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Steigende Zinsen, drohende Rezession
Ist es sinnvoll, jetzt in Obligationen zu investieren?

Obligationen galten lange Zeit als attraktive Anlage. Im Jahr 1903 brachte diese Obligation der SBB einen Zins von drei Prozent. Eine Faksimile-Unterschrift stammt vom damaligen Bundesrat Robert Comtesse.
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Eine Investition in Schweizer Staatsanleihen war in den vergangenen Jahren aufgrund der Minuszinsen garantiert ein Verlustgeschäft. Da niemand gerne Geld verliert, verwundert es nicht, dass Anlegerinnen und Anleger Obligationen gemieden haben und vermehrt auf Aktien, Immobilien und auch riskantere Anleihen wie Kryptowährungen ausgewichen sind. Aufgrund gestiegener Zinssätze werfen inzwischen auch qualitativ hochwertige Obligationen wie die Schweizer Staatsanleihen – auch bekannt als «Eidgenossen» – wieder einen Zinsertrag ab. Was heisst das nun?

Sind Obligationen für Anlegerinnen und Anleger wieder attraktiver?

Der Zinsertrag bei qualitativ hochwertigen Anleihen ist zwar nicht überwältigend, aber immerhin besser als bei einem Bankkonto. Beim «Eidgenossen» mit einer Laufzeit von 10 Jahren stieg die Rendite am 20. Juni vorübergehend auf 1,4 Prozent. Wegen Rezessionssorgen ist sie Anfang Juli wieder auf rund 0,9 Prozent gefallen. «Das ist immer noch ein vergleichsweise hohes Niveau, denn höhere Sätze gab es letztmals 2011», sagt Matthias Geissbühler, Anlagechef der Raiffeisen-Gruppe. In Nachbarländern wie Italien und Deutschland gibt es auch Staatsanleihen mit Zinssätzen von rund 3 Prozent.

Ob sich ein Kauf jetzt lohnt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum Beispiel von der Risikobereitschaft: Wer Wert auf Sicherheit legt, kann jetzt prüfen, mehr Geld in Obligationen anzulegen. Die Marktentwicklung ist allerdings schwer abschätzbar, und die Zinssätze könnten weiter steigen: In solchen Phasen ist es ratsamer, in mehreren kleineren Schritten zu investieren. Denn steigen die Zinsen, fallen die Kurse. 

Welche Bedeutung hat die Inflation?

Nach Abzug der Teuerung bleibt die reale Rendite von Obligationen ernüchternd: Mit einem Zinsertrag von 0,9 Prozent auf Schweizer Bundesobligationen resultiert bei der Inflation von über 3 Prozent derzeit klar ein Minus.

In Nachbarländern ist der Realertrag von Staatsanleihen aufgrund hoher Inflationsraten von über 8 Prozent sogar noch deutlicher im negativen Bereich. Die Teuerung trifft aber natürlich nicht nur Obligationen, sondern auch Aktien oder andere Anlagen.

Was ist, wenn es zu einer Rezession kommt?

Viele Fachleute empfehlen den Anlegerinnen und Anlegern weiterhin Aktien. In den vergangenen Jahren waren sie tatsächlich deutlich rentabler als Anleihen oder das Geld auf dem Bankkonto. Und mit der längerfristigen Durchschnittsrendite von rund 7 Prozent gerechnet, bieten Aktien auch einen guten Schutz gegen die aktuell hohe Inflation. 

Doch was geschieht, wenn sich die Konjunktur weiter verlangsamt oder die Wirtschaft gar in eine Rezession schlittert? In wirtschaftlich schwierigen Phasen können Aktienkurse für längere Zeit einbrechen. In der Vergangenheit zeigte sich schon öfters, dass Obligationen während einer Rezession besser abschneiden. Matthias Geissbühler empfiehlt deshalb insbesondere vorsichtigen Anlegern, bei einem wirtschaftlichen Abschwung vermehrt auf qualitativ hochwertige Obligationen zu setzen. Bei einer mittleren Risikobereitschaft hält Geissbühler einen Obligationenanteil von 40 Prozent für angebracht.

Seiner Einschätzung nach haben die Rezessionsrisiken «in den letzten Monaten deutlich zugenommen». Als Hauptgrund nennt er, dass die Notenbanken trotz schwächelnder Konjunktur wegen der hohen Inflation gezwungen sind, die Leitzinsen anzuheben. Das schwächt die Wirtschaft zusätzlich. «In diesem Umfeld wird es schwierig, eine weiche Landung hinzubekommen», sagt Geissbühler. Damit ist gemeint, die Inflation so weit zu dämpfen, ohne dass die Wirtschaft in eine Rezession abdriftet.

Bei welchen Anleihen ist Vorsicht geboten?

Obligationen mit höherem Ausfallrisiko belohnen die Anlegerinnen mit einer entsprechend höheren Rendite. Besonders Anleihen aus Schwellenländern oder von manchen Unternehmen mit schlechterer Bilanz verzinsen das Geld mit 5 Prozent und mehr. Neben dem Ausfallrisiko sind aber auch allfällige Währungsverluste zu berücksichtigen: Allein schon wegen des starken Frankens lösten sich in den vergangenen Jahren Zinsvorteile öfters in Luft auf. Die hohe Inflation befeuert die Währungsverluste bei manchen Ländern. US-Staatsanleihen waren dagegen in den vergangenen Monaten interessant, da der Dollar gegenüber dem Franken etwas zugelegt hat. 

Aufgrund der anhaltenden Minuszinsen sind Anlegerinnen und Anleger in den vergangenen Jahren zunehmend in riskantere Anleihen geflüchtet. Nun sollten sie prüfen, ob sie nicht wieder auf hochwertige Obligationen mit geringem Ausfallrisiko umsatteln wollen. Besonders bei Anleihen von Firmen, die ein mittleres bis schlechteres Rating haben, ist jetzt Umschichten angezeigt. «Es gibt einige Unternehmen, die sich in den vergangenen Jahren dank günstigen Krediten durchhangeln konnten und mit den steigenden Zinsen jetzt Probleme bekommen», sagt Raiffeisen-Anlagechef Matthias Geissbühler. Manche Anlegerinnen und Anleger seien sich der momentan drohenden Ausfallrisiken nicht bewusst. 

Welche Sicherheiten bieten Obligationen?

Bei höheren Zinssätzen sind hochwertige Obligationen sehr beliebt, weil sie in vielerlei Hinsicht mehr Sicherheit bieten als Aktien. Erstens gibt es einen garantierten Zins, während die Dividende bei Aktien ändern oder ganz ausfallen kann. Zweitens schwanken die Kurse weniger stark. Drittens wird der Nominalbetrag zu 100 Prozent ausbezahlt, wenn die Laufzeit abläuft. Und viertens sind Anlegerinnen und Anleger mit Obligationen bessergestellt, wenn sie nach einem Firmenkonkurs ihre Forderung eintreiben wollen. 

Sind auch Verluste möglich?

Wie erwähnt gibt es ein Ausfallrisiko. Bei qualitativ hochwertigen Anleihen mit Triple-A-Bewertung wie den Schweizer Eidgenossen ist ein Ausfall jedoch nahezu ausgeschlossen. Ein höheres Risiko gibt es insbesondere bei Unternehmen mit schlechteren Bewertungen oder bei Anleihen aus Schwellenländern. 

Zudem können die Kurse von Obligationen wie bei Aktien schwanken. Der Kurs hängt von der Zinsentwicklung ab. Wenn die Zinsen weiter steigen, wovon derzeit auszugehen ist, verlieren die aktuell gehandelten Obligationen an Wert, weil sie weniger Zinsertrag einbringen. Der Kursverlust entspricht in der Regel dem kumulierten tieferen Zinsertrag. Anlegerinnen und Anleger muss das aber grundsätzlich nicht weiter kümmern, da sie am Ende der Laufzeit den vollen Betrag zurückerhalten.

Theoretisch könnten sie verlustfrei zu einer Obligation mit einem höheren Zinsertrag wechseln. Doch Geissbühler rät davon ab. Denn nebst zusätzlichen Transaktionsgebühren würde der höhere Zinsertrag bei den Steuern negativ zu Buche schlagen.