für alle, die sich fragen: «Was ist das überhaupt?»

Kyl hat keinen Ratgeber, keine Erziehungsbibel geschrieben, sondern einen Erfahrungsbericht. Sie bietet einen persönlichen Einblick in Beweggründe, Methoden und Auswirkungen ihrer Erziehung. Wertvolle Erkenntnisse aus erster Hand. Egal ob Sie der geschlechtsoffenen Erziehung aufgeschlossen oder kritisch gegenüberstehen – besser können Sie sich dem Thema nicht annähern.

«Raising Them» ist bislang nur in englischer Sprache erschienen. Das Buch auf Deutsch zu übersetzen, wird nicht ganz leicht werden. Ein wichtiger Bestandteil von Kyls und Brents Erziehung ist das geschlechtsneutrale Pronomen «they», das sie für für Zoomer verwenden. In der deutschen Sprache gibt es keine gleichwertige Entsprechung. Da ist Kreativität gefragt.

Sie möchten das Buch nicht lesen aber trotzdem in die Kommentare schreiben, wie sehr ich mich erzieherisch auf dem falschen Weg befinde? (Lesen Sie dazu auch Ist geschlechtsneutrale Erziehung extrem?, das ich vor zwei Jahren geschrieben habe.) Bitte fühlen Sie sich frei. Hier mein Vorschlag: Ich lese mir das gerne durch und antworte, wenn Sie nebst Ihrer Kritik in drei bis fünf Sätzen beschreiben, was Sie sich unter geschlechtsoffener Erziehung vorstellen. Ich freue mich.