Jill Biden auf ÜberraschungsbesuchKrieg der Symbole zum Tag des Sieges
Am Montag feiert Russland den Sieg über Nazi-Deutschland. Doch die Amerikaner fahren Putin in die Parade – allen voran First Lady Jill Biden.
Überraschend hat Jill Biden, die First Lady der Vereinigten Staaten, am Sonntag der Ukraine einen Besuch abgestattet. «Ich wollte am Muttertag hierherkommen», sagte sie auf dem Weg zu einem Treffen mit Olena Selenska, der Frau des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (Lesen Sie im Porträt, warum Selenska dagegen war, dass ihr Mann in die Politik geht). «Es ist wichtig, den Ukrainern zu zeigen, dass dieser Krieg enden muss, dass dieser Krieg brutal ist und dass das Volk der Vereinigten Staaten hinter dem ukrainischen Volk steht.» Selenska dankte Biden für die «sehr mutige Tat», in das kriegsversehrte Land zu kommen (die aktuellen Entwicklungen im Liveticker).
Die First Lady plante ihren Besuch jedoch so, dass das Risiko minimal, die symbolische Wirkung hingegen maximal war. Sie befand sich auf einer längeren Reise durch mehrere osteuropäische Länder, auf der sie viele ukrainische Flüchtlinge traf. Aus der Slowakei fuhr sie dann am Sonntag wenige Kilometer in die Ukraine hinein, in die Grenzstadt Uschhorod im allerwestlichsten Zipfel des Landes. Dennoch war ihr die Aufmerksamkeit der Weltmedien gewiss – und völlig in den Hintergrund geriet, dass sich der kanadische Premierminister Justin Trudeau gleichzeitig den verwüsteten Kiewer Vorort Irpin zeigen liess.
Ein wichtiges Datum
Den Zeitpunkt hätte Biden nicht besser aussuchen können. Am Sonntag war nicht nur Muttertag, es war auch der Jahrestag der Kapitulation Nazideutschlands; am Folgetag, dem 9. Mai, feiert Moskau diesen Sieg jeweils mit einer traditionellen Militärparade. Analysten vermuten, Putin wolle darum am Montag irgendeine Art von Erfolg aus seinem Ukraine-Feldzug präsentieren – und befürchten, er werde im Hinblick darauf noch brutaler vorgehen.
Ebenfalls den Sonntag hat die G-7 gewählt, um ein Embargo auf russisches Öl zu verhängen: Sämtliche G-7-Staaten werden Importe verbieten, wie sie am Sonntag an einer Videokonferenz beschlossen haben. Die Europäische Union hat bereits angekündigt, mitzuziehen. Allerdings werden die Einzelheiten erst in der kommenden Woche geregelt, weil es noch Konflikte um Ausnahmen für Ungarn und die Slowakei gibt, die besonders stark von russischen Energielieferungen abhängig sind.
Die USA verschärfen zudem ihre Sanktionen weiter: Unter anderem wollen sie es US-Firmen verbieten, in Russland Dienstleistungen wie Buchhaltung, Management, Beratung und Marketing anzubieten. Sie sanktionieren zudem neu drei Kreml-treue Fernsehsender sowie Manager von Gazprombank und Sberbank. «Es gibt keinen Rückzugsort für die russische Wirtschaft, solange Putins Invasion fortdauert», sagte ein amerikanischer Regierungsvertreter.
Als die Ukrainer das Flaggschiff Moskwa versenkten, lieferten die USA Daten. Die Lecks will Biden nun stoppen.
In einem heiklen Bereich jedoch will US-Präsident Joe Biden die Symbolpolitik zurückschrauben. Laut amerikanischen Medien halfen die USA der Ukraine, rund ein Dutzend russischer Generäle zu töten: Sie hätten die Standorte der mobilen Hauptquartiere ausgespäht. Die Ukrainer kombinierten diese Informationen mit eigenen Erkenntnissen – mit Erfolg. Auch als die Ukrainer das Flaggschiff Moskwa versenkten, lieferten die USA Daten. Alle Berichte stützten sich auf anonyme Regierungsquellen.
Die Lecks will Biden nun stoppen – sie seien kontraproduktiv. Biden befürchtet, dass Putin dies als Eskalation auffassen könnte. Am Freitag rief er deswegen CIA-Direktor William Burns, die Geheimdienstchefin Avril Haines und Verteidigungsminister Lloyd Austin an. Allerdings haben die USA jüngst eben nicht nur schwerere Waffen geliefert, um die Ukraine zu unterstützen, sondern auch mehr Geheimdienstinformationen. Das Weisse Haus betont, es teile ausschliesslich Daten, die der Verteidigung der Ukraine dienten.
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