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Expansionspläne im Ausland
Italien-Deal der Swisscom lässt in Bern die Alarm­glocken läuten

Costumed revellers pose for a "selfie" at St Mark's square (Piazza San marco) during the Venice Carnival on February 8, 2015 in Venice. The 2015 edition of the Venice carnival is untitled " The world's most delicious festival" and runs until February 17th.    AFP PHOTO / VINCENZO PINTO (Photo by VINCENZO PINTO / AFP)
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17 Millionen Leute telefonieren in Italien über das Vodafone-Netz. Das sind dreimal so viele Personen, wie in der Schweiz ein Handyabo der Swisscom haben. Und doppelt so viele Menschen, wie in der Schweiz überhaupt leben.

Der Vergleich zeigt: Mit der geplanten Übernahme des Italien-Geschäfts von Vodafone wird die Swisscom nochmals ein ganzes Stück italienischer. Bereits jetzt trägt die Tochtergesellschaft Fastweb in Italien fast ein Viertel zum Umsatz der Schweizer Telecomfirma bei. Nach der Übernahme von Vodafone Italy wird der Italien-Anteil am konzernweiten Umsatz zwischen 40 und 50 Prozent liegen.

Diese Expansion sehen manche in Bundesbern kritisch. So fordert etwa die SVP per Communiqué, die Swisscom dürfe sich auf «keine Shopping-Abenteuer mit Schweizer Steuergeldern» einlassen. Man stehe dem angekündigten Deal sehr kritisch gegenüber, sagt Fraktionschef Thomas Aeschi. Und auch GLP-Präsident Jürg Grossen sagt auf Anfrage dieser Redaktion: «Es ist keine Bundesaufgabe, in Italien Telecomdienstleistungen zu erbringen und Infrastruktur zu besitzen.»

Kommunikation unter Zeitdruck

Zum Verständnis: Die Swisscom, der Primus im Schweizer Telecommarkt, ist zu 51 Prozent in Staatsbesitz. Die restlichen Anteile des Unternehmens werden an der Börse gehandelt. Dort hält sich die Euphorie über den Deal vorerst in Grenzen. Swisscom-Aktien verloren am Tag der Ankündigung rund 1,4 Prozent.

Laut Analysten liegt das daran, dass die Swisscom mit der Übernahme ein Wagnis eingeht. Italien gilt als «schwierigster Telekommunikationsmarkt in Europa», wie es in einem Kommentar der Bank Vontobel heisst: Der Deal lohnt sich für die Swisscom nur, wenn sich damit bedeutende Synergien erzielen lassen.

Wo diese Synergien liegen, dazu hat sich die Telecomfirma nicht ausführlich geäussert. Swisscom hat die Übernahmeabsicht kurzfristig vor Börsenbeginn publiziert, nachdem die Agentur Bloomberg darüber berichtet hatte – basierend auf einem Informationsleck, das die Firma in Zugzwang brachte.

Alle Telecomdienste aus einer Hand

Zwar liegt es nahe, dass sich das bisherige Italien-Geschäft der Swisscom gut mit demjenigen von Vodafone ergänzen würde. Vodafone betreibt in Italien ein Mobilfunknetz, die Swisscom besitzt über ihre Tochter Fastweb ein Glasfasernetz. Neu könnte die Swisscom damit das ganze Bündel von Telecomdienstleistungen anbieten, vom Heim- bis zum Mobilanschluss – so wie in der Schweiz auch.

Darüber hinaus seien Synergien bei der Kundenbetreuung, beim Marketing und in weiteren betrieblichen Bereichen möglich, sagt Swisscom-Sprecher Josef Huber. «Es geht letztlich darum, die Infrastruktur möglichst gut auszulasten.»

Allerdings ist dieser Plan kein Selbstläufer. Vodafone hat in Italien zuletzt Kunden verloren. Abgejagt wurden sie unter anderem von Iliad – dem Telecomunternehmen von Xavier Niel, der mit Salt auch in der Schweiz präsent ist. Wegen der Konkurrenz sind die Preise in Italien gesunken: Ein Handyabo kostet 10 bis 15 Euro im Monat. In der Schweiz ist es ein Mehrfaches davon.

«Die Swisscom rechnet sich wohl aus, dass sich die Preise stabilisieren und der Wettbewerbsdruck abnimmt», sagt Roberto Cominotto, Analyst bei der Bank Julius Bär. «So könnte in den kommenden Jahren auch der Gewinn wachsen.»

Deutlich kritischer tönt es bei Christoph Wirz, Analyst bei der Bank Rothschild. «Die Swisscom hat aus den Fehlern der Vergangenheit nicht gelernt», schreibt er in einer Mitteilung. Die geplante Übernahme von Vodafone Italy berge politische und finanzielle Risiken und sei letztlich zum Schaden der Aktionäre.

Schulden steigen über kritische Grenze

Die Fehler der Vergangenheit – sie sind der Grund, warum in Bundesbern die Alarmglocken läuten, wenn es um Übernahmepläne der Swisscom im Ausland geht. 2007 erwarb das Telecomunternehmen erstmals Anteile an Fastweb, einer aufstrebenden Anbieterin von Glasfaseranschlüssen. Gezahlt hat die Swisscom dafür fast 7 Milliarden Franken. 2010 erfolgte die vollständige Übernahme.

Das Geschäft entwickelte sich aber nicht wie erhofft. Bereits ein Jahr später musste die Swisscom einen Abschreiber von 1,3 Milliarden Franken vornehmen. Deshalb gilt Fastweb bis heute als Milliardengrab – auch wenn sie sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Wachstumsträger entwickelt hat.

Jetzt will das Unternehmen erneut einen Milliardenbetrag in Italien ausgeben: 8 Milliarden Euro oder umgerechnet rund 7,5 Milliarden Franken soll der Kauf von Vodafone Italy kosten. Das ist auch deshalb brisant, weil die Swisscom dafür zusätzliches Geld aufnehmen muss. Als Folge davon dürfte die Verschuldung des Konzerns über jene Grenze steigen, die der Bund als Eigentümer in seiner Strategie festgelegt hat. Dort steht, dass die Nettoverschuldung der Swisscom höchstens das 2,4-Fache des Betriebsgewinns auf der Stufe Ebitda betragen darf.

Mediensprecher Josef Huber versichert zwar, dass diese Überschreitung nur temporär und damit konform mit der Eigentümerstrategie sei: «In absehbarer Zeit fallen die Schulden wieder unter die Schwelle.» Fragen seitens der Politik dürften aber trotzdem aufkommen.

Swisscom muss bei Kommissionen antraben

Gelegenheit, sie zu beantworten, hat die Swisscom bald. Marianne Maret, Präsidentin der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) des Ständerats, hat das Unternehmen eingeladen, an der nächsten Sitzung am 11. April seine Strategie zu erläutern. «Ich bin erstaunt und auch ein bisschen besorgt», sagt die Walliser Mitte-Politikerin. «Denn der Betrag ist beängstigend hoch.»

Auch die nationalrätliche KVF will sich die Strategie von der Swisscom erläutern lassen, wie Vizepräsident Thomas Hurter ankündigt. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Nationalrats wird sich ebenfalls mit dem Thema befassen, wie Jürg Grossen ankündigt. Dies im Rahmen seiner parlamentarischen Initiative, welche das Engagement öffentlicher Unternehmen auf dem Markt regeln will.

Als vierte Kommission wird die WAK des Ständerats aktiv: Ihr liegen gleichlautende Initiativen aus FDP und Mitte vor.

Wann der Deal mit Vodafone genau über die Bühne geht, ist nach Angaben der Swisscom noch offen. Bis dahin – und vielleicht auch darüber hinaus – steht der teilstaatliche Betrieb aber unter genauer Beobachtung.