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Bundeskasse entlasten
Arbeitgeber sollen sich an Kita-Kosten beteiligen

Kinder spielen im Kita der Baugenossenschaft Frohheim Zuerich (BGF) am 9. Juli 2020 in Zuerich. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
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Berufstätige Eltern in der Schweiz sind oft auf Kindertagesstätten – Kitas – angewiesen. Auch wenn bei vielen Familien die Grosseltern mithelfen und die Eltern ihre Arbeitspensen reduzieren. Allerdings gilt die Betreuung in einer Kita hierzulande im internationalen Vergleich als teuer – selbst wenn man das hohe Preisniveau in der Schweiz berücksichtigt. Zu diesem Schluss kommen verschiedene Studien. Ein Vollzeit-Krippenplatz macht in der Schweiz durchschnittlich 27 Prozent eines mittleren Einkommens aus.

Politikerinnen und Politiker wollen darum ins System eingreifen. Zum Beispiel mit der parlamentarische Initiative «Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung» der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats. Sie verfolgt das Ziel, Eltern finanziell zu unterstützen, wenn sie ihre Kinder familienextern betreuen lassen.

Konkret: Der Bund soll 20 Prozent der Elternbeiträge für Kitas übernehmen. Der Arbeitgeberverband hatte die Vorlage befürwortet und sprach von einem «Meilenstein bei externer Kinderbetreuung». 

So bleiben mehr Mütter erwerbstätig

Aber jetzt grätscht die ständerätliche Bildungskommission dazwischen. Diese Woche stellt sie ein neues, ganz anderes Modell vor: Eltern sollen, unabhängig vom eigenen Beschäftigungsgrad, eine Betreuungszulage erhalten für Kinder, die sie in einer Kindertagesstätte betreuen lassen. Und zwar im Rahmen des Vollzugs des Familienzulagengesetzes, also parallel zu den Kinderzulagen. Bezahlen sollen das die Unternehmen, die heute auch die Familienzulagen über Lohnprozente finanzieren. 

Die Details der Vorlage sind noch nicht öffentlich, aber der Gedanke dahinter ist: Auf diese Weise bleiben mehr Eltern – vor allem Mütter – erwerbstätig. SVP-Ständerat Jakob Stark sagt: «In Zeiten des Fachkräftemangels ist es für die Wirtschaft von grosser Bedeutung, dass Mütter und Väter erwerbstätig bleiben, es ist deshalb gerechtfertigt, dass sich die Unternehmen finanziell bei den Kitas engagieren.»

So sieht es auch Mitte-Politiker Benedikt Würth, der als Urheber des ständerätlichen Kita-Modells gilt: «Die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie führt zu einer höheren Erwerbsquote. Daran hat die Wirtschaft ein unmittelbares Interesse.» Im Übrigen sei es auch denkbar, dass die Kantone in der Umsetzung eine Arbeitnehmerbeteiligung oder eigene Beiträge zur Finanzierung der Betreuungszulage vorsehen. Eine Mehrheit der Kommission befürchtete, dass in den Kantonen sehr aufwendige Strukturen für die Implementierung aufgebaut werden müssten, sollte ein Bundesbeitrag eingeführt werden.

Bund soll zahlen? Unrealistisch!

Der ständerätliche Vorschlag kommt allerdings beim Arbeitgeberverband nicht gerade gut an. Dessen Chefökonom Simon Wey sagt: «Wir sehen das Angebot von genügend finanzierbaren Kinderbetreuungsplätzen als eine Aufgabe des Staates, genauso wie etwa das Angebot von Schulen.»

Wey fordert ausserdem, nur jene Eltern finanziell zu entlasten, die ihr Kind institutionell betreuen lassen – und zwar im Verhältnis zu den Arbeitspensen.

Somit geht das Ringen um die Kita-Finanzierung weiter. Klar ist: Mit dem Vorschlag der Ständerätinnen und Ständeräte sollen die Bundesfinanzen geschont werden. Denn die ursprüngliche nationalrätliche Vorlage hätte den Bund rund 710 Millionen Franken jährlich gekostet, wie der Bundesrat ausgerechnet hat.

Mitte-Politiker Würth ist überzeugt: «Man kann den Bund finanziell nicht zu einer Milliarde Mehrausgaben verpflichten für eine Aufgabe, für die er nicht zuständig ist.» Das sei «völlig unrealistisch». Er quittiert die Lösung des Nationalrats als «nicht mehrheitsfähig». SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen widerspricht: «Eine Massnahme als unrealistisch zu bezeichnen, die im Nationalrat eine deutliche Mehrheit erreicht hat, überzeugt mich nicht.» Eine gute externe Kinderbetreuung sei ein Gewinn für Kinder, Familien und Wirtschaft. Die Politikerin ist überzeugt: «Die Kosten der Kinderbetreuung sind in der Schweiz zu hoch, zusätzliche Arbeitspensen lohnen oft nicht, Investitionen der öffentlichen Hand fliessen doppelt zurück, es braucht auch einen Bundesbeitrag.»

Der neue Vorschlag geht nun in die Vernehmlassung. Weil sich ein langer Weg abzeichnet, dürfte sich die Übergangsfinanzierung nochmals verlängern. Das heisst, Eltern erhalten weiterhin Bundesbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung bis zum Inkrafttreten eines neuen Kitagesetzes oder bis spätestens Ende 2026.