Konfrontationen in JerusalemEntsetzen über Gewalt bei Beerdigung von Journalistin
Die durch einen Kopfschuss getötete Schirin Abu Akleh wurde in Jerusalem beigesetzt. Bei der Bestattungsprozession gerieten Trauergäste und Polizei aneinander.
Offenbare Gewalt israelischer Sicherheitskräfte gegen Teilnehmer der Beerdigung einer getöteten Reporterin hat international für Bestürzung gesorgt. Kritik kam am Freitag unter anderem von den Vereinten Nationen, den USA sowie der Europäischen Union. «Wir haben gerade das Video davon gesehen und es ist einfach sehr schockierend für uns», sagte UN-Sprecher Farhan Haq in New York.
Im Internet kursierende und von TV-Sendern ausgestrahlte Bilder schienen israelische Sicherheitskräfte zu zeigen, die unter anderem auf Menschen einprügeln, die einen Sarg tragen. Die Polizei sprach dagegen von Hunderten gewalttätigen Demonstranten, die unter anderem mit Steinwürfen für Unruhen gesorgt hätten.
Die am Mittwoch im Westjordanland erschossene Schirin Abu Akle vom TV-Sender Al-Jazeera war am Freitag auf einem christlich-orthodoxen Friedhof neben der Altstadt Jerusalems beigesetzt worden. Al-Jazeera beschuldigt israelische Sicherheitskräfte, die 51-Jährige vorsätzlich getötet zu haben. Tausende Menschen kamen zu der Beerdigung. Während der Prozession kam es zu den Konfrontationen.
Auch der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell äusserte sich schockiert über die Gewalt am Tag ihres Begräbnisses. Die Europäische Union sei entsetzt über die Szenen, die sich am Freitag während des Trauerzuges abgespielt hätten, teilte er mit. «Die EU verurteilt die unverhältnismässige Gewaltanwendung und das respektlose Verhalten der israelischen Polizei gegenüber den Teilnehmern des Trauerzuges.»
Die Sprecherin des Weissen Hauses, Jen Psaki, sprach von «verstörenden Bildern». Sie sagte: «Wir bedauern das Eindringen in eine Prozession, die eigentlich friedlich hätte verlaufen sollen.» Psaki wich der Frage aus, ob sie die israelischen Sicherheitskräfte dafür verurteile. Sie betonte, die USA seien bereit, Untersuchungen des Vorfalls zu unterstützen. Seit der Tötung der Journalistin am Mittwoch ist die Lage angespannt.
Nach Darstellung der israelischen Armee hatte es am Mittwoch ein heftiges Feuergefecht mit Dutzenden militanten Palästinensern während einer Razzia gegeben. Am Freitag veröffentlichten die Streitkräfte Zwischenergebnisse ihrer Untersuchung, wonach es derzeit nicht möglich sei, «eindeutig» zu sagen, von wo der tödliche Schuss kam. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas macht dagegen Israel verantwortlich und sprach von einem «Verbrechen der Hinrichtung». Eine von Israel vorgeschlagene gemeinsame Untersuchung hatten die Palästinenser abgelehnt.
Nun erklärte die palästinensische Generalstaatsanwaltschaft am Freitag, allein israelische Truppen hätten in dem Moment geschossen, in dem die Journalistin getroffen worden sei. Das hätten unter anderem Untersuchungen am Tatort, die Befragung von Zeugen und die Auswertung von Videos ergeben, zitierte die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa die Ermittler. Die israelischen Truppen seien nur etwa 150 Meter von Abu Akle entfernt gewesen.
Uno sammelt Informationen zum Vorfall
Die Uno teilten am Freitag weiter mit, dass sie mehr Informationen zu den Zusammenstössen bei der Beerdigungsprozession sammelten: «Natürlich wollen wir wie in allen Fällen sicherstellen, dass die Grundrechte auf Versammlungsfreiheit und natürlich das Recht auf friedliche Demonstrationsfreiheit geschützt und gewahrt werden», sagte Haq. Auch die US-amerikanische Uno-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield zeigte sich «zutiefst erschüttert von den Bildern», wie sie auf Twitter schrieb. «Die Tragödie ihres Mordes sollte mit grösstem Respekt, Nüchternheit und Sorgfalt behandelt werden.» Wie auch die Uno hatten die USA eine Untersuchung zu der Tötung gefordert.
Palästinensischen Angaben zufolge hatten israelische Sicherheitskräfte während der Prozession Blendgranaten eingesetzt. Berittene und unberittene Polizisten hätten die Trauergäste angegriffen.
Unterdessen wurde ein israelischer Grenzpolizist nach israelischen Angaben bei Konfrontationen mit bewaffneten Palästinensern im Westjordanland tödlich verletzt. Bei einem Anti-Terror-Einsatz nahe Dschenin hätten bewaffnete Angreifer die Sicherheitskräfte beschossen sowie Sprengsätze geworfen, teilten Polizei und Armee mit. Die Soldaten hätten zurückgeschossen. Der 47-jährige Offizier sei beim Verlassen des Ortes Burkin verletzt und noch ins Krankenhaus gebracht worden.
Anmerkung der Redaktion: Eine frühere Textversion der Nachrichtenagentur AFP beinhaltete die Vorwürfe der israelischen Polizei gegen die Trauergäste noch nicht.
SDA/aru
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