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Konflikt im Nahen Osten
Al-Jazeera-Journalistin im Westjordanland getötet

Palästinensische Journalistinnen und Journalisten halten Porträtbilder von Schirin Abu Akleh, die im Westjordanland ums Leben kam. 
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Eine Journalistin ist tot, Schirin Abu Akleh starb bei einem Einsatz in der palästinensischen Stadt Jenin durch eine Kugel in den Kopf. Für den arabischen Nachrichtensender al-Jazeera hatte sie über Razzien der israelischen Armee und dadurch ausgelöste Unruhen berichten wollen. Am Mittwochmorgen ist sie dabei offenbar zwischen die Fronten geraten – und ihr Tod hat nicht nur Trauer ausgelöst, sondern sogleich zu hitzigen Wortgefechten geführt. Viele Stimmen aus der arabischen Welt werfen Israel nun einen «kaltblütigen Mord» vor. Die israelische Seite verweist auf mögliche palästinensische Schützen während eines heftigen Feuergefechts.

Die Stadt Jenin und das dortige Flüchtlingslager stehen seit Wochen im Zentrum israelisch-palästinensischer Auseinandersetzungen. Von dort kamen mehrere der Attentäter der jüngsten Terrorserie, die in Israel seit Ende März 17 Todesopfer gefordert hat. Fast jede Nacht ist die israelische Armee nun im Westjordanland im Einsatz gegen mutmassliche Terrorzellen, immer wieder kommt es zu Feuergefechten mit Palästinensern. Nach palästinensischen Angaben sind dabei schon 30 Menschen getötet worden, neben Attentätern und Angreifern auch Unbeteiligte wie eine 18-jährige Schülerin – und nun die Journalistin.

Bekannte Journalistin

Schirin Abu Akleh ist ein bekanntes Gesicht gewesen für Millionen von Zuschauern des in Katar ansässigen Senders. Die 51-Jährige aus Jerusalem, die auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besass, berichtete für al-Jazeera seit mehr als 20 Jahren über den israelisch-palästinensischen Konflikt. Bei ihrem letzten Einsatz war sie Videoaufnahmen zufolge mit einer Splitterschutzweste mit der deutlich sichtbaren Aufschrift «Presse» ausgerüstet. Der Helm, den sie trug, schützte sie nicht vor dem tödlichen Schuss. Begleitet worden war sie vom palästinensischen Journalisten Ali Samudi, der durch einen Schuss in den Rücken verletzt wurde.

Vom Spital aus berichtete Samudi mehreren Medien, israelische Soldaten hätten plötzlich das Feuer auf sie eröffnet. Seinen Angaben zufolge waren zu dieser Zeit keine palästinensischen Kämpfer in der Nähe. In einer Erklärung von al-Jazeera heisst es, «israelische Truppen haben kaltblütig unsere Korrespondentin ermordet». Ziel sei es, «die Presse davon abzuhalten, ihre Arbeit zu machen». Die Empörung spiegelt sich auch in vielen anderen Erklärungen. Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas machte Israel «vollständig verantwortlich» für den Tod der Journalistin und sprach von einer «Hinrichtung».

Gegenseitige Schuldzuweisungen

Auf israelischer Seite dagegen werden die Vorfälle deutlich anders geschildert. Premierminister Naftali Bennett wies die «haltlosen Anschuldigungen gegen Israel» zurück und stellte sich zugleich hinter die Soldaten, die im Einsatz seien, «um eine tödliche Terrorwelle zu brechen».

Brigadegeneral Ran Kochav, der Sprecher der Armee, berichtete von heftigen Gefechten mit Dutzenden palästinensischen Kämpfern in Jenin. Dabei sei Schirin Abu Alkeh mutmasslich von der Kugel eines palästinensischen Schützen getroffen worden. «Doch selbst wenn ein Soldat auf jemanden schiesst, der unbeteiligt ist, kann dies in solchen Feuergefechten passieren», sagte Kochav im Armeeradio. Die Journalisten hätten mitten unter bewaffneten Palästinensern gefilmt. «Sie waren mit Kameras bewaffnet, wenn ich das so sagen darf.»

Schon am Mittag meldete Verteidigungsminister Benny Gantz, erste Nachforschungen hätten ergeben, dass es «keinen militärischen Beschuss» auf die Journalisten gegeben habe. Aussenminister Jair Lapid bot den Palästinensern eine gemeinsame Untersuchung des Vorfalls an und betonte, dass Journalisten in Gefechten geschützt werden müssten. «Es ist unsere Pflicht, die Wahrheit herauszufinden», sagte er. In Ramallah wurde das israelische Angebot jedoch kühl gekontert. «Die palästinensische Autonomiebehörde», so erklärte der einflussreiche Funktionär Hussein al-Scheich, werde diesen Fall an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag weitergeben.