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Urteil gegen Alex Jones
Er leugnete einen Amoklauf – jetzt muss er dafür zahlen

Alex Jones spricht während einer Pause der Verhandlungen im Gericht in Austin, Texas, mit Medienvertretern. (26. Juli 2022)
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Das Urteil ist das erste in einer Reihe von Verleumdungsklagen gegen Alex Jones, einen führenden Agitator der rechtsextremen Szene in den USA und Besitzer der Medienplattform Infowars. Ein Geschworenengericht in Austin (Texas) verurteilte ihn dazu, den Eltern eines ermordeten Erstklässlers eine Wiedergutmachung von 4,1 Millionen Dollar zu bezahlen. Zudem drohen zwei weitere Verleumdungsprozesse, die ihn an den Rand eines Bankrotts führen könnten. Eine Wiedergutmachung von über zwei Millionen Dollar, hatte Jones vor der Urteilseröffnung behauptet, «wird uns zunichtemachen». 

Das Urteil gegen den Rechtsextremisten ist eine grosse Erleichterung für die Angehörigen der 20 Erstklässler und sechs Lehrer, die 2012 von einem Amokläufer an der Sandy-Hook-Primarschule in Newton (Connecticut) erschossen wurden. Jones war bereits letztes Jahr der Verleumdung schuldig befunden worden, weil er sich geweigert hatte, Beweisstücke für seine angebliche Unschuld vorzulegen. Er sieht sich als Opfer einer Verschwörung. Der Massenmord sei ein Komplott von Schusswaffengegnern gewesen, behauptete er noch und noch auf Infowars. Ziel sei gewesen, das Waffentragrecht abzuschaffen. 

Sein Anwalt deckt seine Lügen auf

Die Familien von zehn Sandy-Hook-Opfern hatten mehrere Verleumdungsklagen gegen Jones eingereicht. Eltern der getöteten Kinder berichteten von anhaltenden Traumata und Belästigungen. Veronique De La Rosa, die Mutter des jüngsten Opfers, sagte, sie habe mehrmals ihre Wohnung wechseln müssen, weil Jones-Anhänger jeweils ihre neue Adresse ausfindig machen konnten und sie belästigten. Heute müsse sie im Versteckten leben und könne das Grab ihres Sohnes nicht wie gewünscht besuchen. 

Obwohl Jones vor Gericht zugeben musste, dass der Amoklauf zu «hundert Prozent real» gewesen war, zeigte er sich in keiner Weise reumütig. Er blieb dem Prozess mehrmals fern und trat stattdessen in seiner Talkshow auf, wo er sich als Opfer eines «Schauprozesses» darstellte und die Richterin bösartig beschimpfte. Sie liess sich das allerdings nicht bieten. Mehrmals im Verlauf des Prozesses massregelte sie den Täter und forderte ihn scharf auf, mit seinen Lügereien aufzuhören.

Völlig überrumpelt wurde Jones dann am Mittwoch, als bekannt wurde, dass ihn sein Anwalt unwissentlich der Lüge überführt hatte, indem er dem Anwalt der Kläger sämtliche Dokumente seines Smartphones übergeben hatte. Daraus ging hervor, dass Jones tatsächlich inkriminierende Textnachrichten über seine Sandy-Hook-Lügen gespeichert hatte, was er zuvor unter Eid abgestritten hatte.

Die Dokumente sind offenbar so brisant, dass am Donnerstagabend die Untersuchungskommission des Kongresses, die den Sturm aufs Capitol vom Januar 2021 untersucht, sie zur Einsichtnahme anforderte. Jones war beim Sturm als Agitator in den Diensten von Trump aufgetreten und forderte den Mob via Megafon auf, sich an einem bestimmten Treffpunkt mit dem Präsidenten einzufinden.

Bankrott droht

Die Eltern des getöteten Schülers zeigten sich mit dem Urteil zufrieden, war es doch das erste Mal nach zehn Jahren, dass Jones zur Rechenschaft gezogen wurde. Sie hatten zwar eine symbolische Wiedergutmachung von 150 Millionen Dollar verlangt, doch sehen sie die 4 Millionen nur als einen Schritt hin zur vollen Bestrafung. Als Nächstes müssen die Geschworenen die Höhe der finanziellen Bestrafung festlegen; und sie dürfte nach Ansicht von Prozessbeobachtern mehr als 4 Millionen Dollar betragen. In Rechnung zu stellen ist auch, dass die Familien von den Schusswaffenherstellern bereits eine einmalige Wiedergutmachung von 73 Millionen Dollar erstritten hatten.

Jones muss sich zwei weiteren Verleumdungsprozessen mit offenem Ausgang stellen. Nach Ansicht von Paul Butler, Rechtsprofessor an der Georgetown-Universität, feiert Jones die relativ tiefe Wiedergutmachung zu früh als Erfolg. Sein Verhalten vor Gericht und seine absolute Uneinsichtigkeit dürften in den kommenden Verfahren zu weit höheren Strafen führen und «ihn in den Bankrott» treiben. Gerichtsdokumente zeigen, dass Jones seit Anfang 2021 über 62 Millionen Dollar aus dem Geschäft abgezogen und 15 Millionen für seine Anwälte bezahlt hat. Wie lukrativ das Geschäft mit Lügen und Hetzen ist, geht aus den Aussagen seiner Anwälte hervor. Demnach soll er letztes Jahr allein 56 Millionen Dollar Umsatz gemacht haben. Sein Geschäftsmodell ist so erfolgreich, dass Dutzende andere Aufhetzer es kopiert haben.