Comedy gegen HetzeWas «The Onion» mit Infowars vorhat
Die US-Satirezeitschrift «The Onion» hat die Website des Verschwörungstheoretikers Alex Jones gekauft und will sie für Parodien nutzen. Jones dürfte das jedoch nicht zum Schweigen bringen.
Die Titelzeilen auf der satirischen US-Website «The Onion» am Donnerstag klangen wie immer nach Klamauk und Comedy: «Neue Dating-Seite schlägt Dir Leute vor, die Du schon kennst, für die Du Dir aber bisher zu fein warst»; «Trump-Söhne ohrfeigen sich um die Leitung aussenpolitischer Meetings»; «Deshalb habe ich entschieden, Infowars zu kaufen.» In einer dieser Geschichten steckt aber tatsächlich etwas Wahres.
Der Autor Bryce P. Tetraeder, dessen Name über dem Infowars-Artikel steht, existiert zwar in Wirklichkeit nicht. Doch die Übernahme der Website des Verschwörungstheoretikers Alex Jones durch «The Onion» ist echt. Die Macher wollen auf diesem Weg versuchen, Unwahrheiten mit Humor zu begegnen.
Das Satiremagazin erwarb Infowars bei einer Auktion, zu der sich Jones nach einem Privatkonkurs gezwungen sah. Gerichte hatten ihn nämlich verurteilt, einen Schadenersatz von insgesamt fast 1,5 Milliarden Dollar zu zahlen, weil er das Massaker an der Sandy-Hook-Grundschule im Jahr 2012 immer wieder geleugnet hatte. Angehörige der 26 Opfer von damals, die wegen der Aussagen von Jones zusätzlich traumatisiert und von dessen Anhängern bedroht wurden, unterstützten «The Onion» bei dem Kauf.
Am Donnerstag schloss «The Onion» umgehend Infowars und kündigte für Januar einen Relaunch als Parodie des bisherigen Verschwörungsportals an. «Unser Ziel ist, dass die Menschen Infowars in ein paar Jahren für die lustigste und dämlichste Website überhaupt halten», erklärte Geschäftsführer Ben Collins. Eine Ankündigung des Richters in Jones’ Konkursverfahren sorgte allerdings für leichte Verunsicherung, ob die Pläne vielleicht doch noch torpediert werden könnten. Der Richter setze für die kommende Woche eine Anhörung an, in der er den Ablauf der Auktion noch einmal beleuchten wollte.
Doch wenn alles klappt, wird das neue Infowars Jones’ Theorien bald parodieren. Teilweise klangen sie ohenhin schon so absurd, dass sie satirisch wirken hätten können, wenn sie nicht im wahren Leben Schaden angerichtet hätten. Die Seite sei Teil eines losen Netzwerks aus verschwörungstheoretischen Podcastern, Tiktok-Influencern und anderen gewesen, sagt Collins. Jones sei ein kleines Licht in einem Universum von Medien gewesen, die Angst schürten. «Sie hatten bisher einen Freifahrschein, und das halten wir nicht für fair», erklärt der «Onion»-CEO, der früher für NBC News über das Thema Falschinformation berichtete. Das Satiremagazin hoffe, nach Jahren des Doomscrollings – also des exzessiven Konsums negativer Online-Nachrichten – das Internet wieder etwas lustiger zu machen.
Alex Jones: «Der Deep State ist völlig ausser Kontrolle»
Bei Collins sei das Vorhaben in sehr guten Händen, sagt Dale Beran, der an der 2024 erschienen Netflix-Doku «The Anti-Social Network» mitarbeitete. «The Onion» war 1988 als Zeitung gegründet worden, machte mehrere Eigentümer-Wechsel durch und wurde dieses Jahr von einer Gruppe um Jeff Lawson gekauft, den Mitbegründer des Software-Unternehmens Twilio. Seitdem sei «The Onion» offenbar neues Leben eingehaucht worden, sagt Beran.Verschwörungstheorien über das Schicksal von VerschwörungstheorienSchon wenige Stunden nach Bekanntwerden des Verkaufs von Infowars an «The Onion» poppten erste Verschwörungstheorien darüber auf. «Es ist unmöglich, dass dieser seit Jahren irrelevante Kanal sich aus eigener Kraft diesen Kauf leisten konnte», postete die Website Zeee Media, die sich selbst als «eine der vertrauenswürdigsten, unzensierten Informationsquellen in Australien» bezeichnet, auf X. «Wer stand wirklich dahinter?»
Auch Jones selbst wandte sich am Donnerstag hastig mit einem Video an seine Anhänger. «Das ist ein totaler Angriff auf die Meinungsfreiheit», sagte er. «Der Deep State ist völlig ausser Kontrolle.»
Yotam Ophir, der an der Universität von Buffalo zu Falschinformation forscht, glaubt, dass Jones seine Aktivitäten rasch an anderer Stelle fortsetzen wird – und dass seine Anhängerschaft ihm dorthin folgen wird. «Solange es Leute gibt, die einschalten, wird er neue Kanäle finden», erklärt Ophir. Vermutlich hielten seine treuesten Fans nach dem Verkauf und den Gerichtsverfahren noch entschlossener zu Jones und sähen in ihm einen Märtyrer für die Meinungsfreiheit.
DPA/step
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