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Nach Ja zu UBS-Hochhaus in Altstetten
Jetzt erhält auch Zürich ein Gebäude des japanischen Stararchitekten

VENICE, ITALY - MAY 13: Architect Kengo Kuma attends the opening of the exhibition “Kengo Kuma: Onomatopoeia Architecture” at ACP-Palazzo Franchetti during the 18th International Architecture Exhibition – La Biennale di Venezia. The exhibition is sponsored by Qatar Creates on May 13, 2023 in Venice, Italy. (Photo by Simone Padovani/Getty Images for Qatar Creates)
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Leuchtturmprojekt für die einen, Spektakelarchitektur für die andern: Am geplanten Bürohochhaus der UBS beim Bahnhof Altstetten scheiden sich die Geister. Doch seit Sonntag steht fest: Der 108 Meter hohe Büroturm kann gebaut werden. Die Stadtzürcher Stimmbevölkerung hat sich mit deutlichem Mehr für den Gestaltungsplan ausgesprochen und dem Referendum der Jungen Grünen eine Absage erteilt.

Das neue Hochhaus mit Holz-Beton-Konstruktion wird nach den Plänen von Kengo Kuma & Associates und Itten+Brechbühl AG realisiert.

Das Projekt berücksichtige erhöhte Anforderungen an den Bau und die Freiraumgestaltung, heisst es auf der Projektwebsite. Als Architekt mit internationaler Strahlkraft kombiniere Kengo Kuma die japanische Holzbau-Tradition mit Themen der Nachhaltigkeit und Konzepten neuer Arbeitsformen.

Victoria & Albert Museum, Dundee, Scotland.

Pressebild via Architekturbüro von Kengo Kuma

Der mittlerweile 70-jährige Kengo Kuma hat mit zahlreichen eigenwilligen Bauten in den vergangenen Jahren international für Aufsehen gesorgt. Zu seinen bekanntesten Werken gehören etwa das Victoria & Albert Museum in Dundee (2018), das Japanische Nationalstadion in Tokio für die Olympischen Sommerspiele 2020, das Einkaufszentrum Exchange in Sydney (2019) oder auch aktuelle Projekte wie der Bahnhof Saint-Denis-Pleyel bei Paris (2024) oder das erst kürzlich eröffnete Keramikmuseum Yixing in China.

«Offenheit, Ruhe, Eleganz»

In der Schweiz hat Kuma bisher nur wenige Bauten realisiert, so etwa 2016 ein Gebäude für die EPFL in Lausanne und 2021 ein Wohn- und Geschäftshaus in Vals GR.

Haus Balma, Vals, Switzerland
The Exchange, Sydney, Australia

Pressebild via Architekturbüro von Kengo Kuma

Japanische Tradition im 21. Jahrhundert

Kumas erklärtes Ziel ist es, die Tradition japanischer Baukunst wiederzubeleben und diese Traditionen für das 21. Jahrhundert neu zu interpretieren.

Wie beurteilen andere Architekten die Arbeit des Japaners?

Für den bekannten Schweizer Architekten und Universitätsprofessor Roger Boltshauser zählt Kengo Kuma zu den bedeutendsten Architekten Japans. «Seine Bauten strahlen grosse Offenheit, Ruhe und Eleganz aus, deren Ursprung in einer profunden Kenntnis der japanischen Bautradition liegt», sagt Boltshauser auf Anfrage.

Kumas Gespür und Respekt für den Ort, für den er baut, und für seine Geschichte, zeige sich stets auch in der Verwendung von Naturmaterialien, oft aus der unmittelbaren Umgebung seiner Bauten, die er in völlig neue, ungewohnte Strukturen überführe. Licht und Weichheit seien Teil seiner Architektur, aufgelöste Holzkonstruktionen oder gefaltete Dächer, die aussehen wie aus Papier, verliehen seinen Bauten «eine ungewohnte Leichtigkeit», sagt Boltshauser.

Paris, Metro M14 Station St-Denis Pleyel, Architekt Kengo Kuma, 2024 // Paris, Metro M14, St-Denis Pleyel Station, Architect Kengo Kuma, 2024 *** Paris, Metro M14 Station St Denis Pleyel, Architect Kengo Kuma, 2024 Paris, Metro M14, St Denis Pleyel Station, Architect Kengo Kuma, 2024

«Poetische Holzkonstruktionen»

Sein sparsamer Materialeinsatz basiere auf einem tiefen Wissen und jahrzehntelangem Erforschen nachhaltiger Baustoffe, die er durch innovative Anwendungen immer wieder auf die Probe stelle und so zu neuen Erkenntnissen gelange.

Kuma ist laut Boltshauser bekannt für seine «poetischen und überraschenden Holzkonstruktionen» und seine langjährige Auseinandersetzung mit dem «urbanen Potenzial des Materials», lange bevor das Bauen mit Holz auch in den Städten zur Normalität im Sinne der Nachhaltigkeit geworden sei.

Auch Momoyo Kaijima, Professorin für Architectural Behaviorology an der ETH Zürich, zählt Kengo Kuma zu den einflussreichsten Architekten, der die Diskussion über die japanische Baukultur anführe. Seine flexible Art sowie seine Offenheit würden von der Baubranche und von politischen Akteuren gleichermassen begrüsst.

TOKYO, JAPAN - 2019/12/15: A view of Japanese architect Kengo Kuma's National Stadium in Shinjuku, the centerpiece of Tokyo's Olympic and Paralympic facilities.
The New National Stadium has distinctive wooden lattice framework and design which blends ultra-modern and traditional Japanese architectural techniques, including 70,000 cubic feet of larch and cedarwood, symbolically taken from all of Japan's 47 prefectures. (Photo by Tanja Houwerzijl/SOPA Images/LightRocket via Getty Images)

Längst sind auch Prominente auf den Stararchitekten aufmerksam geworden. Laut Medienberichten hat Reality-TV-Star und Influencerin Kim Kardashian Kengo Kuma mit der Gestaltung eines ihrer neuen Anwesen beauftragt.

Junge Grüne: Lieber ein Wohnhaus

Etwas zurückhaltender beurteilen die Jungen Grünen den hochgelobten Architekten. Grünen-Gemeinderat Martin Busekros weist darauf hin, dass Kuma in seiner philosophischen Auseinandersetzung mit Architektur die Notwendigkeit der Eingebundenheit der Gebäude in die Umgebung betone. Somit scheine es auch in seinem Sinne zu sein, dass die Stimmbevölkerung sich «pro» oder «anti» sein Projekt stellen konnte. Für die Junge Grünen sei der UBS-Büroturm in Zürich eher ein «Anti-Objekt», sagt Busekros. Denn er werde der Stadt mehr schaden als nützen. In Zürich gebe es ein Überangebot an Büroplätzen und einen Mangel an Wohnungen.

«Über ein Aufstockungsprojekt von Kuma bei einem Wohnhaus würden wir uns freuen», sagt Busekros.

Viel Holz, viele Solarpanels: So soll das Hochhaus in Altstetten dereinst aussehen.