Erster Auftritt bei Red BullUnd dann wird Klopp sogar noch nach Marco Odermatt gefragt
Der langjährige Erfolgstrainer stellt sich in seiner neuen Rolle beim Energy-Riesen vor. Dass er mit seinem Schritt Sympathien verspielt hat, scheint ihn nicht zu kümmern.
- Jürgen Klopp präsentiert sich erstmals als «Head of Global Soccer» von Red Bull.
- Er plant viele Reisen, um seine neue Rolle auszufüllen.
- Das Engagement folgt gut ein halbes Jahr nach seinem emotionalen Abgang beim FC Liverpool.
- Gerade in Deutschland wird Klopps Entscheidung mit Entrüstung aufgenommen.
Jürgen Klopp hat allmählich genug. Schon achtzig Minuten dauert am Dienstagnachmittag in Salzburg seine Vorstellung als «Head of Global Soccer» von Red Bull. Der Deutsche fragt jetzt: «Ist das die längste Pressekonferenz in der Geschichte Österreichs?»
Rund 150 Medienvertreter aus aller Welt sind der Einladung gefolgt, keine Frage ist für Klopp zu klein. Er muss über den ägyptischen Fussball und slowenische Fussballer reden; als der Event fast zu Ende ist, wird er sogar noch nach dem Schweizer Skistar Marco Odermatt gefragt, der auch bei Red Bull unter Vertrag steht. Nein, er habe Odermatt noch nie getroffen, antwortet der 57-Jährige. Und setzt dann zu einem seiner Klopp-Scherze an: «Aber ich bin ja auch erst seit einer Woche da. Die Promis lerne ich erst später kennen.»
So wäre es wohl noch lange weitergegangen, aber nach eineinhalb Stunden klemmt der Moderator die Veranstaltung ab. Red Bull hat bekommen, was es sich von der Verpflichtung Klopps unter anderem erhofft hat: ein weltbekanntes Gesicht, das dem Getränkehersteller aus Fuschl am See noch mehr Aufmerksamkeit verschaffen wird.
Und Klopp liefert zuverlässig. Nicht einmal für plumpe Marketingsprüche ist er sich zu schade. Einmal sagt er über seine Rolle bei Red Bull, angelehnt an den bekannten Firmenslogan: «Ich möchte den Menschen helfen, besser zu werden. Ihnen Flügel verleihen.»
So sieht Klopps neuer Job aus
Dass die Medienkonferenz mit Klopp in Salzburg stattfindet, passt. Dort stieg der Energy-Riese 2005 mit dem Kauf des örtlichen SV in den Fussball ein, bald schon folgte die Übernahme der New York Metro Stars. Seither sind neben RB Leipzig auch Clubs in Brasilien und Japan dazugekommen, vergangenes Jahr kaufte der Weltkonzern Anteile von Leeds United, aktuell Tabellenführer der 2. Liga in England. Zudem ist vor kurzem der Einstieg beim Paris FC erfolgt – an der Seite der Arnaults, die vielleicht die einflussreichste Familie Frankreichs sind. Ihr gehört das Luxusimperium LVMH. Der PFC ist noch Dritter der 2. Liga Frankreichs, aber künftig soll er zu einem echten Konkurrenten für den Stadtrivalen PSG erwachsen.
Letztes Wochenende wurde Klopp gesichtet, wie er sich ein Spiel der Pariser auf der Tribüne anschaute. Solche Besuche werden Teil seines Jobs sein. Klopp stellt sich auf viele Reisen ein, die Welt werde sein Büro sein, sagt er. In seiner neuen Rolle ist er umgeben von ihm gut bekannten Personen: Mario Gomez etwa, als Sportdirektor der Fussballsparte von Red Bull sein engster Mitarbeiter, stammt wie er aus dem Schwabenland. Zudem waren Marco Rose, Trainer in Leipzig, sowie Sandro Schwarz, zuletzt erfolgreicher Trainer in New York, seine Spieler in Mainz. Klopp nennt sie seine Freunde. Als er gefragt wird, ob es möglich sei, dass er in einer sportlichen Krise als Trainer eines der RB-Vereine einspringe, verneint er vehement.
Vielmehr sieht er sich als Sparringspartner der Sportdirektoren und vor allem der verschiedenen Trainer. Er wisse aus eigener Erfahrung, dass diese in ihren Clubs die einsamsten Mitarbeiter seien. Er will sie beraten und den Pressingfussball, den Ralf Rangnick einst geprägt hat, weiterentwickeln. Seine Aura wird zudem helfen, Talente von einem Wechsel in einen der Vereine des Unternehmens zu überzeugen. Er sei sofort fasziniert gewesen von der Aufgabe, sagt er.
Es klingt gut, was er von sich gibt. Aber von nun an wird er an seinem Einfluss gemessen. Und er wird dabei nicht mehr von einer Welle der Sympathie getragen werden wie noch in Liverpool.
Entspannen in der früheren Villa von Rolf Knie
Es ist fast genau ein Jahr her, dass er in einer emotionalen Videobotschaft ankündet, im Sommer als Trainer von Liverpool zurückzutreten. Er fühle sich nach fast neun Jahren ausgebrannt, begründet er seinen Entscheid.
Ende Saison verabschiedet er sich mit Stil aus Liverpool, fortan verbringt er viel Zeit auf Mallorca, wo er 2022 mit seiner Frau Ulla die Luxusvilla von Rolf Knie gekauft hat. Jeden Morgen um 8 Uhr erhält das Paar Besuch vom Personal Trainer, womöglich ist er deshalb nun sichtlich dünner. Ab 10 Uhr widmet sich Klopp dem Racketsport Padel, und dann «guckt er mal, was geht». So erzählt er das in seiner unvergleichlichen Art in einer empfehlenswerten Folge im Podcast der Kroos-Brüder. Klopp als Frührentner auf den Balearen – es ist ein Bild, das so gar nicht zu jenem des Trainervulkans passt, der wegen Schiedsrichtern mit den Zähnen fletschen konnte, als wäre er vom Wahnsinn getrieben.
Aber es ist auch ein Bild, das nicht lange anhält. Seit längerem versuchte Oliver Mintzlaff, Mitglied der Geschäftsführung von Red Bull, Klopp von einem Engagement zu überzeugen. Im Herbst gelingt ihm das. Und wieder sorgt ein Entscheid Klopps für viele Schlagzeilen.
Diesmal sind darunter auch etliche, die es nicht gut meinen mit ihm. «The Dosen One», twitterte der Autor Thomas Poppe; als «Normal One» stellte sich Klopp damals in Liverpool vor, in Anlehnung an José Mourinho, der sich einst bei Chelsea als «The Special One» angekündigt hatte.
Klopp schlägt Wut entgegen
Gerade in seiner Heimat Deutschland bricht ein Sturm der Entrüstung über ihn herein. Dort geniesst Klopp bis dahin mit seinen Engagements bei den Traditionsvereinen Mainz, Dortmund und Liverpool bei den Fussballromantikern Sympathien. Dass Dortmund längst kein Arbeiterverein mehr ist (Stichwort Börsengang 2000) und Liverpool seit Jahren einem amerikanischen Hedgefonds gehört, blenden diese noch aus.
Aber Traditionalisten bringt vielleicht nichts so sehr in Rage wie der Dosenkonzern, der mit seinen Millionen in Leipzig einen erfolgreichen Bundesligastandort aus dem Boden gestampft hat. Insofern fühlen sie sich von Klopp verraten. «Bist du bekloppt?», fragen die Mainzer Ultras auf einem Transparent und zeigen dabei eine erstaunliche Ignoranz. Ohne Klopp würde es den Club in dieser Form nicht geben.
Natürlich ist auch das Thema bei Klopps Vorstellung am Dienstag. Er erzählt dazu, wie er am Sonntag in Leipzig beim Spiel gegen Werder Bremen auf der Tribüne gesessen habe, umgeben von rund 47’000 Zuschauern, darunter ein Grossteil aus Leipzig. «Haben diese Leute nicht auch guten Fussball verdient?», fragt er und lässt keine Zweifel daran aufkommen, die Antwort zu kennen.
Egal, wie er seinen Entscheid erklärt, manche werden ihm diesen nicht verzeihen. Das scheint Klopp zu wissen, er sagt, man könne es nicht allen recht machen. Aber er wirkt nicht so, als kümmere ihn das.
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