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Fahrplan in der Biden-Partei
Hektische Phase bis zum Parteitag – so geht es für die Demokraten weiter

epa11490712 (FILE) - US President Joe Biden with Vice President Kamala Harris concludes his remarks during a campaign rally at Girard College in Philadelphia, Pennsylvania, USA, 29 May 2024 (reissued 21 July 2024). Joe Biden on 21 July announced on his X (formerly Twitter) account that he would not seek re-election in November 2024, and endorsed Harris to be the Democrats' new nominee.  EPA/SHAWN THEW
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Die Anzeichen, dass sich Joe Biden aus dem Rennen um die Präsidentschaft zurückziehen würde, mehrten sich. Nun hat sich der Demokrat entschieden. Seiner Partei stehen turbulente Wochen bevor, es muss eine neue Kandidatur her. Zum Abgang und zu seinen Folgen stellen sich wichtige Fragen. Hier die Antworten:

Was passiert jetzt?

Biden hatte die internen Vorwahlen seiner Parteien bereits gewonnen und sich dort die nötigen Delegiertenstimmen für den Nominierungsparteitag gesichert, der vom 19. bis 22. August in Chicago im Bundesstaat Illinois stattfinden wird. Eigentlich sollte der 81-Jährige dort offiziell als Präsidentschaftskandidat gekürt werden. Nach seinem Ausstieg aus dem Rennen sind die Delegierten in Chicago jetzt nicht mehr an den Ausgang der Vorwahl in ihrem Bundesstaat gebunden, sondern frei in ihrer Entscheidung. 

Die Demokraten dürften so kurz vor der Wahl aber kein Interesse haben, einen offenen Konkurrenzkampf mehrerer Ersatzkandidaten zu starten und den Parteitag zum Austragungsort für ein Abstimmungsdrama zu machen. Wahrscheinlicher ist, dass sie versuchen, die Partei vorab hinter einer neuen Spitzenperson zu versammeln.

Der Vorsitzende der demokratischen Parteiorganisation DNC, Jaime Harrison, hat einen «transparenten und geordneten Prozess» versprochen, um einen neuen Präsidentschaftskandidaten oder eine Kandidatin zu nominieren. Ziel sei es, jemanden ins Rennen zu schicken, der den Republikaner Donald Trump schlagen könnte, erklärte Harrison.

Wer könnte das sein?

Wäre Joe Biden als Präsident zurückgetreten, seine Nachfolgerin im Amt wäre automatisch Kamala Harris gewesen. Doch Biden unterstrich in seinem Statement, er wolle als Amtsinhaber weitermachen – weshalb die Frage offen ist, wer bei der Präsidentschaftswahl am 5. November für die Demokraten gegen Donald Trump antreten wird.

Biden hat sich in seiner Erklärung zwar für Kamala Harris ausgesprochen, das macht sie aber noch nicht zur offiziellen Kandidatin. Viel wird davon abhängen, ob sich weitere einflussreiche Demokratinnen und Demokraten für Harris aussprechen und so die Partei schnell hinter einer neuen Kandidatin einen. Harris selbst nahm wenige Stunden nach Bidens Statement den Kampf an. «Ich bin geehrt, die Unterstützung des Präsidenten zu haben, und ich beabsichtige, mir diese Nominierung zu verdienen und zu gewinnen. Wir haben 107 Tage bis zum Wahltag. Gemeinsam werden wir kämpfen – und gemeinsam werden wir gewinnen.»

Harris ist die erste Frau und die erste Schwarze, die den Eid als US-Vizepräsidentin abgelegt hat. Ihr Vater wanderte einst aus Jamaika ein, um Wirtschaft zu studieren. Ihre Mutter, eine Krebsforscherin und Bürgerrechtlerin, kam aus Indien. Die Demokraten bräuchten gute Gründe, Harris einfach zu übergehen. Ausserdem ist sie durch ihre Rolle bekannt, sie hat alle Checks für das Weisse Haus bereits durchlaufen und sie könnte wohl auf den Wahlkampfapparat und vermutlich auch auf gesammelte Spenden von Biden zugreifen, weil sie als Vize schon Teil von dessen Wiederwahlkampagne ist. Nun muss sie noch einen Vizekandidaten an ihre Seite stellen. Die 59-Jährige galt in ihrem Amt lange als blass und hatte mit schlechten Umfragewerten zu kämpfen.

Kommt es zur Kampfabstimmung am Parteitag?

Das erwarten angesichts der Dynamik des Sonntags nur noch die wenigsten – sehr viele hochrangige Demokratinnen und Demokraten haben sich bereits für Harris ausgesprochen, darunter Hillary und Bill Clinton. Aber ob mit oder ohne Gegenkandidaten: Harris braucht die absolute Mehrheit der insgesamt mehr als 3900 Delegierten, die bei der DNC in der ersten Runde abstimmen werden, um die offizielle Kandidatin der demokratischen Partei zu werden. Verfehlt sie diese Mehrheit, stimmen in der nächsten Runde auch die mehr als 700 Superdelegierten mit – hochrangige Demokraten wie Kongressabgeordnete, Senatoren, Gouverneure oder Mitglieder des Democratic National Committee.

Gäbe es noch Alternativen zu Harris?

Neben Harris fielen zuletzt am häufigsten die Namen Gavin Newsom und Gretchen Whitmer. Newsom (56) ist Gouverneur des mächtigen Bundesstaats Kalifornien. Er hat sich national einen Namen gemacht und intensiv an seinem Profil gearbeitet, zuletzt unter anderem mit viel beachteten Auslandsreisen. 

Whitmer (52) ist Gouverneurin von Michigan und gilt seit längerem als aufstrebende Kraft in der Partei. Vor der Wahl 2020 hatte Biden sie als seine Vize in Erwägung gezogen. US-Medien zufolge sollen beide intern klargemacht haben, dass sie als mögliche Vize für Harris nicht zur Verfügung stehen.

Was ist mit dem «Roll Call Vote»?

Um die Diskussion über Bidens Fitness zu beenden, hatte sich die demokratische Partei erst vor wenigen Tagen ein ungewöhnliches Vorgehen überlegt. Über seine Nominierung sollte nicht erst am Parteitag in Chicago abgestimmt werden. Die Delegierten sollten vielmehr in einem sogenannten «Roll Call Vote» bereits Anfang August mittels virtueller Abstimmung die Nominierung Bidens zum Präsidentschaftskandidaten dingfest machen; ein Verfahren, das selbst unter Demokraten nicht unumstritten war. Ob es diese virtuelle Vorabstimmung immer noch geben wird, war so kurz nach Bidens Verzichtserklärung nicht klar. Der Kandidatin Harris könnte solch eine frühe Abstimmung allerdings helfen, weil sie verhindern würde, die Entscheidung vier Wochen lang – bis zum Beginn des Nominierungsparteitags – aufzuschieben. Potenzielle Gegenkandidaten hätten praktisch keine Zeit, sich in Stellung zu bringen.

Was sagen die Umfragen für Harris?

Glaubt man den Umfragen, die in den USA traditionell grossen Einfluss in der medialen Berichterstattung haben, so liegt Kamala Harris nicht weiter zurück hinter dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump als Joe Biden. Laut «Washington Post» liegt Trump derzeit bei elf unterschiedlichen Umfragen im Durchschnitt etwa 1,9 Prozentpunkte vor Biden. Vor Harris betrage sein Vorsprung lediglich 1,5 Prozentpunkte. Doch diese Umfragen haben nach Joe Bidens Verzichtserklärung (und seiner gleichzeitigen Unterstützung für Harris) noch mal mächtig an Aussagekraft eingebüsst. In der bislang (bereits millionenfach) ausgestrahlten Wahlwerbung spielte selbstverständlich Biden die Hauptrolle – und nicht Harris. Das wird sich schnell ändern.

Was sagen die Geldgeber?

Sollte Harris die Nominierung für sich entscheiden, kommt auf sie und auf die Demokratische Partei nun die Aufgabe zu, den Wählerinnen und Wählern klarzumachen, wieso sie für die Demokratin stimmen sollen und nicht für Trump. Die Unterstützung vieler demokratischer Grossspender hat sie nach Angaben der «New York Times» schon. Reed Hastings, Netflix-Chef und einer der grössten Geldgeber der Demokraten, schrieb der «Times» zufolge: «Wir haben wieder Hoffnung. […] Danke, Joe Biden.»

 

DPA/sz.de/cpm