Abrupter AbgangJeannine Pilloud wird bei Ascom entlassen
Die prominente Konzernchefin hat die Schweizer Traditionsfirma auf Vordermann gebracht. Nun erlebt die ehemalige SBB-Managerin einen Karriereknick – nicht zum ersten Mal.
Eine der prominentesten Schweizer Managerinnen muss ihren Tisch räumen: Am Mittwochmorgen gab der Technologiekonzern Ascom überraschend bekannt, dass Konzernchefin Jeannine Pilloud am 1. Februar durch den Belgier Nicolas Vanden Abeele abgelöst wird. Pilloud verlasse Ascom nach zweieinhalb Jahren, «um sich beruflich neuen Herausforderungen zu stellen», teilte das Unternehmen mit Hauptsitz in Baar ZG mit.
Das lässt Interpretationsspielraum: Ist der Abgang freiwillig oder erzwungen? Auf Anfrage sagt Jeannine Pilloud dazu: «Es war ein Entscheid des Verwaltungsrats. Offenbar glaubt er, dass jemand anderes als ich die Firma besser in die nächste Phase führen kann. Ich selber hätte diese Aufgabe gern noch ein paar Monate weitergemacht.»
Anders gesagt: Pilloud geht unfreiwillig. Sie erlebt das bereits zum zweiten Mal in ihrer Karriere. Im Dezember 2017 gaben die SBB überraschend bekannt, dass Personenverkehrschefin Jeannine Pilloud die Konzernleitung Ende Jahr verlasse. Sie bestritt zwar, dass sie als Vorgesetzte von 13’000 Mitarbeitenden abgesetzt worden sei. Doch der Sesselwechsel war nicht freiwillig, sondern das Resultat eines seit längerem schwelenden Streits, wie Recherchen der «SonntagsZeitung» ergaben.
«SBB-Chef Andreas Meyer war sehr unzufrieden mit Pillouds Leistung», sagte damals ein Eingeweihter. Er habe ihr vorgeworfen, Zugverspätungen und andere wichtige Probleme nicht angepackt zu haben. Ein weiterer Insider sagte: «An Sitzungen mit anderen Bahnunternehmen waren die Spannungen zwischen Meyer und Pilloud spürbar. Sie kommunizierten aneinander vorbei.»
Ascom geht es deutlich besser
Nun also der abrupte Abgang bei Ascom. Pilloud, die den Verwaltungsrat zwischen April und Oktober 2019 präsidiert hatte, hinterlässt ein Unternehmen, das deutlich besser dasteht als bei ihrem Amtsantritt. Damals war der Konzern verschuldet, erwirtschaftete tiefe Margen und konnte keine Dividende zahlen. Heute ist er schuldenfrei, verzeichnet steigende Auftragseingänge und höhere Margen.
Pilloud setzte vor allem darauf, diejenigen Märkte stärker zu bearbeiten, in denen Ascom schon drin war. Das Unternehmen stellt Alarm- und Kommunikationssysteme für Spitäler, Gefängnisse, Bergwerke, Atomkraftwerke und Produktionsbetriebe her. Vor allem in der Digitalisierung des Gesundheitswesens erkannte Pilloud ein grosses Potenzial.
«Der Turnaround ist vollbracht», sagt die 57-jährige Managerin. «Jetzt geht es darum, die neu definierte Strategie umzusetzen.» Diese sehe ein «massives, aggressives Wachstum» vor. Pilloud bedauert, dass sie daran nicht mehr beteiligt sein wird. «Ich hätte gern während der nächsten Monate bewiesen, dass die neue Strategie richtig ist.»
Bei der Migros wurde sie verheizt
Dass Pilloud fähig ist, sich immer wieder aufzurappeln, bewies sie nicht nur nach dem Abgang bei den SBB, sondern auch bei einem weiteren Stolperer in ihrer Karriere. 2019 kandidierte sie für das Präsidium beim Migros-Genossenschaftsbund. Sie wurde aber regelrecht verheizt: Obwohl sie die offizielle Kandidatin war, erhielt sie von der Migros keine Unterstützung. Schliesslich scheiterte ihre Kandidatur an der Delegiertenversammlung. Sie habe damals ihr Missfallen bei den Migros-Chefs deponiert, sagte sie später in einem Interview mit der «SonntagsZeitung».
Langweilig wird es Pilloud auch nach ihrem Abgang bei Ascom nicht werden. Sie ist Verwaltungsrätin des Telecomunternehmens Salt, des Strategieberatungsunternehmens Fehr Advice und des schwedischen Bahnkupplungenherstellers Dellner. Ob sie weitere Mandate anstrebt, lässt sie offen. «Ich habe mir dazu noch keine Überlegungen gemacht.»
In einer ersten Version hatte es geheissen, Jeannine Pilloud ziehe sich auch aus dem Verwaltungsrat zurück, den sie zwischen April und Oktober 2019 präsidierte. Sie gehörte jedoch dem Verwaltungsrat seit November 2019 nicht mehr an.
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