Fed-Chef am Notenbank-GipfelJerome Powell sieht keinen Grund für eine Schubumkehr
Am virtuellen Treffen von Jackson Hole hat der US-Notenbankchef die Inflationsgefahr heruntergespielt. Eine Reduktion der Geldschwemme sei 2021 dennoch möglich.
Kein anderes Thema hat an den Kapitalmärkten weltweit in einem Ausmass interessiert wie die Rede von Jerome Powell, dem Chef der US-Notenbank Fed, am Notenbanker-Treffen von Jackson Hole. Anders als einst hoffnungsfroh geplant, fand das Treffen allerdings nicht wie üblich im Bergort im US-Bundesstaat Wyoming statt, sondern wie schon im letzten Jahr nur virtuell. Doch was hat Powell gesagt, und was bedeutet es für die USA, die Kapital- und Währungsmärkte, Europa und die Schweiz?
Keine nachhaltige Inflationsgefahr
Der grösste Teil der rund 20 Minuten dauernden Rede hat der Fed-Chef der Inflation in den USA gewidmet. Gemäss offizieller Messung belief sich die Teuerung im Juli im Vergleich zum Vorjahr auf 5,4 Prozent. Das ist ein deutlich grösserer Preisanstieg als in anderen entwickelten Ländern. In der Eurozone stieg das Preisniveau in der gleichen Zeit um 2,2 Prozent und in der Schweiz um 0,7 Prozent.
Die stark erhöhten Preise in den USA haben jüngst der Forderung nach einer weniger expansiven Geldpolitik Anschub verliehen. Das historisch einmalige Ausmass der Geldschöpfung in den USA seit der Corona-Krise zeigt sich in der Bilanz der Notenbank, die von bereits hohen 4100 Milliarden Dollar Anfang 2020 auf 8300 Milliarden gestiegen ist – mehr als das Doppelte.
Powell versicherte seinen Zuhörern erneut, bei der hohen Teuerung handle es sich um ein vorübergehendes Phänomen, da sie sich auf einige wenige Gütergruppen konzentriere. Der Preisdruck lasse zudem bereits wieder nach, und verschiedene Erhebungen würden zeigen, dass die Erwartungen zur langfristigen Inflation stabil geblieben seien und nicht über dem vom Fed angestrebten Inflationsziel von 2 Prozent lägen.
Damit meint Powell, dass nicht mit einer Lohn-Preis-Spirale zu rechnen sei, bei der die Inflation zu höheren Salärforderungen führt, was wiederum Kosten und Preise weiter in die Höhe treibt.
Die Bedeutung für die Geldpolitik
Aktuell pumpt die US-Notenbank jeden Monat 120 Milliarden US-Dollar mittels Anleihenkäufen in die Wirtschaft. Die Finanzgemeinde war vor allem daran interessiert, ob Powell eine deutliche Aussage dazu machen würde, wann er diese Käufe zumindest reduzieren will.
Powells Relativierung der Inflationsgefahr hat jedoch erneut klar gemacht, dass er kein Freund einer baldigen Schubumkehr beziehungsweise eines baldigen Endes der gegenwärtigen Politik ist. Zum weiteren Vorgehen blieb er daher vage. Letztlich erklärte er aber, dass es bei einer weiteren Verbesserung der Beschäftigungssituation in den USA «angemessen sein könnte», noch im laufenden Jahr das Ausmass der Anleihenkäufe zu reduzieren.
Doch Powell hat deutlich gemacht, dass selbst eine solche Reduktion auf keinen Fall als Signal für einen baldigen Zinsanstieg gewertet werden dürfe. Die Leitzinsen des Fed befinden sich seit dem Höhepunkt der Corona-Krise nur bei knapp über 0 Prozent. Für einen Zinsanstieg müsste sich die Beschäftigungslage laut Powell deutlich weiter verbessern, die Inflation müsste für einige Zeit knapp über 2 Prozent liegen.
Die Reaktion an den Kapital- und Währungsmärkten
Das erneute Bekenntnis zu einer fortgesetzt extrem expansiven Geldpolitik hat noch während Powells Rede zu steigenden Kursen an den US-Börsen geführt.
Folgen hatte die Rede aber auch an den Devisenmärkten. Sowohl gegenüber dem Euro wie gegenüber dem Franken hat der Dollar an Wert eingebüsst. Am frühen Nachmittag wurde die US-Währung noch für knapp 0,92 Franken gehandelt, bis 18 Uhr fiel der Dollar auf rund 0,912 Franken.
Die Bedeutung für die Schweiz und Europa
Die grösste unmittelbare Bedeutung geht von den Aktien- und Währungsmärkten aus, die wie erwähnt bereits reagiert haben. Sowohl für die Eurozone wie für die Schweiz hat das Verhältnis der eigenen Währungen zum Dollar eine grosse Bedeutung. Die Eurozone insgesamt verzeichnet zu den USA einen Exportüberschuss.
Eine Verteuerung des Euro schwächt daher die Konkurrenzfähigkeit der Europäer in einer anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Lage. Ein Ende der auch auf dem alten Kontinent überaus expansiven Geldpolitik ist damit auch deshalb noch für längere Zeit ausgeschlossen (aber ohnehin nicht geplant).
Für die Schweiz gilt das Gleiche. Die auch als Reaktion auf die Amerikaner anhaltend expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und die Politik des Fed verhindern, dass die Schweizerische Nationalbank von ihrer bisherigen Politik etwa der Negativzinsen abweichen kann, wenn sie eine starke Aufwertung des Frankens verhindern will.
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