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Ermittlungen gegen Keir Starmer
Labour-Chef droht wegen «Beergate» der Rücktritt

Unter Beschuss: Keir Starmer. 
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Grossbritannien hat seine nächste Lockdown-Affäre. In «Beergate» geht es um Keir Starmer, den Labour-Chef und Oppositionsführer, und ein Abendessen am 30. April 2021 in Durham. Damals stand eine Nachwahl in der Region an, weshalb Starmer und sein Team örtliche Labour-Abgeordnete trafen. Der Tag war durchorganisiert, für den späten Abend waren 80 Minuten zum Essen eingeplant, es gab Curry vom Bestellservice. Fotos zeigen, dass Starmer bei der Gelegenheit ein Bier in der Hand hält, das Essen war gegen zehn Uhr abends zu Ende. Laut Covid-Regeln galten damals Ausnahmen für «Arbeitstreffen», deshalb hatte die Polizei in Durham schon vor ein paar Monaten verkündet, keine weiteren Schritte zu unternehmen.

Nun aber, nach monatelangem 
«Partygate» und den von der Londoner Polizei ausgesprochenen Strafen gegen Boris Johnson und mehr als 50 Teammitglieder in Downing Street, schrieb Richard Holden, Tory-Abgeordneter für Nordwest-Durham, einen Brief. Darin forderte er die Polizei auf, noch einmal Ermittlungen gegen Starmer aufzunehmen. Schliesslich sei doch recht viel gegessen worden, und anders, als Starmer suggeriert hätte, sei nach Ende des Essens nicht mehr weitergearbeitet worden, nicht wahr?

Der Druck steigt

Den Brief leitete Holden der «Daily Mail» weiter, dem Blatt, das schon oft und gerne bei Kampagnen der Tories half. Nach täglichen Titelschlagzeilen und immer mehr Fragen an die lokale Polizei wurde der Druck so gross, dass die Behörde bekannt gab, der Sache doch nochmals nachzugehen. Seitdem fordern diverse Tory-Minister Starmers sofortigen Rücktritt.

Für Starmer ist die Angelegenheit politisch heikel, weil er Premierminister Boris Johnson wegen dessen Verstössen gegen Corona-Regeln mehrfach zum Rücktritt aufgefordert hatte. Noch im April hielt Starmer dem Premier den Schmerz und die Wut vor, die viele in der britischen Bevölkerung verspüren, weil sie sich, anders als der Premier, an die von ihm verhängten Corona-Regeln gehalten haben. 

Starmer kritisierte Johnson auch schon, dass dieser kein Rückgrat habe, Dinge zuzugeben, die er gesagt habe. Der Premier, so Starmer, übernehme niemals die Verantwortung für seine Taten. Diese Aussagen könnten jetzt auf den ehemaligen Staatsanwalt Starmer zurückfallen. 

Starmer schwieg – zu seinem Nachteil

Von Nachteil für Starmer ist dabei auch, wie er die ganze Angelegenheit kommunikativ lange anging. Er hätte die Rechnung für das Curry (umgerechnet etwa 245 Schweizer Franken) und seinen Terminkalender für den Tag vorzeigen können, proaktive Transparenz killt Storys. Aber Starmer schwieg, und wenn er doch antwortete, dann widersprüchlich.

Erst am späten Montagnachmittag sagte Starmer bei einer eigens einberufenen Pressekonferenz, er werde zurücktreten, falls die Polizei ihn tatsächlich bestrafe. «Falls die Polizei mir eine Strafzahlung auferlegt, würde ich natürlich das Richtige tun und zurücktreten», sagte er. Jedoch bekräftigte er: «Es wurde gegen keine Gesetze verstossen.» Starmer war auch bemüht, sich so weit wie möglich von Boris Johnson zu distanzieren. «Nicht alle Politiker sind gleich», sagte er. 

Die Briten wollen keine «-gates» mehr

Die Verhältnismässigkeit zwischen Partygate und Beergate ist in den vergangenen Tagen etwas verrutscht. Auf der einen Seite stehen Johnsons wiederholte Lockdown-Partys in Downing Street inklusive einer bereits ausgesprochenen Strafe, auf der anderen steht Starmers spätes Bestellservice-Abendessen mit Bier während eines langen Wahlkampfmeetings. Für Keir Starmer, den früheren Staatsanwalt, der sehr auf Ehrlichkeit und Anstand pocht, macht das die Sache kaum besser. Die Briten wollen keine «-gates» mehr, sie wollen wissen, wie sie ihre steigenden Energierechnungen bezahlen sollen.

In den Lokalwahlen der vergangenen Woche verlor Johnsons Partei fast 500 Sitze in den Gemeinderäten –eine Zahl, die normalerweise zu einem Misstrauensvotum führt. So aber darf Johnson nun, während die Labour-Wähler von Meinungsforschern befragt werden, ob Starmer im Fall einer Polizeistrafe zurücktreten sollte (Tendenz ja), das tun, was er am besten kann: mit Schlagworten werfen.