Geld anlegen mit ETFSo erkennt man die versteckten Kosten
Wer sein Geld in die beliebten Exchange Traded Funds anlegt und dabei nur auf die Gebühren schaut, macht unter Umständen ein schlechtes Geschäft. Die wichtigsten Kriterien, um die wahren Kosten zu ermitteln.
Die bekannteste Vergleichsgrösse für Kosten von Anlagefonds ist trügerisch. Es ist die Total Expense Ratio – kurz TER. Übersetzt heisst das: gesamte Kostenquote. Doch tatsächlich erfasst sie nicht die gesamten Kosten, was gelegentlich zu schlechten Entscheiden führt. «Viele Leute machen den Fehler, einfach den ETF mit der tiefsten TER auszuwählen», sagt Manuel Rütsche, Finanzspezialist beim VZ-Vermögenszentrum.
In der TER nicht ausgewiesen sind etwa Quellensteuerrückbehalte auf Dividendenerträge. Eine 2021 veröffentlichte Studie vom VZ-Vermögenszentrum zeigt, wie viel diese versteckten Kosten ausmachen können. Ein Vergleich von zwei Exchange Traded Funds (ETF), die auf dem Swiss-Performance-Index basieren, ergibt einen Kostenunterschied von 1,05 Prozent.
Längerfristig kann es um viel Geld gehen
Mit anderen Worten: Kundinnen und Kunden, die den falschen ETF erwischt haben, verlieren 1,05 Prozent Rendite, ohne dass dies in den Gebühren ausgewiesen wird – stattdessen fällt einfach die Rendite entsprechend tiefer aus. Einziger Unterschied zwischen den beiden verglichenen Fonds: Einer ist in der Schweiz domiziliert, der andere in Luxemburg.
In der Regel geht es zwar um weniger als ein Prozent. Doch bei langfristigen Anlagen machen aufgrund des oft unterschätzten Zinseszinseffekts schon wenige Zehntelprozent locker mehrere Tausend Franken aus.
Die versteckten Kosten lassen sich anhand von zwei Kriterien erkennen: erstens am Ort der Investition und zweitens am Domizil des Fonds. Der Ort der Investition ist massgeblich für die Höhe des Quellensteuerrückbehalts auf Dividendenertrag. In vielen bedeutenden ETF sind US-Wertschriften prominent vertreten, da liegt der Rückbehalt bei 30 Prozent.
Gutschrift bei Fonds-Domizil Irland
Das Fonds-Domizil entscheidet darüber, wie mit dem Quellensteuerrückbehalt umgegangen wird. In Irland werden die Quellensteuern aus den USA abgerechnet und zu 50 Prozent dem Fonds gutgeschrieben. Deshalb empfehlen Fachleute wie der Fonds-Experte Martin Bürki von Martinvestments in Zürich bei ETF das Domizil Irland zu bevorzugen. Da haben Anlegerinnen und Anleger Gewissheit, dass möglichst wenig Quellensteuern zurückbehalten werden.
«Irische Fonds erkennt man leicht an der ISIN-Nummer, die mit den Grossbuchstaben IE beginnt», sagt Bürki. Die ISIN ist eine internationale Kennnummer, um gehandelte Wertpapiere und Finanzinstrumente zu identifizieren.
Laut Manuel Rütsche sind hierzulande vor allem Fonds mit Domizil Irland, Luxemburg und Schweiz verbreitet. Liegt das Fonds-Domizil in Luxemburg oder der Schweiz, gehen – im Gegensatz zu Irland – die Quellensteuerrückbehalte auf US-Dividenden vollständig verloren, wie Rütsche erläutert.
Zwischen ETF und Indexfonds unterscheiden
Meist reicht es, wenn Anlegerinnen und Anleger beim Steuerrückbehalt auf die USA achten. Denn sie ist in vielen ETF stark vertreten. Beim bekannten MSCI World, der 1500 Aktienkurse aus 23 Industrieländern abbildet, liegt der US-Anteil bei rund 70 Prozent. Mit weiteren Ländern wird es rasch kompliziert, weil für die Quellensteuerberechnung das jeweilige Abkommen zwischen Herkunftsland der Wertschriften und Fondsdomizil zu berücksichtigen ist.
Wie die VZ-Studie zeigt, gibt es zudem Unterschiede zwischen ETF und Indexfonds. Aus Anlegersicht sind die beiden Finanzinstrumente nahezu identisch. Beide bilden einen bestimmten Index ab. ETF werden aber wie Aktien mit tagsüber schwankendem Kurs an der Börse gehandelt. Indexfonds werden nur einmal täglich nach Börsenschluss gehandelt. Beim Indexfonds mit Domizil Irland gibt es im Gegensatz zum ETF keine Quellensteuergutschrift auf US-Wertschriften.
In der Säule 3a gibt es attraktive Indexfonds
In der Altersvorsorge greift zudem eine spezielle Regelung: Institutionelle Anleger wie Pensionskassen und 3a-Vorsorgestiftungen können von Indexfonds profitieren, bei denen gar keine Quellensteuerrückbehalte anfallen. «Auf diese Weise optimieren wir die Rendite für unsere Kundschaft», sagt Jonas Gusset vom Fintech Viac, das mit seinen 3a-Produkten bekannt geworden ist. Kundinnen und Kunden können sich bei der Vorsorgestiftung erkundigen, ob diese in Fonds ohne versteckte Kosten anlegt. Solche Fonds gibt es beispielsweise von Swisscanto – dort erkennt man sie an der Bezeichnung «IPF» – und von der Credit Suisse mit dem Zusatz «Pension Fund».
Die Viac-Konkurrentin Truewealth verzichtet zwar auf Verwaltungsgebühren, dafür fallen etwas mehr versteckte Kosten an. Felix Niederer von Truewealth räumt ein, dass es bei manchen Fonds einen Quellensteuerrückbehalt auf US-Dividenden gibt. «Wir haben aber Vorbereitungen getroffen», um vermehrt steuerbefreite Produkte einzusetzen. Zudem könnten Kundinnen und Kunden den Anteil an US-Wertschriften mit verschiedenen Strategien anpassen.
Faktenblätter schaffen Klarheit
Klarheit schaffen Faktenblätter (Factsheet) zu Fonds. Diese sind mit der Fondsbezeichnung im Internet leicht auffindbar. Darin ist in der Regel eine Übersicht über die Gesamtrendite der vergangenen Jahre aufgeführt. So gibt es den erwähnten MSCI-World von verschiedenen Anbietern in unterschiedlichen Varianten – etwa mit und ohne Währungsabsicherung oder anderen Domizilen. Die Renditedifferenzen zeigen, wo wie viele versteckte Kosten anfallen. Manche Factsheets enthalten neben Angaben zum Domizil sogar als Vergleichsindex die gebührenfreie Entwicklung der Rendite, was die Kontrolle vereinfacht.
«Anlegerinnen und Anleger sollten aber nicht thesaurierende Fonds mit ausschüttenden Fonds vergleichen», mahnt Rütsche: Beim thesaurierenden Fonds wird die Dividende in neue Anteile investiert, die im Fonds bleiben. Bei der zweiten Variante geht die Dividende an die Investoren. Im Factsheet steht, um welche Art Fonds es sich handelt.
Eine spezielle Regelung gibt es schliesslich bei ETF mit Domizil USA. Da können Anlegerinnen und Anleger die Quellensteuer auf Dividenden mit einem individuellen Antrag zurückfordern, wenn ein gewisser Schwellenwert erreicht wird. Doch wie Rütsche erläutert, empfehlen Schweizer Banken in der Regel keine Fonds mit Domizil USA. Einer der Hauptgründe: Bei einem Todesfall können in den USA Erbschaftssteuern anfallen.
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