Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Papablog: 4 Momente des Elternalltags
Innereien des Sommers

Stones, Trümpfe und ein Jobangebot: Rückblicke auf vergangene Alltagsmomente tun gut – und machen Platz für Neues.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Gedanken, Eindrücke, innere Monologe: Einfach mal an nichts zu denken, ist eine ziemliche Herausforderung, da werden Sie mit mir einig sein. Der menschliche Aufnahme- und Verarbeitungsprozess rattert pausenlos vor sich hin und prägt uns in dem, was wir sind, fühlen, begehren. Oft gibt es Gespräche, Begegnungen, Situationen, die einen lange beschäftigen. Vielleicht, weil sie besonders eindrücklich oder wichtig sind. Vielleicht auch nicht. Spricht man über diese – sagen wir mal – gedanklichen Innereien, besteht die Chance, dass man andere damit inspiriert. Oder dass man den Kopf wieder freibekommt, um neue Geschichten zu verarbeiten. 

Meine Kinder sind seit über einer Woche mit ihrer Mutter unterwegs. Natürlich vermisse ich Junior und die Kleine. Und vielleicht ist genau diese Ausgangslage der Grund, weshalb mir viele Geschichten aus den letzten Wochen nochmals durch den Kopf gehen. Eine tagebuchartige Auflistung. 

8. Juli: Pilzköpfe statt Stones

Was haben wir geflucht, Junior und ich, als im Juni das Konzert der Rolling Stones in Bern abgesagt wurde. Nun, Junior war noch nicht an vielen Konzerten, ausser vielleicht an solchen von Schülerbands. Ihn direkt mit dem Besuch eines Gigs Marke Champions League in die Live-Musik-Welt einzuführen, erschien mir umso sinnvoller. Zumal die Herren wohl nicht noch einmal…. Ach, das hat man schon vor zwanzig Jahren gesagt.

Wenn schon nicht die Steine, dann halt die Pilzköpfe. Theater Rigiblick, Tribute to the Beatles, halb geschauspielert, halb musiziert, fantastische Darsteller, prima Band. Eine tolle Art, den eigenen Nachwuchs an die grossen Namen der Musikgeschichte heranzuführen. Sozusagen die Einstiegsdroge in ein erfüllteres und stilvolles Kundendasein, was den Konsum von melodiösen Poesieerzeugnissen betrifft. Mal ehrlich: Ich kann den Musikgeschmack meines Sohnes doch nicht einfach vom heutigen Hitparaden-Schrott prägen lassen. Eben.

11. Juli: «Vankoch» im Kindergarten

Die Kleine hat das erste Jahr als Kindergärtnerin prima gerockt. Am Montag der letzten Woche vor den Sommerferien steht Grillieren und Zusammensein auf dem Plan. Wetter top, Stimmung friedlich. Ausstellung im Innern des Kindergartens. An den Wänden hängen unzählige Bilder, feinsäuberlich gepinselt, geklebt, gestaltet, gefärbt von den Händen kleiner Künstlerinnen und Künstler. Bilder im Stile von Keith Haring oder Claude Monet bis hin zu «Vinzen Vankoch», wie die Kleine stolz berichtet. Wow, Thema «Kunst» im Kindergarten. So farbenfrohe Resultate. Frau F. und Frau S.– so aufgestellte Kindergärtnerinnen.

Manchmal kommt der Gedanke auf, dass ich gerne nochmals auf diesen winzigen Stühlchen im Kreis Platz nehmen möchte, ganz abseits des alltäglichen Büroschwachsinns. Bis die Stimme in meinem Kopf mich auskontert: «Alter, du bist Ü-40, mitten im Midlife-Porno, du hattest deine Chance.» Ja, die Zeit bleibt nicht stehen. Man muss nur schauen, dass man es selbst auch nicht tut.

12. Juli: Trumpfbuben unter sich

Wieder ein Abschlussabend. Jassturnier in einer Waldhütte mit den Drittklässlern. Junior und ich setzen auf die richtigen Karten und klopfen uns bis auf Platz 2 vor. Ein schöner Moment für uns beide. Einer der ganz grossen Trümpfe aber, sticht künftig andernorts. Lehrer S., an dieser Stelle schon einige Male positiv erwähnt, wechselt ins Management. Er sei zwar immer gerne in der Schulstube gestanden und werde es auch vermissen. Aber mit der Ausbildung zum Schulleiter habe er sich beruflich nochmals weiterentwickeln wollen. Heisst: Der Verein bleibt derselbe, nur die Position und das Stadion wechseln.

Ob ich denn nicht ins Schul-Game einsteigen wolle, werde ich in den letzten Wochen oft gefragt. Einen ausgebildeten Primarlehrer wie mich würde man aufgrund des akuten Lehrermangels bestimmt überall mit Handkuss engagieren, höre ich. Ich? Mit all den Kindern und so? Mit all den Eltern und so? Mit den sechs Monaten Ferien und so? Oh, Ferien. Nun, vielleicht noch nicht gerade jetzt. Vielleicht in … oder vielleicht nie. Ich weiss es nicht.

16. Juli: Herzerwärmende Begegnung

Tibet? Vielleicht. Keine Ahnung. Ich könnte fragen. Nur in welcher Sprache? Im Zug vom Zürcher HB Richtung Rapperswil sitzt eine Frau mit einem kleinen Mädchen vis-à-vis von mir. Das Mädchen ist vielleicht drei Jahre alt und scheinbar ziemlich unzufrieden. Die Mutter versucht, es zu beruhigen, aber stattdessen zupft die Kleine immer wieder am Kopftuch ihrer Mama. Ich kanns nicht sein lassen und mache, was ich in solchen Fällen oft tue: Ich schneide Grimassen.

Kinder sind super. Sie sind wie kleine Spiegel. Lächelst du, lächelt es zurück. Schaust du böse, erntest du ebenfalls furchterregende Gesichtsausdrücke. Mal so, mal so. Immer wieder. Keine Sorge, die Weisheit, dass dieses Prinzip durchaus auch aufs ganze Leben übertragbar sei, erspare ich Ihnen. Nun, nach etwa einer Viertelstunde klimpere ich ein letztes Mal mit meiner leeren Bierbüchse und verlasse den Zug. Die beiden bleiben sitzen. Sie fahren wohl nach Männedorf. Das einzige Wort, das ich verstanden habe. 

Gibt es Alltagsmomente oder eben gedankliche Innereien, die sie noch wochenlang begleiteten, liebe Leser und Leserinnen? Teilen Sie sie mit uns in der Kommentarspalte.