Ärger um Kinderbillette Juniorkarte ist neu mit dem Swiss Pass der Eltern verbunden
Im Frühling wurden die Papierbillette für Kinder abgeschafft. Seither ist Feuer im Dach. Doch nun lenkt die ÖV-Branche ein – und hängt die Juniorkarte den Konten der Eltern an.
Das kleine Kärtchen sorgte für viele rote Köpfe. Und es provozierte lange Diskussionen auf Ausflügen, aber auch in Diskussionsforen: Dass Kinder einen Swiss Pass zugesteckt bekommen, wenn ihre Eltern eine Juniorkarte lösen, stiess vielen sauer auf. Doch nun gibt es Aussicht auf Besserung.
Der Reihe nach: Dank der Juniorkarte reisen Kinder zwischen 6 und 16 Jahren in Begleitung von mindestens einem Elternteil sehr günstig mit dem öffentlichen Verkehr. Bloss 30 Franken kostet das Abo pro Jahr. Gültig ist es für beide Elternteile. Ein ähnliches Angebot existiert für Grosseltern, Gotten und Göttis sowie andere Begleitpersonen: Die sogenannte Mitfahrkarte ist auch für 30 Franken zu haben, allerdings pro Reiseduo. Entsprechend beliebt sind die beiden Angebote: Aktuell sind 356’000 Juniorkarten und 78’000 Kinder-Mitfahrkarten im Umlauf.
Seit dem letzten Frühling erhalten Kinder die Junior- beziehungsweise Mitfahrkarte auf einem eigenen Swiss Pass. Die Neuerung stiess bei vielen Eltern auf wenig Gegenliebe. Einige wünschten sich das vorhergehende Angebot zurück: Denn bis dahin wurde die Karte als letztes Relikt einer längst vergangenen Zeit noch auf Papier ausgestellt. Im Doppel.
Die bisherige Lösung konnte nur von Nichteltern ausgeheckt worden sein.
Das Problem mit der Karte: Die meisten jüngeren Kinder können nicht selbst auf ihren Swiss Pass aufpassen. Also steckt ein Elternteil diesen ins Portemonnaie. Wie das Leben so spielt, ist die Kinderkarte stets bei Mama, wenn das Kind mit Papa ausfährt. Oder umgekehrt. Noch komplizierter wirds bei fliegenden Kinderübergaben. Oder wenn die Eltern getrennt leben. Der Tenor bei vielen Eltern und einigen Zugbegleiterinnen und Zugbegleitern: So etwas kann nur von Nichteltern ausgeheckt worden sein. Oder zumindest von Schreibtischtätern ohne Reiseerfahrung mit Kindern.
Für einmal half auch die moderne Technik nicht weiter: In den Apps der Bahnunternehmen lassen sich zwar die eigenen Abos hinterlegen, sodass man den Swiss Pass nicht bei jeder Kontrolle aus der Tasche klauben muss – oder es zumindest nicht auf Anhieb auffällt, wenn er wieder mal zu Hause vergessen gegangen ist. Kleine Kinder haben aber keine Smartphones. Also muss das Kinderabo auf dem Gerät der Eltern abgelegt werden. Doch daran hatte man im langen Prozess der Angebotsentwicklung offenbar nicht gedacht: Pro App konnte man sich bisher nur in ein Konto einloggen.
Findige Eltern umschifften das Problem, indem sie auf ihren Smartphones mehrere ÖV-Apps installierten: etwa zusätzlich zu jener der Bundesbahnen noch die BLS- oder die Preview-App der SBB. Bei einem Kind kann man zwar so verfahren. Ab zwei wirds aber allzu umständlich.
Kinderabos im eigenen Konto
Doch nun räumt die Alliance Swiss Pass das ärgerliche Hindernis aus dem Weg, wie diese Zeitung in Erfahrung gebracht hat. Die Juniorkarte ist neu mit dem Swiss Pass der Eltern verknüpft. Wer sich auf der Swiss-Pass-Website einloggt, sieht rechts neben den Angaben zum eigenen Abo nun auch die Juniorkarten der eigenen Kinder. Dies allerdings nur, wenn diese frühestens im Frühling gelöst wurden, die Kinder also über eine eigene Plastikkarte verfügen.
Der Swiss Pass des Kindes müsse nicht mehr unbedingt mitgeführt werden, bestätigt die Alliance Swiss Pass. Die Erweiterung erfolge automatisch, die Kundinnen und Kunden brauchten nichts zu unternehmen. Gepriesen wird ein weiterer Vorteil: Die Karten können neu auch bequem von zu Hause aus erneuert werden. Bisher war dazu stets ein Gang zum Bahnhof nötig, wo man oftmals unplanbar lange wartet.
Neu wird beim Kauf das Abo auf den Swiss Pass der Kinder geladen und gleichzeitig dem Konto der Begleitperson angehängt.
In der App der Bahnunternehmen werden die Kinder-Abos derzeit noch nicht angezeigt. Trotzdem klappt alles, wie eine Nutzerin in einem Forum berichtet: Die Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter werden auf Juniorkarten hingewiesen, sobald sie den Fahrschein der Eltern vom Swiss Pass oder via die App einlesen. Auch bei jenen, die gerade solo unterwegs sind, sehen sie also stets, wer Kinder hat oder regelmässig mit Kindern unterwegs ist.
Bei der Mitfahrkarte verfährt Alliance Swiss Pass genau gleich: Beim Kauf wird das Abo auf den Swiss Pass der Kinder geladen, und gleichzeitig wird es dem Konto der Begleitperson angehängt. Besitzt diese keinen Swiss Pass, wird – wie bis anhin - unterwegs die Karte des Kindes gezeigt.
Die Lösung wurde innert weniger Monate aus dem Boden gestampft, da das neue Angebot mit dem Swiss Pass für grossen Unmut gesorgt hatte. «Wir haben die Reaktionen ernst genommen und schnell gehandelt, um eine kundenfreundlichere Lösung anzubieten», sagt Helmut Eichhorn, Geschäftsführer der Alliance Swiss Pass. Weshalb das Problem nicht vor der Einführung erkannt worden war, bleibt unklar.
Fortan haben Kinder also die Qual der Wahl: Wollen sie der Zugbegleiterin oder dem Zugbegleiter ihren eigenen Swiss Pass zeigen oder soll Mama beziehungsweise Papa das erledigen? Das ist die Frage, die in den Familienwagen in Zukunft für lebhafte Diskussionen sorgen wird.
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