Aufnahmen vom Roten PlanetenKeine Liveschaltung zum Mars
Im Homeoffice friert das Zoombild ein, aber vom Mars kann man Videos schauen? Der Eindruck täuscht – auch die Kommunikation mit dem Rover Perseverance hat ihre Tücken.
Für einen kleinen Roboter auf einem fernen Planeten ist Perseverance ziemlich fleissig. 6395 Fotos hat der US-Rover, der am 18. Februar auf dem Mars gelandet ist, schon zur Erde gefunkt – und täglich werden es mehr. Er hat Panoramabilder geschickt, Videos und Töne. Er hat die Ingenieure jedoch auch Nerven gekostet. Denn wer mit dem Mars kommunizieren will, braucht vor allem eines: Geduld.
Das Unterfangen erinnert ein bisschen an die frühen Tage des Internets. Damals, die Älteren mögen sich erinnern, wählte man sich mit einem Modem ins Netz ein. Der Kasten verhandelte erst laut piepend die Konditionen der Übertragung und erhielt dann – wenn es gut lief – seine Informationen mit 56'000 Bit pro Sekunde. Ein Bild, aufgenommen mit einem aktuellen Smartphone, würde sich bei diesem Tempo etwa zehn Minuten lang durch die Leitung quälen.
Radioschüsseln mit einem Gewicht von 3500 Tonnen
Am Mars, in 220 Millionen Kilometern Entfernung, sieht es nicht besser aus. Im Gegenteil: Die Sendeeinheit von Perseverance, einer sechseckigen, etwa 30 Zentimeter grossen beweglichen Antenne, kann Daten mit lediglich 800 Bit pro Sekunde zur Erde funken. Und das auch nur, wenn die US-Raumfahrtbehörde Nasa die grössten Empfangsantennen ihres sogenannten Deep Space Network auf den Mars richtet: Radioschüsseln mit einem Durchmesser von 70 Metern und einem Gewicht von 3500 Tonnen. Für Notfälle und für den Empfang von Kommandos aus dem Kontrollzentrum hat Perseverance zudem eine zweite starre Antenne an Bord. Sie schafft sogar nur 30 Bit pro Sekunde.
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Um nicht ewig warten zu müssen, bedienen sich die Nasa-Ingenieure daher eines Tricks: Wann immer möglich, übertragen sie Bilder und Daten ihres Rover nicht direkt zur Erde, sondern über eine Relaisstation, über eine der Raumsonden, die den Mars derzeit umkreisen. Die Sonden haben mehr Leistung und deutlich grössere Sendeantennen als ein Roboterfahrzeug, bei dem es auf jedes Gramm und jedes Watt ankommt.
Wenn die Signale über die Sonden laufen, geht es schneller
Aber auch Perseverance tut sich leichter, da in der Regel nur einige Hundert Kilometer zwischen Rover und Sonde liegen. Eine Antenne von der Grösse einer Farbdose an Bord des Rover kann somit die Kommunikation übernehmen. Sie schafft bis zu zwei Millionen Bit pro Sekunde – etwa so viel wie eine schlechte DSL-Verbindung. Ähnliche Datenraten erreichen auch Sonden wie der US-amerikanische Mars Reconnaissance Orbiter (MRO) oder der europäische Trace Gas Orbiter (TGO) bei ihrer Kommunikation mit der Erde – zumindest unter optimalen Bedingungen. Das Ergebnis kann sich jeder im Internet anschauen, ein Twitter-Bot bläst es in die Welt hinaus: «34 Megabyte in 14 Minuten, übertragen von MRO». Oder: «12,2 Megabyte von TGO, gesendet mit 811’000 Bit pro Sekunde».
Hartgesottene Fans hatten gehofft, dass Perseverance gleich nach der Landung Unmengen von Bildern zur Erde schicken würde, so wie es frühere Marsrover getan hatten.
Für die Übertragung von Videos in Echtzeit oder für Liveschaltungen zum Mars reicht das allerdings nicht, zumal die Verbindung recht wacklig ist: Um Daten übertragen zu können, muss Perseverance Sichtkontakt mit einer der Raumsonden haben, die unablässig um den Mars rasen. Nur acht Minuten stehen dafür zur Verfügung, dann ist die Sonde schon wieder hinter dem Horizont verschwunden. Zudem müssen die riesigen Antennen des Deep Space Network, die in Australien, Kalifornien und Madrid stehen, die Marssonden ins Visier nehmen können. Auch das geht nur einige Stunden pro Tag. Hinzu kommt stets die Verzögerung durch die grosse Entfernung: Das Radiosignal braucht derzeit rund zwölf Minuten vom Mars zur Erde.
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Die Technik macht allerdings Fortschritte: Der mehr als 15 Jahre alte Mars Reconnaissance Orbiter war ursprünglich nicht dafür gedacht, Daten live zu übermitteln. Er musste die Informationen der Rover stets zwischenspeichern. Dank eines Software-Updates ist es nun immerhin möglich, die vom Marsboden empfangenen Informationen in einzelnen Paketen mit nur 16 Sekunden Verzögerung zur Erde zu senden.
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An Livebilder von der Landung, wie von vielen Zuschauern erhofft, war dennoch nicht zu denken. Stattdessen trafen im Kontrollzentrum nur Töne ein, die vom Gesundheitszustand des Rover kündeten und von erfolgreich absolvierten Meilensteinen. Das Landevideo übermittelte die Nasa erst hinterher, aufgeteilt in einzelne Pakete – sehr zum Verdruss hartgesottener Fans: Die hatten gehofft, dass Perseverance gleich nach der Landung Unmengen von Bildern zur Erde schicken würde, so wie es frühere Marsrover getan hatten. Doch die ohnehin schmale Bandbreite wurde für die Übermittlung des einzigartigen Landevideos benötigt. Bild für Bild und Bit für Bit.
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