Antrag auf NachlassstundungSchlechte Nachrichten für Handwerker: Baufirma Steiner kann nicht zahlen
Der Baustopp beim Spital Wetzikon zieht weitere Kreise. Die Zürcher Immobilienfirma Steiner hat Nachlassstundung beantragt.
Die Schlagzeilen um die Steiner AG reissen nicht ab. Vor einem Monat hatte der Totalunternehmer den Vertrag mit dem GZO Spital Wetzikon einseitig gekündigt. Die Folge: Die Bauarbeiten am Spital wurden eingestellt. Das GZO stellte ein Gesuch um Nachlassstundung.
Nun hat auch Steiner beim Bezirksgericht Zürich ein Gesuch für eine provisorische Nachlassstundung eingereicht. Denn ein Liquiditätsengpass habe die Geschäftstätigkeit gefährdet. Grund seien «unvorhersehbare Entwicklungen» im Zusammenhang mit «einigen wenigen Bauprojekten». Eines davon ist das Spital Wetzikon. Näher darauf eingehen will Steiner aber nicht.
Zurückzuführen sei der Engpass zu einem grossen Teil auf unbezahlte Rechnungen für bereits abgeschlossene Bauprojekte. «Es bestehen Zahlungsrückstände bei mehreren Grosskunden im Totalunternehmerbereich von Steiner, von denen sich Steiner bekanntlich zurückzieht», sagt ein Sprecher des Unternehmens. Die Firma wolle aber keine Namen von betroffenen Kunden nennen.
Retten, was zu retten ist
Mit der Nachlassstundung will Steiner die Geschäfte, die gut laufen, rechtzeitig in Sicherheit bringen. «Diese Massnahme ist eine Art Schutzschild, um das gut laufende Immobilienentwicklungsgeschäft vor gewissen Risiken aus dem Totalunternehmergeschäft zu schützen», sagt der Sprecher weiter.
Jeder Totalunternehmer befinde sich in einer Art Sandwichposition zwischen den Subunternehmern und dem Auftraggeber. «Zahlt der Auftraggeber zu spät, während die Subunternehmer ihr Geld bereits erhalten haben, kann dies zu einem Liquiditätsengpass führen.»
Die Steiner AG, die seit 2010 zur indischen Hindustan Construction Company Ltd. mit Sitz in Mumbai gehört, hat sich vor drei Jahren entschieden, sich auf die Immobilienentwicklung zu konzentrieren und das Generalunternehmertum aufzugeben. Anfang Jahr hat Steiner das Baugeschäft dann an den französischen Mitbewerber Demathieu mit Sitz im lothringischen Montigny-lès-Metz verkauft.
Mit dem Gesuch um eine Nachlassstundung schliesse Steiner ihre Transformation vom Generalunternehmer zum Immobilienentwickler nun erfolgreich ab, hiess es in der Mitteilung.
Keine Möglichkeit mehr für Betreibungen
Für die Unternehmer in der Region ist die Stundung keine gute Nachricht. Nicht nur stehen die Bauarbeiten am Spital Wetzikon seit dem 8. Mai still. An den Bauarbeiten mit Kosten im dreistelligen Millionenbereich beteiligt waren auch zahlreiche Firmen aus der Region, die von der Steiner AG als Subunternehmer beauftragt worden waren. Sie warten seit April darauf, dass ihre Rechnungen bezahlt werden.
Die Steiner AG weist eine ellenlange Betreibungsliste auf, welche dieser Redaktion vorliegt. 2023 wurde die Steiner AG in Höhe von rund 18 Millionen betrieben, im Jahr 2022 waren es rund 2 Millionen.
Die Firma sagt dazu, ein Betreibungsauszug habe nur beschränkte Aussagekraft. «Einerseits kann er Forderungen enthalten, die nicht gerechtfertigt sind. Andererseits ist das Betreibungsregister verpflichtet, Betreibungen nach einer gewissen Zeit zu löschen.»
Doch nicht nur die Steiner AG und das GZO Spital Wetzikon, die sich beide in die Nachlassstundung gerettet haben und Gläubigerschutz geniessen, brauchen liquide Mittel, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Auch die zahlreichen Subunternehmer bezahlen jeden Monat ihren Angestellten die Löhne. Doch nun werden sie noch monatelang auf die Bezahlung ihrer geleisteten Arbeit warten müssen.
Eine Nachlassstundung verschafft dem betroffenen Unternehmen für vorerst vier Monate Gläubigerschutz. In dieser Zeit sind keine Betreibungen möglich. Ziel des Verfahrens ist es, Sanierungsmassnahmen zu prüfen, umzusetzen und allenfalls einen teilweisen Schuldenerlass zu erwirken. Der operative Betrieb kann fortgesetzt werden, wenn auch unter Aufsicht eines Sachwalters. So wurde auf Steiner-Baustellen beispielsweise in Bülach normal weitergearbeitet.
Handwerkerpfand als Druckmittel
Das GZO Wetzikon wollte sich zu den jüngsten Entwicklungen nicht äussern. Einen Katalog mit acht konkreten Fragen, etwa was das Nachlassverfahren der Steiner AG für das Spital bedeute, wurde mit lediglich einem Satz beantwortet: «Die GZO AG Spital Wetzikon nimmt zur Kenntnis, dass die Steiner AG ein Gesuch für eine provisorische Nachlassstundung eingereicht hat.»
Den Unternehmern, die für Steiner gebaut haben, bleibt ein Druckmittel. Sie haben die gesetzliche Möglichkeit, ein sogenanntes Bauhandwerkerpfandrecht im Grundbuch eintragen zu lassen. Damit wird ihnen ein Zugriffsrecht auf das Grundstück eingeräumt. Sie werden damit quasi zu Miteigentümern. Denn in aller Regel haben sie keine Möglichkeit, verbautes Material wieder auszubauen.
Nicht die ersten negativen Schlagzeilen
Der Knatsch um das Spital Wetzikon und die jetzige Nachlassstundung sind nicht die ersten negativen Schlagzeilen, die Steiner schreibt. Im November 2019 wurden Verzögerungen und Baupfusch beim Steiner-Projekt «Waldhaus Neuguet» in Wallisellen bekannt. Etliche der insgesamt hundert Wohnungseigentümer und -eigentümerinnen mussten ins Hotel ziehen.
Es kam zum offenen Streit zwischen der Bauherrin Halter und der Generalunternehmerin Steiner AG. Zahlreiche Handwerker machten Pfandrechte geltend. Leidtragende waren ein Grossteil der Käuferinnen und Käufer: Bei ihren Wohnungen wurden über 200’000 Franken als Pfand eingetragen.
Für das unfertige Spital ist keine schnelle Lösung in Sicht – eine Spezialfirma hat deshalb vergangene Woche mit dem Rückbau der Kräne begonnen. Der Rohbau wurde zudem vor Witterungseinflüssen und Vandalismus geschützt.
Mit Material der SDA
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