Onlineangriffe auf Jess PhillipsFür Elon Musk ist sie «die böse Hexe» Westminsters
Die englische Politikerin Jess Phillips findet sich im Kreuzfeuer übelster Internet-Attacken – und fürchtet um ihre Sicherheit.
- Elon Musk hat Jess Phillips auf X wüst beschimpft.
- Die Labour-Politikerin fürchtet nach Anschuldigungen und Drohungen im Internet um ihre Sicherheit.
- Phillips hat sich seit Jahren für den Schutz von Frauen und Mädchen engagiert.
Für Elon Musk ist sie «die böse Hexe» Westminsters. Jess Phillips, hat der X-Boss den 240 Millionen Nutzern seines Netzes erklärt, rechtfertige schliesslich den reinsten «Vergewaltigungs-Völkermord» in England. Die Frau gehöre ins Gefängnis, und zwar sofort.
Was «die Hexe» wirklich verdient habe, suchen ihr mittlerweile namenlose Zeitgenossen in grosser Zahl deutlich zu machen. Die Labour-Politikerin, die seit Juli vorigen Jahres Staatssekretärin im Innenministerium mit Verantwortung für den Schutz von Frauen und Mädchen ist, findet sich im Kreuzfeuer übelster Internet-Attacken wieder. Sie selbst räumt ein, dass sie um ihre Sicherheit fürchtet.
Die 43-jährige Politikerin aus Birmingham ist seit langem die prominenteste Wortführerin politischer Bemühungen um mehr Schutz für Frauen und Mädchen auf der Insel. Im September 2016, ein Jahr nach ihrem Einzug ins Parlament, wurde sie zur Vorsitzenden der Frauen-Gruppe in der Labour-Fraktion gewählt.
Musk: «Vergewaltigungs-Völkermord-Apologetin»
Im selben Jahr hatte sie, nach Bekanntwerden vieler Hundert sexueller Übergriffe in der Neujahrsnacht in Köln und dem anfänglich geringen Interesse der dortigen Behörden, nüchtern erklärt, solche Übergriffe fänden auf der Hauptstrasse von Birmingham «jede Woche» statt.
Seit 2021 verliest sie jedes Jahr im Unterhaus die lange Liste der bekannt gewordenen Namen aller Frauen, die im Vorjahr von Männern getötet wurden. Auch dieser Auftritt hat ihr viel Aufmerksamkeit eingebracht. Ausgerechnet diese langjährige Aktivistin für mehr Sicherheit von Frauen hat Musk nun als «Vergewaltigungs-Völkermord-Apologetin» beschimpft.
Begründet hat der Trump-Vertraute dies mit einer Entscheidung Phillips’ vom letzten Oktober. Damals hatte die Staatssekretärin einen Antrag der Stadt Oldham nach einer erneuten nationalen Untersuchung der sogenannten «Grooming Gang»-Verbrechen abgelehnt, bei denen seit Beginn des Jahrhunderts Tausende oft extrem junger Mädchen in englischen Städten von Banden sexuell missbraucht worden waren.
Untersuchung der «Grooming Gang»-Verbrechen abgeschlossen
Stattdessen riet Phillips der Stadt, eine eigene, lokale Untersuchung einzuleiten, wie sie mit gutem Erfolg bereits von anderen Städten ausgerichtet wurde. Den gleichen Bescheid hatte Oldham bereits vor zwei Jahren Phillips’ konservative Vorgängerin im Amt erteilt.
Im Übrigen war eine grosse nationale Untersuchung der «Grooming Gang»-Hintergründe 2022 unter Leitung von Professorin Alexis Jay abgeschlossen worden. Die Empfehlungen der Jay-Kommission wurden allerdings nie in die Tat umgesetzt.
Auch Jay kam deshalb jetzt zum Schluss, dass eine nochmalige Untersuchung keinerlei Sinn habe auf nationaler Ebene. Sie gab Phillips in dieser Frage recht.
Diese fand es unterdessen kurios, dass jemand wie Elon Musk sich für das praktische Vorgehen bei der weiteren Verhinderung von Gewalt gegen Mädchen und Frauen in Grossbritannien überhaupt interessieren könne. Der Mann wisse doch «absolut nichts über das Thema, von dem er redet», sagte sie.
Einen möglichen Grund dafür, dass Musk Phillips jetzt so brutal attackierte, sehen seine Kritiker darin, dass die Britin sich bereits im Sommer öffentlich von X lossagte, als Musk anlässlich der Strassenkrawalle in England erste Falschmeldungen verbreitete und der radikalen Rechten auf seiner Plattform ein globales Podium bot.
Offenbar hatte Jess Phillips damals den speziellen Zorn des X-Eigners auf sich gezogen, als sie erklärte, selbst als ehemalige «Twitter-Besessene» habe sie jetzt «genug» von X. Natürlich, fügte sie hinzu, habe Elon Musk «jedes Recht», seinen Ansichten über die britische Politik als Privatbürger Ausdruck zu geben: «Aber wo er als kommerzieller Operateur buchstäblich die Art und Weise kontrolliert, in der wir Dinge wahrnehmen, führt er uns auf sehr viel gefährlicheres Territorium.»
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