Film zu Hamas-Angriff auf MusikfestivalDer Safe Space wurde zur Hölle
Eine erste kurze Dokumentation zeigt den Überfall der Hamas auf das Supernova-Festival in Israel.

Festivals wie dieses seien doch ihre «safe spaces» gewesen, Orte, an denen sie sich geborgen und verstanden fühlte. «Man sieht überall bekannte Gesichter, man tanzt einfach», sagt die junge Frau in die Kamera. «Du kennst nicht ihre Namen, aber sie sind deine besten Freunde.» Doch der Ort, an dem Racheli Nachmias mit Tausenden anderen in den Sonnenaufgang tanzte, sollte als das genaue Gegenteil eines Safe Space bekannt werden: als tödliche Falle. Beim Supernova-Festival im Süden Israels ermordeten Terroristen der Hamas am 7. Oktober etwa 260 Besucher und entführten mehr als 100. Verfolgten sie wie bei einer Treibjagd über die Felder, lauerten den Fliehenden auf, verschleppten sie als Geiseln, warfen Granaten in Schutzräume, in denen sich Besucher vor den Angreifern versteckten.
Das Amulett um ihren Hals und ihre Nasenpiercings weisen Racheli Nachmias schon rein äusserlich als Teil jener internationalen Neo-Hippie-Gemeinde aus, die den Batik-Styles und Traumfängern von früher ein Update durch Elektrobeats und Instagram verpasst hat. Wie es in Nachmias Innerem aussieht, das gibt sie als eine von fünf Überlebenden preis, die nun in einer Arte-Dokumentation über ihre Erlebnisse am Festival sprechen, das zum Symbol für den grausamen Angriff der Hamas wurde: «Ich glaube, manches wird niemals heilen.»
Der Regisseur fragt sich, ob er die Arbeit durchstehen wird
Bereits zwei Tage nach dem Angriff war ein erstes Kamerateam des Regisseurs Duki Dror im Süden Israels unterwegs, um mit Überlebenden zu sprechen und Bilder vom Ort des Angriffs aufzunehmen. Dror hat in seiner Karriere schon zu vielen heiklen Themen recherchiert, zum Beispiel für Dokumentationen aus dem Geheimdienstmilieu. Bei dieser Arbeit aber habe er Bedenken gehabt, ob er «das emotional durchstehen kann», schreibt er nun zum Film «Hamas-Angriff aufs Festival – Die Überlebenden des Wüsten-Raves».
Die Fallhöhe jedenfalls ist enorm: Hier die tanzenden Blumenkinder, von denen einige beim Beginn des Beschusses zunächst noch naiv denken: «Wow, ein Feuerwerk zum Sonnenaufgang!» und von denen andere sich auf einem schlechten Drogentrip wähnen. Und dort das blanke Morden.

Auf zunächst 32 Minuten hat Dror hier seine Interviews mit den Überlebenden mit den Bildern des Grauens gegengeschnitten – teils aus Propagandamaterial der Hamas, teils von den Überlebenden selbst gefilmt. Etwa vom Fotografen Noam Cohen, der sich unter Leichen versteckte, als Hamas-Terroristen Splittergranaten in den Schutzraum warfen, in den er mit anderen geflüchtet war. Interviews mit frisch Traumatisierten sind heikel und schwierig zu führen, in der Dokumentation gelingt das dem Team von Dror sehr einfühlsam – und man kann nur hoffen, dass den Überlebenden das Sprechen über den 7. Oktober beim Verarbeiten der Geschehnisse hilft.
«Wir sollten nicht mehr daran denken», flüstert in einer Szene der Überlebende Tomer Liver seiner Freundin ins Ohr. Im Fernsehen werden die Bilder bleiben: «Es handelt sich um eine bedeutende internationale Geschichte, die in den kommenden Jahren widerhallen wird», konstatiert Produzent Reinhardt Beetz – eine längere Fassung des Films und eine Serie zum Thema sind deshalb auch bereits in Arbeit.
«Hamas-Angriff aufs Festival», Arte, Dienstag um 22.10 Uhr in der Mediathek und im Fernsehen.
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