Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Klimaschutz in der Schweiz
Ohne Verbot von neuen fossilen Heizungen geht es nicht – sagen die Kantone

Öl zum Heizen: Ab 2030 soll der Einbau neuer Anlagen nur noch im Ausnahmefall möglich sein. 
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Die Deadline steht. Spätestens ab 2030 dürfen Öl- und Gasheizungen nur noch im absoluten Ausnahmefall eingebaut werden – nicht nur in neuen Häusern, sondern auch in bestehenden. Hauseigentümer, die eine fossile Heizung auswechseln, müssen also auf ein Heizsystem umsatteln, das mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Verbleibende fossile Heizungen sollen spätestens ab 2050 nur noch mit erneuerbaren Brennstoffen betrieben werden. 

So plant es die Konferenz Kantonaler Energiedirektoren (EnDK). Das Gremium besteht aus jenen 26 Regierungsräten, die in ihren Kantonen für den Energiebereich zuständig sind. Ihre Vorschläge haben also Gewicht. Die EnDK will den Schweizer Gebäudepark bis spätestens 2050 klimaneutral machen. Das faktische Verbot fossiler Heizungen ist Teil einer Gesamtrevision der energierechtlichen Mustervorschriften für die Kantone, die sich beim Schreiben ihrer Gesetze daran orientieren sollen.  

Verbote im Klimaschutz? 2021 hatte die Stimmbevölkerung das neue CO₂-Gesetz abgelehnt – und damit Verschärfungen, die weniger weit als Verbote gehen, etwa höhere Benzinpreise oder eine Flugticketabgabe. Handeln die Energiedirektoren also gegen den Volkswillen? Nein, findet der stellvertretende EnDK-Generalsekretär Olivier Brenner. Er verweist auf eine Volksabstimmung jüngeren Datums: das Klimaschutzgesetz, das die Bevölkerung diesen Juni gutgeheissen hat. 

Dieses Gesetz enthält CO₂-Reduktionsziele unter anderem für den Gebäudesektor. Dessen CO₂-Ausstoss liegt heute bei 11 Millionen Tonnen pro Jahr und damit 30 Prozent unter dem Wert von 1990. Bis 2040 soll die Reduktion gemäss Gesetz mindestens 82 Prozent betragen, bis 2050 deren 100. «Will man diese Ziele erreichen, dürfen fossile Heizungen, die ihr Lebensende nach etwa 20 Jahren erreichen, ab 2030 nur noch in klar definierten Ausnahmen eingebaut werden», sagt Brenner. 

Die Klausel gilt bei «wirtschaftlicher Unzumutbarkeit» – dann also, wenn das Heizsystem mit erneuerbarer Energie über seine gesamte Lebensdauer hinweg 25 Prozent mehr kostet als die fossile Alternative. In diesem Fall aber müssen die Hauseigentümer ihr Gebäude entweder besser dämmen, sodass der Heizbedarf um 20 Prozent sinkt. Oder sie müssen 20 Prozent des Heizbedarfs mit erneuerbaren Energien decken. 

Lob von linker Seite 

Die Vorschläge gehen nun in die Konsultation und sollen im Frühling 2024 verabschiedet werden. Danach, so die Energiedirektoren, sei es an den Kantonen, die Vorgaben in ihre kantonalen Energiegesetze zu übernehmen. Ob die Kantone die Schraube anziehen werden, obliegt ihnen. Erste Kantone haben es beim Heizungsersatz bereits getan: Zürich, Basel-Stadt, Genf, Neuenburg und Glarus. 

Doch der Plan der Energiedirektoren ist umstritten. Der Hauseigentümerverband Schweiz (HEV) lehnt das geplante Verbot ab. Vor der Abstimmung über das Klimaschutzgesetz hatte er kritisiert, die Vorlage werde von ihren Befürwortern aus taktischen Gründen verharmlost. Dabei sei immer klar gewesen, dass die im Gesetz fixierten CO₂-Reduktionsziele zu harten staatlichen Interventionen führen würden, sagt Direktor Markus Meier. «Wer etwas anderes geglaubt hat, sieht sich spätestens jetzt eines Besseren belehrt.» 

Auch die SVP hatte gewarnt und die Vorlage als «Wolf im Schafspelz» bezeichnet. Nationalrat Christian Imark hält es für «bezeichnend», dass die Befürworter des Klimaschutzgesetzes, die stets beteuert hätten, es brauche keine neuen Verbote, nun als Erstes just mit neuen Verboten daherkämen. 

Links-grüne Politiker dagegen begrüssen die Vorschläge der Energiedirektoren. Einen Verstoss gegen den Volkswillen sehe er nicht, sagt etwa SP-Nationalrat Roger Nordmann. Die Vorschläge würden sich im Gegenteil gut mit dem Klimaschutzgesetz ergänzen. Auch bleibe die demokratische Mitsprache gewahrt: Die Kantonsparlamente könnten die Vorschläge der Energiedirektoren diskutieren, es bestehe die Möglichkeit, auf Kantonsebene das Referendum zu ergreifen.

Neues CO₂-Gesetz umstritten 

Der Klimaschutz kommt nun auch in der bevorstehenden Herbstsession aufs Tapet. Anlass gibt die Neuauflage des 2021 gescheiterten CO₂-Gesetzes. Die Vorlage enthält keine neuen oder höheren Abgaben. Vielmehr setzt sie auf Anreize und Subventionen in Milliardenhöhe für mehr Klimaschutz. Der Bundesrat will so die CO₂-Emissionen der Schweiz bis 2030 gegenüber 1990 halbieren, bis jetzt sind knapp 20 Prozent geschafft. 

An den grossen Linien der bundesrätlichen Vorlage hält die vorberatende Kommission des Ständerats fest, wie sie am Freitag bekannt gegeben hat. Im Detail bleiben aber diverse Punkte umstritten. So etwa die Frage, wo die CO₂-Reduktion erfolgen soll. Der Bundesrat schlägt vor, zwei Drittel im Inland und den Rest mit CO₂-Kompensationsprojekten im Ausland zu erzielen. Die Kommission folgt diesem Antrag, mit 6 zu 5 Stimmen aber nur sehr knapp. Eine Minderheit beantragt einen Inlandanteil von 75 Prozent. Der WWF Schweiz kritisiert, es gebe gegenwärtig kein anderes Land, das seine Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen mit prozentual so viel ausländischen Kompensationsprojekten erfüllen wolle wie die Schweiz. 

Das Beispiel gibt einen Vorgeschmack auf die bevorstehende Debatte in der kleinen Kammer: Es wird um jedes Detail hart gerungen werden.