Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Kosmetikhändler in der Krise
The Body Shop steht in Grossbritannien vor Insolvenz

Pedestrians walk bas a branch of The Body Shop in central London on February 12, 2024. The Body Shop, the near 50-year-old cosmetics company renowned for its ethical hair and skin products, is near bankrupt in the UK after poor Christmas trade, according to reports in British media. (Photo by Daniel LEAL / AFP)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Als die Beteiligungsgesellschaft Aurelius, mit Sitz im Steuerparadies Grünwald bei München, vor gerade mal drei Monaten die weltweit bekannte Kosmetikfirma The Body Shop kaufte, war die Freude gross. «Die Übernahme dieser britischen Kultmarke begeistert uns», sagte Tristan Nagler, Partner bei Aurelius. Das Ziel sei es, so Nagler, dem Unternehmen neue Impulse zu geben, um so das nächste Erfolgskapitel zu schreiben. Wie es aussieht, steht das nächste Kapitel jedoch unter keinem guten Stern: Laut Personen, die mit der Sache vertraut sind, will Aurelius in dieser Woche einen Insolvenzverwalter für den britischen Geschäftszweig von The Body Shop einsetzen.

Kein Wunder, dass die Mitarbeitenden der Kosmetikfirma alarmiert sind. Plötzlich gibt es viele Fragen. Welche der 200 Filialen in Grossbritannien stehen vor dem Aus? Wie viele Angestellte verlieren ihren Arbeitsplatz? Und was bedeutet die Insolvenz für all die anderen Body-Shop-Läden weltweit? Wer Antworten bei Aurelius suchte, bekam am Montag offiziell nur eines: keinen Kommentar.

Aurelius ist eine weltweit tätige und börsennotierte Beteiligungsgesellschaft, die sich selbst als «zuverlässigen Partner für Mittelstand und Grosskonzerne» verkauft. So steht es zumindest auf der Internetseite des Finanzinvestors. Aurelius ist aber auch bekannt für sein aggressives Vorgehen bei der Sanierung angeschlagener Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen. Vor ein paar Jahren übernahm die Private-Equity-Gesellschaft den nordrhein-westfälischen Bauzulieferer Reuss-Seifert und verlagerte danach die Produktion nach Polen. Bekannte Investments aus früheren Jahren sind der Autoradiohersteller Blaupunkt, den Aurelius von Bosch kaufte, und die Reederei Peter Deilmann mit der MS Deutschland. Beide gingen bankrott, nachdem Aurelius die Mehrheit verkauft hatte.

Nachhaltige Kosmetik gibt es heute in allen Drogerien

Die Frage ist also: Was passiert nun mit The Body Shop? Die Geschichte der Firma geht zurück bis ins Jahr 1976. Damals eröffnete Anita Roddick in Brighton an der englischen Südküste einen Laden namens «The Body Shop». Sie verkaufte dort Glasfläschchen, die man immer wieder nachfüllen lassen konnte, und zwar mit Kosmetikprodukten, die aus natürlichen Stoffen und ganz ohne Tierversuche hergestellt wurden. In den späten Siebzigerjahren war das nicht weniger als eine Sensation, denn damals scherte sich die Kosmetikindustrie nicht gross um so etwas wie Tierschutz.

The Body Shop war über Jahrzehnte eine Erfolgsgeschichte. Das Unternehmen verkaufte von Anfang an das, was heute eigentlich alle wollen: nachhaltig und ethisch korrekt hergestellte Produkte. Hinzu kam mit Roddick eine Gründerin, die mit ihren Kampagnen weltweit Aufsehen erregte. Da war zum Beispiel «Save the Whale», eine Kampagne zur Rettung der Wale, die sie in den Achtzigern gemeinsam mit Greenpeace startete. Damals kämpfte Roddick dafür, Jojobaöl als Ersatz für das damals in der Kosmetikindustrie weitverbreitete Pottwalöl einzusetzen.

Im Rückblick lässt sich sagen: Die Strategie der mittlerweile verstorbenen Roddick ging auf. Und ihre Botschaft kam an: Als Kundin und Kunde von The Body Shop kauft man eben nicht irgendeine Gesichtscreme, sondern eine, die auch das eigene ökologische Gewissen beruhigen kann, sofern man eines hat. Die Sache ist nur: Für viele funktioniert das mittlerweile selbst bei Drogeriediscountern oder beim Grossverteiler ziemlich gut.

2500 Läden in 89 Ländern

Wie es nun weitergeht, ist ungewiss. Aurelius kaufte The Body Shop im November für 207 Millionen Pfund (umgerechnet 242 Millionen Euro). Die Firma gehörte bis dahin zum brasilianischen Kosmetikunternehmen Natura, das The Body Shop wiederum 2017 für etwa eine Milliarde Euro vom französischen Konzern L’Oréal erworben hatte. Der massive Wertverlust hat laut Experten vor allem damit zu tun, dass The Body Shop das Alleinstellungsmerkmal einer Kosmetikfirma, die ohne Tierversuche produziert, längst verloren hat.

Das britische Unternehmen mit Hauptsitz in London hat gut 7000 Mitarbeitende und betreibt etwa 2500 Läden in 89 Ländern weltweit, die meisten davon über ein Franchisemodell. Im Fall der Insolvenz geht es nur um The Body Shop in Grossbritannien. Dem Vernehmen nach wurden Teile des Geschäfts in Europa und Asien vor wenigen Tagen an Family Office, also eine Vermögensverwaltungsgesellschaft, verkauft, deren Name bislang nicht bekannt ist.

Bleibt die Frage: Warum ausgerechnet jetzt die Insolvenz in Grossbritannien? Personen, die mit der Sache vertraut sind, verweisen darauf, dass die finanzielle Situation von The Body Shop schlechter sei als beim Kauf angenommen. Es gehe nun um eine Restrukturierung, heisst es, um die Firma schlanker und digitaler zu machen. Im Klartext dürfte das wohl bedeuten, dass Filialen geschlossen werden und das Onlinegeschäft ausgebaut wird.