9. EM-Medaille für die SchweizWas für ein Märchen – mit einem Schlussfeuerwerk gewinnt Lobalu Gold
Der 25-Jährige wird zum Abschluss der EM in Rom Europameister über 10’000 m – ob er an den Olympischen Spielen starten darf, hat ihm das IOK noch nicht mitgeteilt.
Die Schweiz hat viele schöne Geschichten gesehen an dieser EM in Rom, die bewegendste aber schrieb zweifellos Dominic Lobalu, der 25-Jährige aus der Ostschweiz, Flüchtling aus dem Südsudan, der nach langem und hartnäckigem Kampf seines Umfelds und Swiss Athletic erstmals für die Schweiz hat an internationalen Meisterschaften antreten dürfen.
Am Samstag hatte Lobalu bereits die Bronzemedaille über 5000 m gewonnen. Sein Trainer und Mentor Markus Hagmann hatte nachher gemutmasst, dass die Chancen seines Athleten über die doppelte Distanz wohl eher noch besser seien.
Und sie waren es tatsächlich. In einem erst total verbummelten Rennen, das später ein wenig schneller und zuletzt taktisch wurde, hielt sich Lobalu einmal da auf im Feld, und dann wieder dort. Vorne, hinten, Mitte – und schon 1000 m vor dem Ziel schien klar: Hier ist er der Chef.
Und dieser Schein trügte nicht. Zuletzt setzte er sich gegen den Franzosen Yann Schrub durch, von dem zuvor keine Rede gewesen war, Lobalu hatte sich auf clevere Weise der Almgrens, Gressiers und Ndikumwenayos entledigt.
Gold! EM-Titel! Der Läufer, dem nie etwas geschenkt worden war, machte sich selber das grösste Geschenk. In 28:00,32 Minuten hatte er die Ziellinie überquert, viel wichtiger wird ihm aber das Datum dieses Tages sein: Am Mittwoch, 12. Juni 2024, hat er sich endgültig in die Leichtathletik-Bücher eingetragen.
Wann entscheidet das IOK?
Und noch immer weiss Lobalu nicht, ob er auch an den Olympischen Spielen in Paris wird antreten dürfen. World Athletics hat ihm zwar das Startrecht für die Schweiz gegeben, auch ohne Pass – nicht aber das Internationale Olympische Komitee. An der Sitzung des Exekutivrats in diesen Tagen könnte der Entscheid fallen, in welche Richtung ist nicht absehbar. Vorerst aber wird Lobalu einfach seine Medaillen geniessen.
Es hat in den Nullerjahren etliche Europameisterschaften gegeben, bei denen für die Schweizer insgesamt gerade zwei oder drei, und wenn es hochkam, vier Finalteilnahmen resultiert hatten. Es waren die magersten Jahre in der hiesigen Leichtathletik – welch Gegensatz zu heute: Allein am Schlusstag der sechstägigen Titelkämpfe in Rom war die Schweiz noch mit Lobalu, Annik Kälin und Lore Hoffmann sowie den beiden 4x100-m-Staffeln in fünf Entscheidungen vertreten.
Zum Feuerwerk mit acht Medaillen und drei EM-Titeln in den Vortagen trug Lobalu noch seinen Teil mit einem riesigen Vulkan bei: das vierte Gold für die Schweiz und die neunte Medaille, was zum Abschluss den herausragenden Platz 5 im Medaillenspiegel bedeutete.
Und fast wäre es noch die zehnte Medaille geworden. Mit einer hervorragenden Staffelleistung über 4 x 100 m wurden die Schweizerinnen – wieder einmal Vierte. Scheinbar. Denn Schlussläuferin Sarah Atcho-Jaquier flog auf dem letzten Meter der Stab aus der Hand – worauf die Schweiz disqualifiziert wurde. Swiss Athletics konsultierte danach die Fernsehbilder, ob es möglicherweise zuvor zu einer Berührung von der Niederländerin gekommen war. Doch Atcho-Jaquier hatte ihn ohne Einwirkung verloren, zu einem Protest kam es deshalb nicht.
Annik Kälin Sechste
Kälin konnte sich nach ihrem undankbaren 4. Rang im Siebenkampf einige Hoffnungen machen für den Weitsprung. Mit 6,84 m hatte sie am Samstag den Schweizer Rekord egalisiert, was kaum jemanden verwunderte. Erst in der Hallensaison und später auch outdoor sprang sie konstant um und über 6,70 m.
In der Konkurrenz mit den Spezialistinnen sprang sie dann 6,82 m weit und wurde damit Sechste. Der Wettkampf war eigentlich früh entschieden: Mit 7,22 m war Olympiasiegerin und Weltmeisterin Malaika Mihambo (GER) zu Gold gesprungen.
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