Betrug über 40 Milliarden Dollar«Verheerende Verluste»: Südkoreanischem Krypto-König drohen 130 Jahre Gefängnis
Do Kwons Imperium kollabierte, viele Anleger verloren alles. Solche Kryptobetrugsfälle häufen sich – und die Spuren führen auch in die Schweiz.
- Do Kwon plädierte in New York auf nicht schuldig.
- Kryptobetrug nimmt trotz steigenden Regulierungsdrucks weiter zu.
- Nach Trumps Wahlsieg erwarten Kryptoanhänger Lockerungen im Finanzsektor.
Der Crash um die Kryptofirma Terraform Labs des südkoreanischen Krypto-Pioniers Do Kwon hat es in sich. Die amerikanische Börsenaufsicht wirft dem Unternehmer vor, seine Investoren zwischen 2018 und 2022 um gigantische 40 Milliarden US-Dollar geschädigt zu haben. Kwon musste am 8. Januar in New York vor dem Distriktrichter Paul Engelmayer antreten. Der Prozess wurde für den 26. Januar 2026 angesetzt. Kwon plädierte auf nicht schuldig.
Es geht um den spektakulärsten Skandal seit der Anklage gegen Sam Bankman Fried, Gründer der gescheiterten Kryptobörse FTX. Der Terraform-Crash im Frühling 2022 war eine der Ursachen für den Kollaps der FTX. Bankman Fried wurde im März 2024 von einem US-Gericht wegen Betrugs und Verschwörung zu einer 25-jährigen Haftstrafe und zur Zahlung von 11 Milliarden Dollar verurteilt. Der zuständige Staatsanwalt Damian Williams nannte das Urteil «eine Warnung für andere».
Do Kwon war Südkoreas Krypto-König
Do Kwon war auf seiner Flucht in Montenegro abgetaucht. Das Land hat kein Auslieferungsabkommen mit den USA oder Südkorea. Beide Staaten hatten Haftbefehle ausgestellt. Do Kwon war im März 2023 am Flughafen Podgorica verhaftet worden, als er sich mit einem gefälschten Pass von Costa Rica absetzen wollte. Lange wurde vor Gericht um seine Auslieferung gestritten, ehe Kwon am Neujahrsabend 2024 nach New York ausgeflogen wurde.
Kwon war der Chef einer Firma namens Terraform, die die Kryptowährungen TerraUSD und die Schwesterwährung Luna herausgab. Der Unternehmer gab die beiden Währungen als sogenannte Stablecoins aus, die an traditionelle Währungen wie den US-Dollar gekoppelt sind, um starke Wertschwankungen zu verhindern. Einige Investoren wurden zu Millionären, was Kwon zu Kultstatus verhalf. Luna stieg in nur zwei Monaten bis April 2022 um 135 Prozent auf einen Rekordwert von 116 Dollar. Danach folgte im Mai 2022 der Crash.
Luna-Crash trieb diverse Firmen in Konkurs
Der Luna-Absturz verursachte Panik und die Preise stürzten weiter ab. Als die Algorithmen nicht funktionierten, wurde der Wert der Kryptowährungen manipuliert. Beauftragte Hochfrequenzhändler tätigten grosse Käufe, um den Kurs der Krypto-Vermögenswerte künstlich hochzuhalten.
Automatisierte Trading-Bots und gefälschte Blockchain-Transaktionen täuschten hohe Liquidität und Interesse vor. US-Staatsanwalt Daniel M. Gitner spricht von «verheerenden Verlusten in den USA und weltweit» über «mehr als 40 Milliarden USD». FBI-Vizedirektor James E. Dennehy bezeichnete Kwon als «meisterlichen Puppenspieler», der mit «künstlichen Illusionen» seine «Investoren umgarnte».
Als sein Imperium im Mai 2022 kollabierte, floh der Koreaner mit 66 Millionen Dollar nach Europa. Das Geld sei mutmasslich via «Blockchains, Kryptocurrency-Börsen und internationale Bankkonten gewaschen worden», heisst es. Viele Anleger verloren alles. Der Luna-Crash hatte massive Auswirkungen auf andere Firmen wie Voyager und Celsius, die in Konkurs gingen. Three Arrows Capital (3AC) wurde ebenfalls liquidiert.
Krypto-Spuren in die Schweiz
Solche Kryptobetrugsfälle häufen sich, und die Schäden steigen rasant. Im letzten Jahr haben Kryptowährungsadressen illegaler Akteure «mindestens 41 Milliarden Dollar» kassiert, berichtet die Kryptoanalyse-Firma Chainalysis in ihrem am Mittwoch veröffentlichten «Crypto Crime Report 2025». Diese Zahl dürfte «in den nächsten Monaten auf schätzungsweise mehr als 51 Milliarden ansteigen».
Die Spuren führen auch in die Schweiz. 2021 setzten sich die südafrikanischen Brüder Ameer und Raees Cajee mit 69’000 Bitcoins nach einem angeblichen Hackerangriff auf ihre Plattform Africrypt ab. Der Schaden betrug 3,6 Milliarden US-Dollar. Die Bitcoins sind heute viele Milliarden mehr wert.
Die Cajee-Brüder haben damals in Zürich einen Locker angemietet, wo sie im November 2021 ein Hardware-Wallet deponierten. Die Schweizer Polizei war jedoch zur Stelle und verhaftete die beiden. Auf Anfrage dieser Redaktion erklärt die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, dass sie «ein laufendes Strafverfahren wegen Geldwäsche» gegen die Cajee-Brüder führt.
Es gilt die Unschuldsvermutung. Klar ist: Einer der Beschuldigten sass sechs Monate in U-Haft und kam dann gegen eine Kaution frei. Wo sich die Südafrikaner derzeit aufhalten, kann oder will die Staatsanwaltschaft nicht sagen. Eine Untersuchung der südafrikanischen Anwaltsfirma Hanekom ergab, dass Africrypt Assets im Dark Web via Tumbler und Mixer transferiert wurden.
Auch die 2014 gegründete Kryptowährung OneCoin erwies sich als Betrug. Die bulgarisch-deutsche «Krypto-Königin» Ruja Ignatova soll an die 3 Millionen Anleger um 3 Milliarden Euro geprellt haben. Investoren wurden intern als «Idioten» beschimpft. Ignatova war fünf Jahre lang verschwunden und steht auf der FBI-Liste der zehn meistgesuchten Kriminellen.
Krypto-Euphorie wegen künftigem Präsident Trump
Solche Betrugsfälle dürften stark zunehmen. Denn in der Kryptoszene herrscht seit dem Wahlsieg von Donald Trump Euphorie. Diverse Lobbyverbände haben 135 Millionen Dollar für Trumps Wahlkampf ausgegeben. Sie erwarten jetzt eine lockere Regulierung und eine karge Finanzaufsicht. Trump will digitale Währungen aus dem Schattensektor herausholen und plant eine strategische Bitcoin-Reserve.
Ausserdem nominiert Trump mit Paul Atkins als neuem Chef der Börsenaufsicht SEC einen Kryptoanhänger und Berater der Blockchain-Firma Securitize. Der bisherige Krypto-kritische SEC-Chef Gary Gensler wird am Montag zurücktreten. Trump hatte angekündigt, ihn am ersten Tag seiner Amtszeit zu feuern.
Sein neuer Handelsminister Howard Lutnick hat enge Verbindungen zum Stablecoin-Giganten Tether. Der künftige Finanzminister Scott Bessent unterstützt die Branche mit Äusserungen, dass es bei Krypto «um Freiheit geht». Trump-Buddy Elon Musk ist Bitcoin-Fan, Käufer und Spekulant. Sein neues Ministerium trägt als Kürzel den Namen der Memecoin DOGE, sicher kein Zufall. Interessenkonflikte sind vorprogrammiert.
Seit der US-Wahl im November sitzen 294 Pro-Krypto-Abgeordnete im US-Kongress, denen nur 134 Krypto-Gegner gegenüberstehen. Erwartet werden klare und sofortige Fortschritte im Parlament bei der Verabschiedung vorteilhafter Regulierung. Es geht um eine Aufwertung des Sektors und neue Kunden. Erste staatliche Pensionsfonds sind bei Bitcoin ETFs eingestiegen.
Risiken werden beschönigt
Die Risiken werden heruntergespielt. Doch gerade Stablecoins würden ein Systemrisiko darstellen, warnt Eswar Prasad vom Washingtoner Brookings Institut, weil Tokens durch US-Schatzbriefe gedeckt sind. Ein Run auf Stablecoins vermag eine «Kettenreaktion auszulösen, die verschiedene Segmente des traditionellen Finanzsystems destabilisieren könnte».
Auch die US-Notenbank in New York befürchtet «Spillover-Effekte» und «Systemrisiken». Professor Hillary Alan von der American University weist darauf hin, dass «hypothekenbesicherte Wertpapiere während der Finanzkrise 2008 wenigstens von realen Werten» wie Häuser und Apartments gedeckt waren. Krypto-Assets hingegen seien «aus der Luft gegriffen».
Kryptojünger im Schattenbankensystem
Die Betrugsfälle zeigen, dass etliche dubiose, clevere Kryptoakteure auf krummen Touren wandeln oder ihre Investoren ausnehmen. Die Kryptowelt gehört zum Schattenbankensystem. Die Risiken werden bei schwacher Regulierung steigen. Terraform ist der vielleicht extremste Fall von haltlosen Versprechungen, naiven Anlegern und Krypto-Enthusiasten, die viel Lehrgeld bezahlen mussten. Der Traum vom schnellen Geld lockt immer neue Investoren in die Szene.
Terraform hatte im Juni 2024 noch versucht, mit einer Zahlung von 4,4 Milliarden Dollar die Auseinandersetzung mit der SEC beizulegen. Doch ein Geschworenengericht in New York hatte in einem Zivilverfahren Kwon wegen Betrugs schuldig gesprochen.
Im nun anstehenden Strafverfahren droht Kwon eine maximale Gefängnisstrafe von 130 Jahren. Der Chef der US-Derivateaufsicht Rostin Behnam, der den Binance-Prozess beaufsichtigte, hat zum Abschied vor einer schwachen Regulierung von Bitcoin und Kryptowährungen gewarnt. Die Aufsicht sei «ungenügend».
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