Tipps bei StrommangelKönnten Sie eine warme Mahlzeit ohne Strom zubereiten?
Eine Situation, in der in der Schweiz plötzlich der Strom knapp ist, wird von den Behörden als realistisch beschrieben. Wir erklären, was zu tun ist, falls es tatsächlich so weit kommen sollte.
Kochen mit dem Campingkocher statt dem Induktionsherd, Kerzenlicht statt Lampenschein: Was klingt wie in einem dystopischen Film, ist zumindest ein denkbares Szenario in den nächsten Jahren. Experten warnen vor einem Mangel an Strom. Je nach Szenario könnte es unter Umständen schon 2025 zu Problemen kommen. Klar ist: Damit eine solche Mangellage eintrifft, braucht es verschiedene Dinge, die gleichzeitig schiefgehen müssten.
Doch was, wenn es tatsächlich dazu kommt? Dann müssen wir uns alle auf einen weit eingeschränkteren Alltag einstellen, als wir das gewohnt sind. Genau dazu gab das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL einen Ratgeber heraus. Und die zuständige Ostral – die Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen, bereitet Firmen auf den schlimmsten Fall vor, wie die «NZZ am Sonntag» berichtete.
Die wichtigsten Punkte.
Bevölkerung: Vorräte, Campingkocher
Als Vorbedingung sei gesagt: Eine Strommangellage ist nicht zu verwechseln mit einem kurzfristigen Blackout, bei dem es gar keinen Strom mehr gibt. Eine Strommangellage bedeutet vielmehr, dass es über einen bestimmten Zeitraum zu wenig Strom gibt und die Schweiz mit gezielten Massnahmen versucht, dies zu kompensieren, um möglichst den normalen Gang aufrechtzuerhalten.
«Überlegen Sie sich, wie Sie mindestens ein Zimmer in Ihrem Haushalt ohne Strom warmhalten können.»
Sollte es tatsächlich zu einer Strommangellage kommen, hat dies Auswirkungen auf Privathaushalte. In seinem Ratgeber hat das BWL genau dies thematisiert. Teil davon ist auch der weithin bekannte Aufruf, eine gewisse Menge an Vorräten zu halten, zum Beispiel die berühmten 9 Liter Wasser pro Person.
Auch zum Thema Strommangellage wird das BWL im Ratgeber sehr konkret. «Überlegen Sie sich, wie Sie mindestens ein Zimmer in Ihrem Haushalt ohne Strom warmhalten können», heisst es zum Beispiel. Oder: «Überlegen Sie sich, wie Sie eine warme Mahlzeit ohne Strom zubereiten können.» Dabei könnten Campingkocher mit Gaskartuschen, Fondue-Rechauds, Brennsprit oder ein Outdoor-Grill mit Holzkohle helfen, wie das BWL ausführt.
Und es gibt auch Tipps, wie man sich im Fall eines tatsächlichen Stromunterbruchs verhalten soll. So soll zum Beispiel nach sechs Stunden Stromunterbruch der Kühlschrank geleert werden. Zudem sollen Geräte wie Bügeleisen, die sich bei Wiederherstellung der Stromversorgung automatisch einschalten, entweder per Knopf ausgeschaltet werden, oder es soll der Stecker gezogen werden.
Firmen: Mechanische Türen, Tageslicht
Bei den Firmen ist das Potenzial der Stromsparmassnahmen sehr gross. Insgesamt über 30’000 Firmen mit einem Energieverbrauch von über 100’000 Megawattstunden werden deshalb nun auch mittels der angesprochenen Broschüre informiert. Dabei geht es zuallererst einmal um eine allgemeine Information darüber, wie der Bund im Ernstfall vorgeht. Und die Firmen werden aufgefordert, sich auf konkrete Szenarien vorzubereiten – mit vorbeugenden Massnahmen.
«Stellen Sie sicher, dass elektrische Türen mechanisch zu öffnen und leicht wieder zu schliessen sind.»
In Unternehmen soll man sich darüber Gedanken machen, wo am einfachsten Strom gespart werden kann. Darüber hinaus gibt der Bund auch konkrete Tipps, wie sich Firmen auf Stromlücken vorbereiten können. So sollen nicht nur etwaige Verantwortlichkeiten im Notfall geklärt werden.
Es geht aber auch um ganz praktische Dinge. Im BWL-Ratgeber heisst es etwa: «Stellen Sie sicher, dass elektrische Türen mechanisch zu öffnen und leicht wieder zu schliessen sind», oder: «Halten Sie Dieselgabelstapler oder Handgabelhubwagen als Alternative zu Elektrostaplern bereit.» Zudem soll bei Gebäudesanierungen «die Abhängigkeit von der Stromversorgung» verringert werden, um so die Auswirkungen von Stromunterbrüchen und Strommangellagen zu vermindern. Das zum Beispiel mit zahlreichen Quellen für Tageslicht.
Und auch falls der Strom ausfällt, gibt es Tipps vom Bund: «Öffnen Sie Kühllager so wenig und so kurz wie möglich.»
Bund: Sparappell, Netzabschaltungen
Der Bund hat mehrere Möglichkeiten, darauf zu reagieren. In einem ersten Schritt werden wir alle dazu aufgefordert, freiwillig Strom zu sparen. Falls dies nicht reicht, dürfen gewisse Dinge, etwa Rolltreppen oder grosse Leuchtwerbungen nicht mehr betrieben werden. Diese Massnahme birgt zwar nur begrenzt viel Einsparpotenzial. Aber sie hat eine andere Funktion. Sie sei «für die Bewirtschaftungsdisziplin der Bevölkerung von grosser psychologischer Bedeutung. Sie verdeutlicht für jedermann, dass sich das Land in einer Ausnahmesituation befindet», heisst es beim BWL.
In einem nächsten Schritt würde der Stromverbrauch von grossen Firmen kontingentiert, und erst im letzten Schritt geht es darum, dass ganze Regionen für mehrere Stunden vom Netz genommen werden. Dabei ist es Ziel, die Regionen jeweils alternierend vom Strom zu trennen. Dies, um genügend Strom einzusparen, um Netzzusammenbrüche zu verhindern.
Die einzelnen Massnahmen würden gestaffelt in Kraft gesetzt. Je nach Schwere der Mangellage ist es denkbar, dass der Appell zum Stromsparen bereits ausreicht, um das Problem zu beheben. Für alle weiteren Massnahmen muss der Bundesrat entsprechende Verordnungen ausgeben. Diese sind für den Fall der Fälle bereits als Entwurf vorbereitet und würden auf die jeweilige Situation angepasst in Kraft gesetzt.
Wie realistisch eine solche Eskalation überhaupt ist, ist schwierig zu sagen. Das Risiko, dass eine Strommangellage eintritt, ist laut der Ostral – der Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen – «real und gross».
Das hat gute Gründe. Der Ausbau der Erneuerbaren kommt zu wenig schnell vorwärts, gleichzeitig gibt es Probleme mit dem Import von Strom. Denn auch im Ausland werden AKW abgestellt, zudem steigt Deutschland aus der Kohle aus.
Dazu kommt: Die Schweiz hat kein Stromabkommen mit der EU, was die Sache zusätzlich verkompliziert. Auf der anderen Seite darf man aber eines nicht vergessen: Die EU hat durchaus Interesse daran, dass das Netz in der Schweiz stabil ist, also genügend Strom vorhanden ist. Zudem hat die Schweiz mit ihren Pumpspeicherkraftwerken wichtige Anlagen für den ganzen Strommarkt in Europa. Und die wichtigste Stromverbindung nach Italien führt durch die Schweiz.
Damit eine Mangellage tatsächlich eintritt, ist realistischerweise nicht ein einzelnes Ereignis die Ursache. Sondern das Zusammenspiel von mehreren Faktoren. So etwa wenn die Stände der Schweizer Stauseen tief sind, gleichzeitig AKW ausfallen und eine Kältewelle den Strombedarf in ganz Europa in die Höhe treibt.
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