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Bauunternehmen in der Krise
Steiner geht das Geld aus, dabei ist indischer Mutter­konzern erfolgreich – wie geht das?

Das GZO Spital Wetzikon, fotografiert am Freitag, 5. April 2024 in Wetzikon. Das Kinderspital Zuerich und das Spital Wetzikon sind in finanzieller Schieflage. Die Zuercher Gesundheitsdirektion hat deshalb entschieden, dem Kinderspital ein Millionen-Darlehen und Subventionsgelder zu gewaehren. Das Spital Wetzikon geht hingegen leer aus.(KEYSTONE/Christian Beutler)
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Die Zürcher Immobilienfirma Steiner kämpft um ihre Existenz. Seit Monaten häuften sich die Berichte, dass eines der grössten Generalunternehmen der Schweiz ausstehende Rechnungen nicht bezahlte. Dabei ging es um Klagen von Handwerkern, die Rechnungen über hunderttausend Franken einforderten, welche von Steiner nicht beglichen wurden. Für die Kleinbetriebe ist das existenzbedrohend. Der Frust daher gross.

Hinzu kommt ein heftiger Schlagabtausch um das Spital Wetzikon. Dort war Steiner als Generalunternehmen für den Neu- und Erweiterungsbau zuständig, ist aber im Streit ausgestiegen. Die Bauarbeiten sind vorerst eingestellt, der Neubau erst zu 70 Prozent fertig. Für die Spitalleitung ist die Kündigung widerrechtlich. Sie wirft Steiner vor, mit dem Bau sechzehn Monate in Verzug zu sein und die Kosten massiv überschritten zu haben. Offen ist, ob die Sache vor Gericht endet. 

Die Lage für Steiner ist ungemütlich. Das Unternehmen selbst spricht von einem Liquiditätsengpass mit «unvorhersehbaren Entwicklungen» im Zusammenhang mit «einigen wenigen Bauprojekten». Letzte Woche hat der Verwaltungsrat von Steiner beim Zürcher Bezirksgericht eine Nachlassstundung beantragt, die das Gericht gleich gewährte. Das verschafft dem Unternehmen eine Verschnaufpause. Die Firma hat nun vier Monate Zeit für eine Sanierung. Sofern sie sich in dieser Zeit mit den Gläubigern einigen kann. Das Mandat für die Nachlassstundung hat der Zürcher Anwalt Balthasar Wicki. Er will sich erst zum Fall äussern, wenn er sich ein Bild von der Situation gemacht hat.

Klar ist: Die Sanierung von Steiner ist sehr komplex. Es geht um viel Geld, die Bauprojekte laufen über mehrere Jahre, und es hängen Hunderte, wenn nicht gar Tausende Arbeitsplätze an zahlreichen Lieferanten in der ganzen Schweiz. 

Inder übernahmen Steiner in der Not

Steiner steckt nicht zum ersten Mal in ernsthaften wirtschaftlichen Problemen. Beim letzten Mal wurde sie von der Hindustan Construction Company, kurz HCC, mit Sitz in Mumbai übernommen. «Im Jahr 2010 wurde HCC gebeten, der Steiner AG in Form einer Kontrollmehrheit beizustehen, was sie mangels Schweizer Interesse auch tat und damit das Unternehmen vor einer möglichen Insolvenz bewahrte», so ein Sprecher des indischen Konzerns. 2014 übernahm HCC die Schweizer Firma dann vollständig.

HCC ist in Indien ein Schwergewicht. Laut eigenen Angaben hat der Konzern mehr als 4000 Autobahnkilometer gebaut, die sich über die gesamte Länge und Breite Indiens erstrecken. Er baut im Land nicht nur Strassen, sondern auch Kernkraftwerke und Hafenanlagen. An der Börse ist das Unternehmen umgerechnet rund 7 Milliarden Franken wert. Tendenz steigend: Der Aktienkurs hat sich in den letzten Jahren vervierfacht. 

Der starke Mann im Unternehmen ist Arjun Dhawan. Er amtete einst als Firmenchef, heute ist er exekutiver Vizepräsident. Der indische Geschäftsmann hat in den USA studiert und dort seine Karriere als Investmentbanker lanciert. Unter anderem war er in New York für die Credit Suisse tätig. Dhawan war laut Angaben von Steiner «federführend» beim Kauf der Firma durch HCC. Heute amtiert er als Verbindungsmann von HCC als Delegierter des Verwaltungsrats bei Steiner. 

Steiner baut Altlasten ab

Ein Blick in die Geschäftsberichte von HCC zeigt, dass die Sorgen mit Steiner in den letzten Jahren wohl eher grösser wurden. Der Umsatz sank deutlich. Von über 700 Millionen Franken vor zwei Jahren auf rund 340 Millionen Franken im letzten Jahr und aktuell noch 183 Millionen Franken. Immerhin brachte der Verkauf der Westschweizer Unternehmensteile an den französischen Baukonzern Demathieu Bard 98 Millionen Franken ein. Das hob die Firma auch aus der Verlustzone. Resultierte im Vorjahr noch ein Nettoverlust von 55 Millionen Franken, weist sie für das gerade abgeschlossene Jahr einen Vorsteuergewinn von 24 Millionen Franken aus. 

Das Schrumpfen hat auch damit zu tun, dass Steiner kein Generalunternehmen mehr sein will. Ein Sprecher von HCC sagt: «HCC und ihr Verwaltungsrat haben Steiner beim Abschluss einer Reihe bedeutender Projekte und beim Aufbau eines starken Immobilienentwicklungsgeschäfts unterstützt. Letzteres ist heute die tragende Säule der Steiner AG.» 

Der Grund dafür: Die Geschäfte als Generalunternehmen binden sehr viel Kapital. Das Generalunternehmen funktioniert fast schon wie eine Bank. Es nimmt die Risiken in die Bücher, muss das Geld von den Bauherren eintreiben und an die Handwerksbetriebe auszahlen. Der Umsatz wird dadurch zwar in die Höhe getrieben, der eigentliche Ertrag ist aber oft klein und mit Risiken verbunden. 

Ein Kenner der Branche sagt: «Wenn die Firma alle Altlasten als Generalunternehmen los ist, könnte es wieder besser laufen.» Nur dürfte sie dann kein grosser Player am Markt mehr sein, auch weil der Name durch den Wirbel der letzten Monate wohl ziemlich angeschlagen sei. 

HCC glaubt hingegen weiter an die Zukunft der Schweizer Tochter. Ein Sprecher des indischen Konzerns sagt: «Steiner ist eine wichtige strategische Investition für HCC – auch weil es unser Tiefbaugeschäft ergänzt.» Dies sei umso wichtiger, als Indien urbanisiert werde und damit die Immobilienentwicklung und die Stadtplanung auch auf dem Subkontinent an Bedeutung gewinnen würden.

Für die Handwerker und die anderen Gläubiger hingegen bleibt die Hoffnung, dass der Nachlassverwalter seinen Job gut macht und für sie noch etwas herausschaut.